Kommentar
15:40 Uhr, 02.03.2011

Trendwende des US-Finanzsystems stützt Konjunktur

Das US-Bankensystem erholt sich derzeit sehr spürbar von der Subprime-Krise. Unternehmen und Verbraucher werden von dieser Entwicklung wohl profitieren. Die neugewonnene Liquidität amerikanischer Banken sollte die sich verbessernden Konjunkturaussichten zusätzlich stützen. Gleichzeitig sind US-Aktien nach wie vor günstig bewertet. Wir identifizieren attraktive Anlagechancen - und zwar nicht nur bei Finanztiteln, sondern am gesamten Markt.

Ein gesundes Bankensystem ist für das Wohlergehen jeder Volkswirtschaft entscheidend. Dies haben auch die dramatischen Ereignisse des Jahres 2008 eindrucksvoll bewiesen. Nachdem Lehman Brothers im September dieses Jahres Insolvenz anmelden musste, erhielten sogar die größten und robustesten US-Unternehmen nahezu keine Kredite mehr, und auch die Banken liehen sich gegenseitig kein Geld mehr. Angesichts des komplett zum Stillstand gekommenen Finanzsystems warnten dann sogar vormals gemäßigte Marktbeobachter davor, dass die US-Wirtschaft ebenso wie die globale Konjunktur am Rande einer neuen "Großen Depression" stünde.

In den letzten rund zwei Jahren hat sich das US-Bankensystem jedoch allmählich wieder so kräftig erholt, dass wir zuletzt beschlossen haben, unsere seit langem bestehende Untergewichtung in Finanztiteln zu beenden. Das sich verbessernde US-Wirtschaftsumfeld hat uns zu diesem Schritt ermutigt - so haben wir unsere BIP-Prognose für 2011 zuletzt von vormals 2 Prozent auf nun 3 Prozent angehoben. Die Gründe dafür waren die wieder anziehenden Investitionsausgaben sowie die mittlerweile nicht mehr so trüben Aussichten für den Arbeitsmarkt.

Indikatoren für den Bankensektor kehren in positives Terrain zurück

Das Ausmaß der "faulen Krediten" innerhalb eines Finanzsystems ist das wichtigste Barometer, um dessen Gesundheitszustand zu bestimmen. Nach dem Platzen der US-Immobilienblase in den Jahren 2006 und 2007 litten die Banken unter einer sehr großen Zahl notleidender Kredite. Dieser Umstand war letztlich auch für den Ausbruch der globalen Finanzkrise mitverantwortlich. Im I. Quartal 2010 erreichten die Kreditkosten im Zusammenhang mit faulen Krediten dann jedoch ihren Höchststand. Seitdem sind sie kontinuierlich gesunken.

Es gibt inzwischen auch erste Anzeichen dafür, dass die Kreditvergabe seitens der Banken - ein weiterer bedeutsamer Faktor für den Zustand des Sektors - wieder anzieht. So gab beispielsweise Wells Fargo, die (nach Kundengeldern) viertgrößte US-Bank, im Januar bekannt, dass die auf Quartalsbasis vergebene Kreditsumme erstmals seit dem Ausbruch der Finanzkrise wieder angestiegen ist. Gleichzeitig vermeldete das Unternehmen mit Sitz in San Francisco für das IV. Quartal ein Gewinnplus von 21 Prozent. Insgesamt ist das Kreditvolumen um 3,6 Mrd. USD auf 757,3 Mrd. USD nach oben geklettert, während die an Konsumenten und Firmen vergebenen Kredite im Vergleich zum Vorquartal um 20 Prozent auf 210 Mrd. USD zugelegt haben. Die Zahlen von Wells Fargo unterstreichen auch die sich verbessernde Lage im Zusammenhang mit den faulen Krediten. Nachdem die Zahl der abgeschriebenen Kredite im letzten Quartal des Jahres 2009 ihren Zenit erreicht hatte, gab sie in der Folge immer weiter nach. In den letzten drei Monaten des Jahres 2010 sank die Zahl der notleidenden Kredite um 6 Prozent.

Darüber hinaus sind auch die Kapitalbestände von US-Finanzinstituten durchweg wieder deutlich angestiegen und erfüllen mittlerweile sogar die neuen Anforderungen der Basel III-Richtlinie, obwohl diese bis zum Ende des Jahrzehnts wohl nicht erfüllt werden müssen. Unserer Meinung nach werden die Kapitalquoten in den nächsten Jahren weiter nach oben klettern und die Basel III-Standards dann sogar deutlich übertreffen. Damit sind US-Banken günstig positioniert, um dieses Kapital anderweitig einzusetzen. Momentan profitieren diese Banken von einem Aufwärtstrend bei den Depositeneinlagen und halten gleichzeitig überschüssige Liquidität vor. Deshalb ist es für Unternehmen und Verbraucher inzwischen wieder wesentlich einfacher, Kredite aufzunehmen. Diese Entwicklung wird auf das Wirtschaftswachstum beträchtliche Auswirkungen haben.

Die Verbesserung der Lage im US-Bankensektor rechtfertigt die politischen Maßnahmen der USRegierung. Diese hatte Anfang 2009 Stresstests für Finanzinstitute beschlossen, woraufhin einige Banken gezwungen waren, zusätzliches Kapital aufzunehmen. Davon wird die Konjunktur wohl nun profitieren.

Aufsichtsrechtliche Entwicklung ist inzwischen klarer

Die mittlerweile größere Gewissheit im Hinblick auf die aufsichtsrechtliche Entwicklung gibt uns ebenfalls Grund zur Zuversicht in den US-Finanzsektor. Die Maßnahmen zur Lösung der Probleme, die die Subprime-Krise aufgeworfen hatte, wurden inzwischen umgesetzt, und deren Auswirkungen auf die Lage von Finanzinstituten lassen sich in deren Aktienkursen ablesen. Darüber hinaus bestand im letzten Jahr zwischenzeitlich die große Gefahr, dass die amerikanischen Banken gezwungen sein könnten, Hypotheken im Wert von Hunderten von Milliarden USD, die sie besichert hatten und die dann an Investoren verkauft worden waren, zurückzukaufen. Eine solche Entwicklung ist inzwischen unwahrscheinlich, und der Umfang an Papieren, die wohl letztlich zurückgekauft werden müssen, wird man wohl in den Griff bekommen.

Große Banken sind attraktiv bewertet

Zu den Sektoren, die wir innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche bevorzugen, zählen große Bankinstitute (also Unternehmen, die sich aufgrund ihrer Größe, ihrer Marktpräsenz und ihrer breit diversifizierten Geschäftssparten voneinander unterscheiden), die nicht nur der Krise trotzen konnten, sondern die Turbulenzen an den Finanzmärkten sogar genutzt haben, um sehr vorteilhafte Übernahmen zu tätigen. Diese Banken sind derzeit günstig positioniert, um schwächeren Mitbewerbern Marktanteile abzunehmen, und lassen die Subprime-Katastrophe mit einer soliden Finanzlage hinter sich.

Beispiele dafür sind die bereits genannte Firma Wells Fargo sowie JP Morgan Chase. Wells Fargo übernahm die seinerzeit viertgrößte US-Bank Wachovia zu einem Abgeld, nachdem die Regierung Wachovia zu einem Notverkauf gezwungen hatte. Wir gehen davon aus, dass Wells Fargo über viele Jahre hinweg immer mehr von dieser Übernahme profitieren wird. Wells Fargo, das bereits derzeit solide Gewinne verzeichnet, verfügt außerdem über das Potenzial, seine Gewinne in den nächsten Jahren noch deutlich zu steigern. Trotzdem wird diese Aktie momentan auf einem historisch niedrigen Bewertungsniveau gehandelt. Auch JP Morgan Chase ist günstig positioniert, um Marktanteile von Konkurrenten hinzuzugewinnen und seine Profite kräftig zu steigern, sowie zurzeit sehr attraktiv bewertet. Dieses Unternehmen hat während der Finanzkrise ebenfalls kluge Übernahmen getätigt. Dazu zählten etwa die Käufe von Bear Stearns und Washington Mutual.

Anlagechancen im Segment Lebensversicherungen

Darüber hinaus setzen wir auf das Segment Lebensversicherungen. Einige dieser Unternehmen, die im Allgemeinen über hohe Kapitalbestände verfügen, die sie nun einsetzen können, haben bereits einige attraktive Akquisitionen durchgeführt. Bei einer unserer Positionen handelt es sich um den größten US-Versicherer MetLife. Im Jahr 2010 erwarb MetLife den führenden internationalen Anbieter von Lebensversicherungen Alico zu sehr günstigen Bedingungen von AIG. Durch diese Transaktion wurde aus dem eher langweiligen US-Lebensversicherer MetLife ein Unternehmen mit einer äußerst viel versprechenden Ausrichtung auf die rasant wachsenden Märkte weltweit.

Allerdings konzentrieren wir uns nicht nur auf den Finanzsektor. Obwohl ein US-Wirtschaftswachstum von 2 bis 3 Prozent im historischen Vergleich sicherlich nicht gerade hoch ist, filtern wir in einer Vielzahl von Branchen nach wie vor interessante Anlagechancen in hoch qualitativen Firmen mit einem rasanten Gewinnwachstum sowie einem weiterhin attraktiven Bewertungsniveau heraus.

Fazit

Der Zustand des Finanzsektors ist zweifellos nicht das einzige Kriterium, das die Aussichten von USAktien bestimmt. Allerdings wird die sich verbessernde Lage von US-Finanzinstituten entscheidend dafür sein, dass die Konjunkturerholung an Fahrt gewinnt. Außerdem gibt es auch andere ermutigende Hinweise darauf, dass 2011 ein für Anleger erfreuliches Jahr werden sollte. Der positive Konjunkturausblick ist sicherlich einer davon. Zwar hat die US-Wirtschaft mit beträchtlichen Problemen wie einer hohen Verschuldung auf Staats- und Konsumentenebene zu kämpfen, aber der Unternehmenssektor strotzt weiterhin vor Kraft. So legen viele Firmen derzeit ausgezeichnete Ergebnisse vor. Darüber hinaus wird sich auch die Situation der Verbraucher wieder verbessern, weil sich die erfreulichen Trends am Arbeitsmarkt beschleunigen. Derweil beflügelt das kräftigere Wirtschaftswachstum die Steuereinnahmen, während die Ausgaben für Sozialleistungen gleichzeitig sinken. All dies kommt den Staatsfinanzen zugute. Die zusätzlichen quantitativen Lockerungsmaßnahmen werden die Aktienmärkte ebenfalls stützen, und wir gehen davon aus, dass die US-Regierung die wirtschaftliche Entwicklung wohl auch noch eine Weile mit monetären Maßnahmen fördern wird.

Quelle: Threadneedle

Die im Jahr 1994 gegründete Fondsgesellschaft Threadneedle gehört zu den führenden Investmentgesellschaften in Europa. Das Unternehmen verwaltet 74,8 Milliarden Euro und bietet Investmentlösungen für institutionelle Investoren und Privatanleger (Stand: September 2010). Die Investmentexpertise von Threadneedle umfasst alle Regionen und bedeutenden Anlageklassen von Aktien und Anleihen bis hin zu Immobilien und alternativen Investments. Bei Threadneedle arbeiten rund 600 Mitarbeiter an 15 Standorten.

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