Tradingpsychologie: DAX 2013
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Ich kann mich gut erinnern, dass wir binnen 13 Jahren schon zweimal von den Börsenpropheten zu hören bekommen haben, dass der DAX nun bald bei 10.000 stehen wird. Beide male verlor das Kursbarometer danach einige tausend Punkte und viele Akteure nicht nur einen Haufen Geld, sondern die Lust an der Börse zerschellte ebenso am Boden wie die Hoffnung auf bisher ungeahnte Kurshöhen.
An der Börse geschehen, zur Freude der Profihändler, immer wieder die selben Abläufe. Manchmal provoziert sie es sogar. Und die Laien bekommen gar nicht mit, wie sie am Nasenring durchs Dorf geführt werden. Warum? Weil sie sich durch Massenströmungen von ihrem Weg abbringen lassen. Vor allem dann, wenn sie keinen eigenen haben!
Als ich vor kurzem bei einer Podiumsdiskussion an der Hamburger Börse vor 300 Teilnehmern einem anderen Gesprächsteilnehmer widersprach, der behauptete, dass der DAX bald bei 10.000 Punkte stehen wird, machte ich mir in diesem Moment wenig Freunde im überfüllten Saal. Im Gegensatz zu ihm, behauptete ich nur die Wahrheit, nämlich, dass niemand das wüsste, ob der DAX bald an dieser Kursmarke stehen wird. Und dass es darauf auch überhaupt nicht ankommt, wenn man wirklich professionell handelt. Die Menschen möchten aber gerne ihre Hoffnungen und Wünsche von Experten bestätigt haben, dann fühlen sie sich sicher. Verständlich, aber an der Börse brandgefährlich. Die Anleger haben ihr Geld bei den letzten beiden großen Crashs nicht verloren, weil sie in den miserabelsten aller Zeitpunkte in die Märkte eingestiegen sind, sondern weil sie eingestiegen sind, als alle gesehen haben, dass die Börse gerade volle Fahrt aufgenommen hatte!
Doch worum geht es hierbei wirklich? Zum einen, wie schon thematisch etwas angerissen, um die Expertengläubigkeit. Ein Phänomen, welches man in allen Bereichen des Lebens wiederfindet. In der Medizin kann sie, mit Hilfe des Placeboeffektes, sogar Leben retten. Beim Börsenhandel können sich, durch das unbedachte Folgen von „Experten“, die gesamten Ersparnisse eines Anlegers in Luft auflösen. Der Prophet ist im Nachklang immer fein raus, denn er hat immer eine passende Rechtfertigung in der Tasche, falls die Dinge sich dann doch anders entwickeln. „Konnte ja niemand vorhersehen, dass es zu so einer Finanzkrise kommen wird!“. Richtig, weiß aber auch niemand, ob morgen nicht vielleicht ein Meteorit auf Amerika stürzen wird, der so schnell ist, dass selbst die Experten damit nicht gerechnet haben. Ist ein Großteil Amerikas dann ausgelöscht, wird der DAX wohl erstmal doch nicht die 10.000er Marke erreichen, vermute ich. Sie schmunzeln? Ehrlich gesagt, Unerwartetes ist mein Alltag. Täglich kommen in meine Praxis Menschen, die vollkommen am Boden zerstört sind, weil die Dinge sich anders entwickelt haben, als sie es dachten oder gewünscht haben: Ein Mann, der trotz frischer Vaterschaft und Hochzeit die Familie verlassen hat. Die junge Tochter, scheinbar kerngesund, die mit Ihrer Mutter über Weihnachten die langersehnte große Schiffsreise in die Karibik machen wollte und nur kurz ins Krankenhaus ging – kam nie wieder lebend zurück. Ein Mann, der nach 34 Jahren plötzlich arbeitslos wurde und nun sein gesamtes Hab und Gut verloren hat. Sicher ist, dass nichts sicher ist – in jedem Moment unseres Lebens! Doch der Mensch verdrängt das, wo er nur kann.
Die andere Seite der Medaille ist, dass runde Zahlen uns magisch anziehen. Der Sieger, der auf Platz 1 gelandet ist, freut sich maßlos. Der Zweite ist verärgerter als der, der auf Platz 3 gelandet ist. Denn der Zweite denkt immer „Hat nur ein bisschen zum ersten Platz gefehlt“. Der Drittplazierte sagt sich „Toll, das es noch für eine Bronzemedaille gereicht hat!“.
Wer im Lotto spielt träumt davon, Millionär zu werden. Vor noch nicht so langer Zeit war man Lottomillionär mit 500.000 Euro. Da hieß die Währung aber noch D-Mark! Gemessen zu heute gewann man nur die Hälfte des Geldes, fühlte sich aber als Millionär.
Mal ehrlich, wie wichtig ist es wirklich, das der DAX bei 10.000 steht, oder bei 9999?
Der Experte wird nun sagen: „Es ist eine psychologisch wichtige Marke“. Klingt wichtig, hat aber null Bedeutung für die Nachhaltigkeit! Das ist ebenso sicher wie verheiratet zu sein, wenn man den Partner nicht mehr liebt, oder sportlich fit zu sein, wenn eine Krankheit stärker ist und die Gesundheit besiegt.
Die nächste Krise an den Märkten kommt bestimmt. Und der Markt, sprich die Profis, werden dann nicht sagen „Oh – DAX 10.000 – also hier müssen wir jetzt aber den Kurs nach unten stoppen!“ Nein, die Experten werden dann sagen, dass die 10.000er Marke gerissen wurde und die Kurse wie ein heißes Messer durch die Butter gingen. „Wahnsinn, damit hat keiner gerechnet!“.
Nicht die bloße Zahl gibt einem Börsenbarometer Stabilität, sondern die Käufer und Verkäufer. Und wenn mehr Akteure bereit sind zu verkaufen, dann war es das eben mit der 10.000 Marke im DAX. So einfach ist das. Alles andere machen sich die Menschen mit ihren Gedanken selbst. Und wie sehr diese einem im täglichen Leben und beim Handeln an der Börse im Weg stehen, wissen Sie sicher allzu gut!
Ich persönlich kennen keinen Profi-Trader, für den die 10.000 Marke im DAX irgendeine Bedeutung hat. Ich kenne aber viele Profi-Trader, die wunderbare Handelssysteme haben, die ihnen eine Menge Geld verdienen. Und diese Systeme handeln sie wie es ihrem Tradingplan entspricht – und zwar unabhängig davon, was andere für Kursphantasien haben. Wenn Sie nur in den Markt einsteigen, weil der DAX vielleicht bald seine 10.000 Punkte erreicht hat, dann sollten Sie besser noch einmal in die Börsenschule gehen und ein paar Stunden nachsitzen!
Falls Sie diesen Text nur angeklickt haben, weil Sie eine Dax-Analyse zum Jahr 2013 lesen wollten, dann werden Sie spätestens jetzt erkannt haben, dass es darum nicht ging. Was Sie aber erfahren konnten war die Tatsache, dass Sie einer Zahl mehr Bedeutung gegeben haben, als sie in Wirklichkeit hat!
Nun, das Ende eines Jahres bietet sich hervorragend zur Nachlese seiner Denk- und Verhaltensweisen an der Börse an. Ein Jahresanfang ist ebenso großartig dazu erwünschte Ziele auszuformulieren und strukturiert zu planen. Aber keine Sorge, sollte ihnen weder das eine noch das andere zum Jahresende oder zum Jahresanfang gelingen, dann können Sie es zu jeden Zweitpunkt ihres Lebens nachholen. Denn Zeit ist auch bloß eine Illusion!
Mehr über die wichtigen Dinge des Tradings können Sie im neuen Jahr in meiner 5-teiligen Webinarreihe erfahren. Vielleicht schenken Sie sich mal was wirklich wichtiges selbst?
http://www.godmode-training.de/
Norman Welz
Experte für angewandte Tradingpsychologie
[Link "www.bettermind.de" auf www.bettermin.de/... nicht mehr verfügbar]
Er meinte tatsächlich 2013, aber als Kursziel, nicht Jahr :)
siehe Teaser
Herr Welz,
Sie meinen bestimmt 2014 und nicht 2013, da dies eher ein Ausblick als ein Rückblick ist.
Ansonsten volle Zustimmung.