Trendanalyse via Andrews Pitchfork
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Trendlinien gehören zu den grundlegendsten Methoden, die der Technische Analyst einsetzt, um Unterstützungs- und Widerstandsbereiche zu definieren. Eine Variation dieser Trendlinien stellte Alan Hall Andrews mit der „Median Line Method“ (Mittellinien-Methode) vor. Diese Methode sieht vor, eine Linie von einem Hoch oder Tief durch den mittleren Preis einer nachfolgenden korrektiven Rallye beziehungsweise einer Abwärtsbewegung zu ziehen. Anschließend werden von den korrektiven Highs und Lows über und unter der Mittellinie parallele Linien gezogen. Es entstehen drei Linien: Eine lange Median Line (ML), eine obere Kanallinie und eine untere Kanallinie. Jede dieser Linien stellt einen potenziellen Unterstützungs- und Widerstandsbereich dar. Bei richtiger Wahl der Ausgangspunkte (an den bedeutenden Hochs und Tiefs) verdeutlichten die Pitchfork-Linien die wahrscheinlichen Grenzen eines Trends durch Trendkanäle.
Wegen der Form, welche diese Konstruktion ausbildet, wurde die „Median Line- Methode“ auch unter dem Namen Andrews Pitchfork bekannt. Die Bezeichnung Pitchfork kommt aus dem englischen und bedeutet Mistgabel. In der Abbildung 1 ist ersichtlich, warum diese Linienstudie so bezeichnet wird.
Die meisten Charting Softwares beinhalten in ihren technischen Studien Andrews Pitchfork, jedoch ist es relativ einfach, diese Studie auch manuell in einem Chart zu konstruieren.
Konstruktion der Pitchfork
Um Andrews Pitchfork in ein Chart zu zeichnen, bedarf es der Auswahl von drei Pivot Points. Ein Pivot Point stellt ein Preislevel dar, von dem aus der Preis entweder von einem Abwärtstrend nach oben dreht oder von einem Aufwärtstrend nach unten dreht. Diese Pivot Points können sowohl signifikante Hochs oder Tiefs sein als auch kleinere Hochs und Tiefs, die als intermediäre Wendepunkte in einem größeren Preistrend erscheinen. Preise steigen selten ohne eine oder mehr korrektive Abwärtsbewegungen und fallen ebenso selten ohne eine oder mehr korrektive Aufwärtsbewegungen. Nach Andrews stellen die Hochs und Tiefs der korrektiven Abwärts- oder Aufwärtsbewegungen Price Pivots dar, welche zwei der drei Eckpunkte der Pitchfork darstellen. Der dritte Eckpunkt ist ein früheres Hoch oder Tief, von welchem aus der Preis drehte. Dieser Eckpunkt stellt den Beginn des Stiels unserer Mistgabel dar. Der Stiel der Mistgabel durchzieht die Mittellinie der Preisspanne zwischen dem korrektiven Preishoch und Preistief. Mit steigenden Preisen wählen wir einen Tiefpunkt, einen Hochpunkt und einen anderen Tiefpunkt, siehe Abbildung 2. Mit fallenden Preisen wählen wir folgende Konstellation: einen Hochpunkt, einen Tiefpunkt und ein anderes Hoch, siehe Abbildung 3.
Die Median Line (ML) beinhaltet eine Schlüsselfunktion, denn sie fungiert als zentraler Widerstands- und Unterstützungsbereich, wie das die Abbildung 4 verdeutlicht. Der erste Schritt besteht darin, zwei Drehpunkte im Chart ausfindig zu machen. In der Abbildung 4 sind diese mit B und C beschriftet. Der nächste Schritt ist, den Mittelpunkt dieser zwei Punkte zu finden. Der Mittelpunkt ist das durchschnittliche Preis-Level zwischen dem Hoch von Punkt B und dem Tief von Punkt C. Wir addieren also den Preis am Hoch von Punkt B zum Preis-Tief an Punkt C, dividieren die Summe durch zwei und erhalten somit den Mittelpunkt.
Weil zwei Punkte benötigt werden, um eine Linie zu ziehen, muss unser Mittelpunkt an einem weiteren Pivot Punkt verankert werden. Andrews gebraucht ein vorhergehendes Preis-Tief in einem steigenden Markt beziehungsweise ein früheres Preis-Hoch in einem fallenden Markt als Ankerpunkt. Dieser Pivot Point ist mit A bezeichnet. In Abbildung 4 kann eine gerade Linie von Pivot Point A zum Median Point „X“ gezeichnet werden und in die Zukunft extensiert werden. Die ML teilt nun die korrektive Preisspanne in zwei gleiche Teile. Eintragung der Zinken: Um die Mistgabel zu komplettieren, müssen zwei weitere Linien eingezeichnet werden, und zwar eine vom ursprünglichen korrektiven Pivot High und die andere vom ursprünglichen Pivot Low . Es entstehen zwei Linien, welche parallel zur ML nach rechts extensieren. In Abbildung 5 sind diese Linien als Linien D und E bezeichnet.
Auswahl der Pivot Points
Unabhängig davon, ob die Pitchfork manuell oder mittels Charting Software konstruiert wird, stellt sich die Frage, welche Pivot Punkte verwendet werden sollten.
Einige Trader zeichnen nach jeder Preiskorrektur eine Mistgabel-Formation ein. Diese Vorgehensweise führt jedoch zu einer Vielzahl von verwirrenden und unzuverlässigen Linien, die entweder verfrüht das Ende eines Trades bedeuten oder zu steil sind, um die Preisbewegung einzufangen. Bessere Resultate erhält man, wenn man Charts mit einem Wochenintervall analysiert, um mittelfristige Pivot Points festzulegen. Die Pivot Points können dann vom Wochenintervall in das Tagesintervall transformiert werden. Intraday Trader können Pivot Points gebrauchen, die von end-of-day charts abgeleitet werden.
Andrews Pitchfork ist vor allem dazu geeignet, kurz- bis mittelfristige Änderungen des Trend zu identifizieren. Bei der Verwendung von täglichen Preisdaten, ist es hilfreich, zuerst darauf zu warten, dass sich ein potenzieller Trend mit einem Retest eines Preis-Hochs oder Preis-Tiefs etabliert hat. Eine nachfolgende korrektive Preisbewegung im Trend macht es dann möglich, entweder die konventionelle Trendlinie nach unten in einem Uptrend oder nach oben in einem Downtrend zu adjustieren. Zuletzt sollte abgewartet werden, bis der Preis wieder in Richtung des Trends verläuft. Diese Vorgehensweise ist in Abbildung 6 dargestellt, um einmal darzustellen, wie wir Pivot Points für den S&P 500 (siehe dazu auch die Abbildungen 4 und 5) auswählen können:
Nach dem Tief im April 1997 erfolgt ein Retest der steigenden Preise im Oktober 1997. Daraufhin wird eine vorläufige Trendlinie von Punkt 1 zu Punkt 2 eingezeichnet. Diese vorläufige Trendlinie wird im Oktober des folgenden Jahres gebrochen. Nachdem die Preise über den Punkt B steigen, wird das Oktober 98-Tief als Punkt 3 markiert. Dieses Tief erzwingt eine Adjustierung der ursprünglichen Trendlinie nach unten (s. Punkte 1 und 3). Der Punkt 2 wird ein Ankerpunkt für die Pitchfork, der Preis an Punkt B der High Pivot Point und der Preis am Punkt 3 der Low Pivot Point. Die daraus resultierende aufwärtsgerichtete Pitchfork ist in Abbildung 5 zu sehen. Dort ist auch zu erkennen, dass die untere Pitchfork-Support-Linie (Linie E) sehr nahe am tatsächlichen Trendwechsel gebrochen wird, weitaus früher als eine herkömmliche, adjustierte Trendlinie gebrochen würde.
Nachdem die untere Kanallinie gebrochen wird, warten wir auf den Retest des Tops, um sicherzugehen, dass der Trend gedreht hat. Dieser Retest findet im Februar 2001 statt (Punkt 2 in Abbildung 6) und erlaubt das Einzeichnen einer abwärts verlaufenden vorläufigen Trendlinie, welches die Hochs der Punkte 1 und 2 extensiert. Im Mai 2001 bricht der Preis über die ursprüngliche Trendlinie. Nachdem der Preis unter den Punkt B fällt, ist es möglich, die Trendlinie nach oben zu adjustieren (s. Punkt 3 in Abbildung 6). Die abwärts gerichtete Pitchfork-Formation kann demzufolge vom Retest-Hoch an Punkt 2, dem Pivot Low an Punkt B und dem Hoch an Punkt 3 markiert werden (s. dazu auch Abbildung 5).
Trading mit der Pitchfork
Es gibt verschiedene Arten, die Pitchfork im Trading einzusetzen. Die gebräuchlichste Methode ist, Widerstand und Unterstützung für den Preis zu lokalisieren. Generell kann festgehalten werden, dass der Preis innerhalb der oberen und unteren Kanallinien verbleiben sollte. In einem aufwärts trendierenden Markt , lässt ein Bruch der unteren Linie vermuten, dass die Unterstützung gebrochen wurde; in einem abwärts trendierendem Markt signalisiert die Penetration der oberen Kanallinie eine Bruch durch einen Widerstand. Die Brüche über und unter die Kanallinien repräsentieren demnach Veränderungen im kurz- bis mittelfristigen Trend.
Manchmal kommt es vor, dass Preise in einem aufwärts trendierenden Markt über die obere Kanallinie ausbrechen oder vice versa in einem abwärts trendierenden Markt unter die untere Kanallinie fallen. Wenn dies passiert, ist es an der Zeit, eine neue Pitchfork einzuzeichnen, um den Winkel des Preisanstieges besser zu reflektieren beziehungsweise im abwärts trendierenden Markt die Position zu schließen, wenn der Preis die mittlere Kanallinie durchbricht.
Die Linien der Pitchfork stellen somit ein zusätzliches Tool dar, um potenzielle Preisumkehrpunkte zu lokalisieren. Tops sollten dabei an der ML oder zwischen ML und oberer Kanallinie auftreten. Bottoms werden in der Regel an der ML oder zwischen ML und unterer Kanallinie gebildet.
Die ML dient oft als ein Niveau, an dem temporäre Umkehrungen des Preises stattfinden. Der Preis tendiert dabei in 80% der Zeit dazu, zur ML zurückzukehren. Somit ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Preis, nachdem er die ML gebrochen hat, auch wieder zu ihr zurückkehrt. Reversals an der ML stellen gute Bereiche dar, um eine Position einzugehen oder die Position zu vergrößern. In diesem Sinne stellt die ML eine Action-Reaction-Linie dar: Der Kurs kommt in Aktion, wenn er die ML durchstößt oder reagiert, wenn der Kurs davon abprallt.
Zusätzliche Unterstützung durch Indikatoren
Trotz ihres scheinbaren Nutzens ist Andrews Pitchfork kein Zauberstab der Technischen Analyse, denn die Kunst besteht darin, geeignete Pivot Points auszuwählen. Die Pitchfork wird am besten in Verbindung mit anderen Indikatoren eingesetzt, um Tops oder Bottoms zu bestätigen. Sowohl Oszillatoren als auch Overbought/Oversold-Indikatoren stellen nützliche Zusatz-Tools bei der Verwendung von Andrews Pitchfork dar, siehe Abbildung 8.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Andrews Pitchfork eine Indikation darstellt, die oft in der Lage ist, Trendkanäle besser aufzuzeigen als das konventionelle Trendlinien tun können. Die Methode funktioniert in den Zinsmärkten ebenso gut wie bei Aktien, Commodities oder Währungen. Trades an den entscheidenden Linien der Pitchfork dürfen jedoch nicht blind eingegangen werden, sondern bedürfen der Unterstützung und Bestätigung weiterer Tools wie zum Beispiel technische Indikatoren.
Autor: Frank Thönnißen - Co-Investment Advisor bei STRADIVARI (Luxemburg)
http://www.trading-lehrgang.de
[Link auf blogs.boerse-go.de/... nicht mehr verfügbar]
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