Kommentar
15:08 Uhr, 31.08.2006

Tief greifender Wandel der Unternehmenslandschaft

Kaum ein Unternehmen, das 1986 zu den weltweiten Börsenschwergewichten gehörte, ist heute noch in der Rangliste der 20 Gesellschaften mit dem höchsten Marktwert zu finden. Wie eine Auswertung von Fidelity International zeigt, hat sich die globale Unternehmenswelt in den vergangenen 20 Jahren tief greifend gewandelt. Die aktuellen Top-20-Unternehmen repräsentieren zwar mehr Länder, aber weniger Branchen: Heute dominieren Banken, Energieversorger und Pharmaunternehmen das Geschehen.

Nur fünf Unternehmen, die bereits 1986 zu den bedeutendsten Gesellschaften gehörten, befinden sich auch heute noch in der Spitzengruppe der im MSCI Global Index vertretenen Unternehmen. So rückte der Ölmulti Exxon Mobil von Platz zwei an die Spitze. Der Mischkonzern General Electric verbesserte sich vom dritten auf den zweiten Platz. Auch der Energiekonzern BP, der Einzelhandelsriese Wal-Mart sowie der Autohersteller Toyota hielten sich in den Top 20. Der Computerhersteller IBM fiel dagegen vom ersten auf den 28. Platz zurück.

"Viele Stars von einst stehen nicht mehr im Rampenlicht; die globalen Kapitalmärkte verändern sich zügig. Wer jahrelang nur auf große Namen setzt und den Wandel der Börsenlandschaft ignoriert, verpasst Chancen", sagte Andreas Kuschmann, Leiter Investment Consulting von Fidelity International in Deutschland. "Private Anleger können leicht das Wesentliche übersehen und Fehler beim Anpassen ihres Depots machen. Fondsmanager können diese Aufgabe viel besser übernehmen und rechtzeitig in die Gewinner investieren."

Innerhalb der Rangliste hat sich die Konzentration auf wenige Branchen deutlich verstärkt. Fünf Banken, vier integrierte Öl- und Gaskonzerne sowie vier Pharmaunternehmen dominieren die Spitze. Vor 20 Jahren lag noch eine breitere Streuung auf verschiedene Branchen vor. Neben Computer- und Stromproduzenten spielten Automobilhersteller und Anbieter von Festnetz-Telefonie eine bedeutende Rolle.

Auf Länderebene vergrößerte sich dagegen die Streuung. 1986 waren lediglich die USA mit elf, Japan mit sieben und Großbritannien mit zwei Unternehmen vertreten. Zwar stellen die USA derzeit zwölf der 20 wichtigsten Unternehmen, doch stiegen Gesellschaften aus Russland, Frankreich und der Schweiz in der Rangliste auf und nahmen die Plätze japanischer Unternehmen ein. Gleichzeitig sank der Anteil der 20 gewichtigsten Aktiengesellschaften an der vom MSCI Global Index erfassten Marktkapitalisierung von 21,7 Prozent auf mittlerweile 13,0 Prozent. Ein Grund hierfür ist, dass sich die Zahl der innerhalb des MSCI Global Index notierten Aktiengesellschaften nahezu verdreifachte und dadurch inzwischen ein weitaus größeres Aktienuniversum erfasst wird.

"Wer breit gestreut investiert, ist vor Kurskorrekturen in einzelnen Regionen besser geschützt. Die Wertentwicklung eines weltweiten Aktienportfolios ist heute nicht mehr so stark abhängig vom Erfolg einer Handvoll Unternehmen und Märkte wie noch vor 20 Jahren." Eine Anlage mit aktiv verwalteten Fonds bietet demgegenüber noch einen zusätzlichen Schutzmechanismus: Durch eine gezielte Einzeltitelauswahl könnten Fondsmanager fundamental attraktive Unternehmen übergewichten und so Wertentwicklungen über dem Marktdurchschnitt erzielen, erklärte Kuschmann.

Zu den größten Aufsteigern in den Top-20 gehören der erst seit kurzem an der Börse notierte russische Gaskonzern Gazprom (Platz drei) sowie die Citigroup (Platz vier), die aus der Fusion von Citicorp und Travellers Group hervorgegangen war. Die steilste Karriere erlebte das Softwarehaus Microsoft, das sich von Rang 573 auf den fünften Platz vorarbeitete. Den deutlichsten Abstieg verzeichneten die Automobilhersteller Ford (Platz 16 auf 596) sowie General Motors (Platz sieben auf 424).

Wie die Auswertung von Fidelity zeigt, besitzen deutsche Unternehmen international nur geringes Gewicht. Der Energieversorger E.ON liegt mit einem Anteil von 0,25 Prozent am Börsenwert aller im Index vertretenen Gesellschaften auf Platz 54 und damit vor anderen deutschen Vertretern wie Siemens (Platz 57 / 0,25 Prozent), der Deutschen Telekom (Platz 70 / 0,22 Prozent oder SAP (Platz 74 / 0,21 Prozent).

Quelle: Fidelity

Die US-Investmentgesellschaft Fidelity wurde 1946 gegründet und ist mit einem verwalteten Vermögen von rund 1.286 Mrd. US-Dollar das größte unabhängige Fondsmanagement-Unternehmen der Welt. Es beschäftigt insgesamt 35.000 Mitarbeiter an 36 Standorten und stellt privaten und institutionellen Anlegern Investmentprodukte und -dienstleistungen zur Verfügung. Die deutsche Niederlassung Fidelity Investment Services GmbH in Frankfurt betreut ein Fondsvermögen von 10,38 Mrd. Euro, vertreibt 100 Publikumsfonds direkt sowie über mehr als 600 Kooperationspartner und beschäftigt 160 Mitarbeiter (Stand: 30.06.2005).

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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