Kommentar
10:50 Uhr, 06.09.2022

Trotz Gas-Stopp aus Russland und zunehmenden Rezessionssorgen erholt sich DAX etwas – Wie geht’s weiter? Investoren warten auf EZB-Sitzung

Nachdem der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag noch kurz für Hoffnung bei Investoren gesorgt hatte, ging es wenige Stunden später nach der Ankündigung des Gas-Stopps aus Russland bei S&P500 und DAX deutlich abwärts. Zum Start in die neue Handelswoche rutscht der Euro auf ein 20-Jahres-Tief gegenüber dem Dollar ab.

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Umso gespannter warten Investoren auf die EZB-Sitzung am Donnerstag. Bereits am Mittwochabend wird der Konjunkturbericht Beige Book der Fed veröffentlicht.

Nachdem die US-Aktienmärkte am gestrigen Montag wegen des Labor Day geschlossen waren, konnten Investoren den DAX bei geringem Handelsvolumen leicht in die eine oder andere Richtung ziehen. Schlussendlich standen zum Handelsschluss 12.760,78 Punkte zu Buche. Damit notiert der Index um lediglich 3,0 Prozent über dem 22-Monats-Tief vom 5. Juli 2022 von knapp unter 12.400 Punkten.

Für Abgabedruck sorgt gerade der Gas-Stopp aus Russland, der die hiesige Industrie enorm belastet. In dem Umfeld war die Aktie von Uniper der größte Verlierer im MDAX, während im DAX Zykliker wie Mercedes-Benz , Continental, Porsche Automobil Holding Sund Daimler Truck Holding kräftig unter die Räder gekommen sind. Dabei nützte dem Porsche-Papier selbst die Nachricht nichts, dass Volkswagen den Börsengang des Autogeschäfts der Porsche AG weiter zügig vorantreibt. Angetrieben von den S&P500-Futures erholt sich der DAX am heutigen Dienstagmorgen etwas.

Euro rauscht weiter nach unten

Der Gas-Stopp aus Russland schürt die Sorgen vor einem Gasmangel im Winter und damit einer Rezession in Deutschland und der gesamten Euro-Zone immer weiter, wobei die Explosion der Gas- und Strompreise Verbraucher und Industrie ohnehin enorm belasten. Das drückt den EUR/USD weiter nach unten, woraufhin er am Montag unter die Marke von 0,99 Euro je Dollar gesunken ist, damit liegt die Gemeinschaftswährung in der Nähe des 20-Jahres-Tiefs.

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Am heutigen Dienstagmorgen erholt sich der Euro etwas, obwohl die Aufträge für die deutsche Industrie im Juli um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sind. Das ist schlechter als der von Volkswirten vorhergesagte Rückgang um 0,4 Prozent und gleichzeitig der sechste Monat in Folge mit einem Minus. Damit liegen die Orders um herbe 13,6 Prozent unter dem Vorjahr.

Soviel vorab: Mit dem Gas-Stopp haben sich die Aussichten für die DAX-Unternehmen weiter deutlich verschlechtert. Dabei haben S&P500 und DAX wegen der Verschärfung der Geldpolitik durch die Fed mehr als genug Gegenwind.

Warten auf EZB-Sitzung

Umso gespannter warten Investoren auf die EZB-Sitzung am Donnerstag, zumal die Inflation im August auf den Rekord von 9,1 Prozent gestiegen ist und damit über den Schätzungen der Volkswirte von 9,0 Prozent lag. Meiner Meinung nach müsste die EZB die Prognose für das Wirtschaftswachstum für 2023 und 2024 – die Jahre rücken für Investoren zunehmend in den Fokus - einmal mehr zusammenstreichen. Hingegen sollte die Notenbank den Ausblick für die Inflation weiter kräftig nach oben schrauben. Das sollte auch niemanden überraschen.

Auf dem Notenbankertreffen Ende August in Jackson Hole hatten sich EZB-Chefin Christine Lagarde und Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel überraschend falkenhaft gegeben. Dennoch spekulieren Investoren, ob die EZB die Zinsen um 50 oder um 75 Basispunkte anheben dürfte, schließlich hatten die Notenbanker aus den hochverschuldeten Südländern in den vergangenen 10 Jahren jegliche Zinserhöhungen verhindert, ehe die EZB die Zinsen bei der Sitzung am 21. Juli 2022 um 50 Basispunkte angehoben hat. Von großer Bedeutung für die Finanzmärkte wird diesmal zudem das Signal für die darauffolgende Sitzung am 27. Oktober sein.

Im Gegensatz zur Fed ist für die EZB ein möglicher Abbau der Bilanzsumme absolut kein Thema, zumal die Zinsen für zehnjährige Anleihen für das hochverschuldete Italien zuletzt auf knapp 4 Prozent und damit in die Nähe des höchsten Niveaus seit Januar 20214 nach oben geschossen sind. Umso gespannter werden Investoren darauf achten, mit welchen Maßnahmen die EZB im Rahmen des geplanten „Transmission Protection Instrument“-Programms (TPI) einen kräftigen Zinsanstieg für Italien und die anderen hochverschuldeten Länder verhindern will. Sollte die EZB keine genauen Details des TPI liefern, dürfte der kräftige Zinsanstieg für Italien weitergehen, und damit die Sorgen vor einer dortigen Rezession weiter schüren, was für zusätzlichen Abwärtsdruck auf den Euro sorgen sollte.

Beige Book auf der Agenda

Zudem warten Investoren auf eine Reihe von Konjunkturdaten.

Am Mittwoch werden um 8 Uhr die Zahlen zu Deutschlands Industrieproduktion veröffentlicht. Laut den Schätzungen der Volkswirte soll die Produktion im Juli um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein, nach einem Plus von 0,4 Prozent für Juni.

Um 11 Uhr werden die endgültigen Daten zum BIP-Wachstum der Euro-Zone bekanntgegeben. Sie sollen die vorläufigen Zahlen bestätigen, nachdem die Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen war. Gegenüber dem Vorjahr stand damit ein Plus von 3,9 Prozent zu Buche.

Um 13 Uhr werden die Anträge auf US-Hypothekenkredite bekanntgegeben. Sie sollten die schnell heraufziehende Krise am Immobilienmarkt immer stärker wiederspiegeln, nachdem sich die Hypothekenzinsen innerhalb von 12 Monaten verdoppelt haben.

Wegen des Labor Day vom Montag werden die Daten zu den US-Öllagervorräten erst am morgigen Donnerstag um 17 Uhr bekanntgegeben.

Um 20 Uhr wird der Konjunkturbericht Beige Book der Fed veröffentlicht. In dem am 13. Juli veröffentlichten Beige Book haben 5 der 12 Distrikte der Fed vor einer Rezession gewarnt. Zudem enthielt der Bericht 11 Mal das Wort „Rezession.“ Wie viele Distrikte werden diesmal vor einer Rezession warnen, zumal die Rezessionssorgen der Investoren zuletzt deutlich nachgelassen haben.


EZB-Sitzung ganz oben auf der Agenda

Am Donnerstag um 14.15 Uhr gibt die EZB die Ergebnisse ihrer Sitzung bekannt, um 14.45 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Lagarde.

Um 14.30 Uhr werden die Zahlen zu den US-Erst- und fortgesetzten Anträgen auf Arbeitslosenhilfe veröffentlicht.

Ab 15.10 Uhr nimmt Fed-Chef Jay Powell an einer Diskussion teil. Das gibt Powell eine letzte Gelegenheit, erneut eine deutliche Verschärfung der Geldpolitik anzudeuten, schließlich beginnt zwei Tage später am Samstag die Blackout Period der Fed. Ab dem Zeitpunkt können sich Fed-Mitglieder nicht mehr zur Geldpolitik äußern. Der Zeitraum läuft bis inklusive 22. September, also einen Tag nach der Fed-Sitzung.


China-Daten im Fokus

Am Freitagfrüh kommen aus China die Daten zu Inflation, Erzeugerpreisen und dem Volumen neuer Kredite. Werden sie die Sorgen vor einer anhaltenden Konjunkturschwäche in China weiter schüren?

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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