Kommentar
09:29 Uhr, 12.01.2007

Türkei – Leicht aufgehellte Konjunktursignale, schwieriges Umfeld

Spekulationen über den Zinstrend in den USA und politische Unsicherheiten in der Türkei tragen dazu bei, dass die leicht positiven Konjunktursignale den Aktienmarkt kaum stützen können. Die Inflationsrate verläuft weiter oberhalb des Ziels der Notenbank, obgleich die jüngsten Preisdaten und Inflationserwartungen einen Rückgang im Jahresverlauf 2007 erwarten lassen. Darüber hinaus dürfte die Konjunkturdynamik trotz schwächerer Impulse aus dem Euroraum recht stabil tendieren. Wir rechnen nur mit einem moderaten Rückgang des BIP-Wachstums auf rund 5,0%. Eine etwas schwächere Dynamik der Inlandsnachfrage und niedrigere Ölpreise sprechen zudem für eine schrittweise Verringerung des Leistungsbilanzdefizits. Zusammen mit der sinkenden Inflationsrate dürfte dies der Notenbank Spielraum für eine Rückführung der Zinsen geben, nachdem sie im letzten Jahr kräftig straffen musste.

Eine weitere zentrale Voraussetzung für eine Lockerung der Geldpolitik bleibt aber eine straffe Finanzpolitik. Eine leichte Lockerung im Vorfeld der Parlamentswahlen im November wird bereits erwartet, aber grundsätzlich sollte die Ausrichtung der Budgetpolitik an den mit dem IWF vereinbarten Zielen beibehalten werden. Wir gehen davon aus, da die Türkei mittlerweile deutlich die positiven Effekte der stabilitätsorientierten Wirtschaftsund Finanzpolitik zu spüren bekommt. Eindrucksvoll spiegeln dies die Zuflüsse an ausländischen Direktinvestitionen wider. Im letzten Jahr hat sich der Zufluss mehr als verdoppelt. Die Beibehaltung der Politikausrichtung sollte durch die diesjährigen Wahlen bestätigt werden. Dies ist gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Notenbank im Jahresverlauf trotz eines geringeren Spielraums aus den USA die Zinsen senken kann.

Für die Finanzmärkte bleibt ein Engagement in der Türkei langfristig attraktiv, auch wenn der EU-Verhandlungsprozeß zeitweise unterbrochen oder verzögert werden sollte. Entscheidend ist, dass die Konvergenzdynamik weiter erhebliche Investitionsanreize bietet. Das gilt unabhängig davon, ob die Türkei der EU beitritt. Konvergenz bedeutet schließlich vor allem einen wirtschafts- und finanzpolitisch sowie strukturell bedingten Rückgang der Inflationsraten und Zinsniveaus. Dies wiederum ermöglicht ein höheres Wachstumstempo, das eine Verringerung der Einkommensunterschiede nach sich zieht. Der Rückgang der Inflationsraten bietet vor allem auf der Anleiheseite einen attraktiven Investitionsanreiz, während die mit dem höheren Wachstumstempo einhergehende Investitionsdynamik, den Aktienmarkt attraktiv erscheinen lässt, wenn die politischen Risiken geringer werden. All dies erfordert nicht den Beitritt zu einer Länderunion. Dessen Hintergrund ist vielmehr die leichtere Durchsetzbarkeit von strukturpolitischen Änderungen.

Direktinvestitionszuflüsse und Anreize für Finanzinvestoren können die Abwertung der Lira ggü US Dollar begrenzen. Die aktuellen Unsicherheiten sprechen jedoch eher für eine temporär schwächere Tendenz.

Quelle: cominvest

Die cominvest Asset Management GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main wurde im Jahr 2002 durch Zusammenlegung der inländischen Asset Management-Aktivitäten der Commerzbank AG gegründet und ist seitdem eine hundertprozentige Tochter der Commerzbank. Aktuell verwaltet sie 55 Milliarden Euro, wovon 44% auf Privatkunden und 56% auf institutionelle Investoren entfallen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf europäischen Aktien- und Rentenfonds.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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