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09:06 Uhr, 13.06.2019

Umbruch im Stromsektor

Die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien im Stromsektor wächst rasant. Treiber sind LGIM-Finanzexperte Aanand Venkatramanan zufolge sinkende Kosten und der politische Druck, CO2-Emissionen zu verringern.

London (GodmodeTrader.de) - Sie werden immer leichter, kleiner und leistungsstärker: Bei Lithium-Ionen-Batterien hat sich die Leistungsdichte in den vergangenen zehn Jahren deutlich verbessert. Von dieser Entwicklung, die zunächst nur der Unterhaltungsindustrie zugutekam, soll nun auch die Stromindustrie profitieren. Denn Lithium-Ionen-Batterien dienen zunehmend der Energiespeicherung – und die ist beim Trend zur erneuerbaren Energie, bei dem die Energie von Wind, Sonne, Wasser und Erdwärme nur zeitweise verfügbar ist, dringend gefragt, wie Aanand Venkatramanan, Head of ETF Investment Strategies bei Legal & General Investment Management (LGIM), in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Seien 2018 weltweit noch weniger als 20 Gigawatt an Energiespeichern eingesetzt worden, sollen es 2040 bereits knapp 1.000 Gigawatt sein. „Netzbetreiber auf der ganzen Welt wenden sich an riesige Batteriespeicher, um das Netz mit einem wachsenden Anteil an erneuerbarer Energie zu stabilisieren. Dieser Trend wird sich deutlich fortsetzen – und bietet eine gute Investmentgelegenheit“, sagt Venkatramanan.

Denn längst fände ein Wandel im Stromsektor statt: „Erneuerbare Energien verdrängen mehr und mehr die traditionellen Kraftwerke. Und das nicht nur wegen des politischen Drucks, die CO2-Emissionen zu verringern. Gleichzeitig ist die schlichte Ökonomie ein wesentlicher Treiber dieses Wandels. In weiten Teilen der Welt kann Solarstrom billiger produziert werden als Strom aus fossilen Quellen oder Kohle“, sagt Venkatramanan.

Die Herausforderung bei erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft bestehe darin, dass sie nicht immer verfügbar seien, wenn es die Nachfrage erfordere. „In Kombination mit intelligenten Steuerungen haben sich große Batteriespeicher als effektiv erwiesen: Sie können Solarstrom sammeln und den kostengünstigen, kohlenstofffreien Strom zu Spitzenzeiten abgeben, wenn das Netz eine hohe Nachfrage verzeichnet. Das ist etwa an Abenden unter der Woche der Fall, wenn die Sonne niedrig steht oder untergegangen ist.“

Im Stromsektor werde es daher in den nächsten Jahren zu einer enormen Akzeptanz von Batterien kommen, ist Venkatramanan überzeugt. Die geringeren Kosten von Batterien seien dabei ein Schlüsselfaktor. Kosteten Lithium-Ionen-Akkus 2010 noch 1.000 US-Dollar pro Kilowattstunde (kWh), waren es 2017 nur noch 200 US-Dollar pro kWh. Bis 2024 soll eine Kilowattstunde nur noch 94 US-Dollar kosten. „Dieser Preisverfall hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Positionierung der Lithium-Ionen-Chemie als klarer Marktführer bei der Speicherung elektrochemischer Energie. Sinkende Kosten in Kombination mit einer nachhaltigeren Politik vieler Regierungen wird ein Umfeld schaffen, in dem Sonne und Wind die Hauptquelle für die neue Stromerzeugung werden. Aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeit, erneuerbare Energien in das Versorgungsnetz einzuspeisen, wird eine erhebliche weitere Nachfrage nach Batterien entstehen“, sagt Venkatramanan.

Darüber hinaus seien Batteriespeicher im Stromnetz auch in der Lage, hochwertige Netzdienstleistungen zu erbringen - wie etwa die Frequenzregelung. So sei beispielsweise die Megabatterie von Tesla in Südaustralien mit einer Leistung von 100 Megawatt dank einer Vielzahl von Dienstleistungen, die das Batteriesystem ans Stromnetz liefern kann, auf dem besten Weg zu einer außergewöhnlichen dreijährigen Amortisation. „Auch Kalifornien hat die Genehmigung einer 567 MW-Mega-Batterie angekündigt, um drei Gaskraftwerke zu ersetzen. Große Versorgungs- und Energieunternehmen wie Enel, Engie, Shell, Total und AES betreten nun sowohl das Feld für netzgekoppelte als auch für Batteriespeichertechnologien hinter dem Verbrauchszähler“, erläutert Venkatramanan.

Große Unternehmen der traditionellen Öl-, Gas-, Bergbau- und Versorgungsindustrie investierten bereits in diese Richtung, und viele weitere werden folgen. „Für verschiedene Unternehmen entlang der Batterie-Wertschöpfungskette stellt das eine große Wachstumschance dar. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 17 Prozent bis 2025 und einer geschätzten Produktionskapazität von einer Terrawattstunde bis 2028 ist das Segment der Lithium-Ionen-Batterien gut aufgestellt, um für Disruption im Stromsektor zu sorgen“, schließt Venkatramanan.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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