Kommentar
11:34 Uhr, 04.11.2008

Technische Erholung von den Tiefstständen

Die abgelaufene Woche beschlossen die internationalen Aktienmärkte erstmals seit langem wieder mit einem Plus. Dabei
ist jedoch nicht zu übersehen, dass die Monatsbilanz dieses Oktobers verheerend ist. Zudem ist noch nicht ausgemacht,
wie es in den kommenden Wochen weitergeht, da es noch immer an positiven Signalen hinsichtlich einer fundamentalen
Besserung der konjunkturellen Lage mangelt. Zudem könnte bei der Bekanntgabe zahlreicher Quartalsergebnisse von
Unternehmensseite noch manch negative Überraschung lauern. Dementsprechend warten die Börsianer erst einmal den
Ausgang der morgigen US-Wahlen und die weiteren Konjunkturdaten ab.

Technische Erholung von den Tiefstständen

Nachdem die abgelaufene Börsenwoche wieder einmal mit deutlichen Kursverlusten auf breiter Front begonnen hatte, setzte am
Mittwoch eine kräftige Erholungsbewegung ein, die bis Freitag anhielt. In den USA sorgte neben einer Leitzinssenkung der
Notenbank Fed am Mittwoch um 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr 1 Prozent auch eine langsam einsetzende Entspannung an den
Kreditmärkten für Erleichterung. Bei insgesamt dünnem Handel wagten sich erstmals wieder kaufwillige Investoren aufs Parkett
und sorgten weltweit für eine willkommene technische Erholung. Nichtsdestotrotz blieb die Monatsbilanz des Oktobers an den
internationalen Aktienmärkten verheerend. So fielen der Dax per Saldo um 14,5 und der MSCI Welt (in lokaler Währung) um
16,5 Prozent. Ob der Aufwärtstrend auch in der kommenden Woche anhält, ist derzeit offen, fehlt es doch noch an Anzeichen für
eine fundamentale Besserung.

Deutschland: VW-Aktie schlägt Kapriolen

Die Entwicklung des Deutschen Aktienindex Dax wurde in der vergangenen Woche durch die Kurskapriolen der VW-Aktie
spürbar verzerrt. So stieg der Titel allein am Montag um bis zu 200 Prozent und war am Dienstag zeitweise der teuerste Konzern
der Welt, um sich am Mittwoch gegen einen festen Markttrend zu halbieren. Hierdurch wurde auch die Wertentwicklung des
deutschen Leitindizes Dax völlig verzerrt. Als Reaktion darauf will die Deutsche Börse nun die Indexregeln insofern verändern,
als dass das Höchstgewicht einer Aktie im Index nur noch 10 Prozent betragen darf und bei zu starken Kursschwankungen ein
Titel sogar aus dem Dax entfernt werden darf. Hintergrund der außergewöhnlichen Turbulenzen um VW war die Bekanntgabe
der Porsche AG, sich über Optionen bereits eine 75-Prozent-Beteiligung an VW gesichert zu haben. Hierdurch wurden
zahlreiche Leerverkäufer, die auf einen fallenden VW-Kurs gesetzt hatten, auf dem falschen Fuß erwischt. Sie waren
gezwungen, sich mit der VW-Stammaktie zu jedem Preis einzudecken, was schließlich zu den deutlichen Kursausschlägen
führte.

Quartalsberichte fallen gemischt aus

Im Rahmen der Q3-Berichtssaison wurden in der letzten Woche gemischte Ergebnisse veröffentlicht. Positives kam
beispielsweise von den Energiekonzernen ExxonMobil, Royal Dutch, Chevron und ENI. Auch der französisch-deutsche
Pharmakonzern Sanofi-Aventis übertraf die Erwartungen und konnte sogar die Gewinnprognose für 2008 weiter anheben. Der
Sportartikelhersteller Puma ist von der Konjunkturkrise bislang kaum betroffen und bleibt auch für die nächsten Monate
optimistisch. Enttäuschend fielen dagegen unter anderem die Berichte von British Telecom und LOreal aus, die am Ende der
Woche Gewinnwarnungen aussprachen. Die beiden japanischen Autobauer Suzuki und Nissan mussten nach Honda, Mitsubishi
und Mazda ebenfalls deutliche Absatz- und Gewinneinbußen hinnehmen. In dieser Woche berichtet nun als letzter großer
japanischer Autowert Toyota, von dem ebenfalls wenig Erfreuliches erwartet wird.

Aus der Finanzbranche gab es ebenfalls Neuigkeiten zu berichten. Insbesondere das Quartalsergebnis der Deutschen Bank wurde
vom Markt mit Erleichterung aufgenommen, da die Verluste aus der Finanzkrise niedriger als befürchtet ausfielen - wozu jedoch
auch eine Lockerung der Bilanzierungsvorschriften für ausfallgefährdete Wertpapiere beitrug. Der Nachsteuergewinn lag so
immerhin bei 414 Millionen Euro. Zudem unterstrich das Institut nochmals, dass es keine Hilfe aus dem Rettungspaket des
Bundes in Anspruch nehmen will. Was bereits seit Tagen kolportiert, wurde, hat sich heute Vormittag schließlich bestätigt: Die
Commerzbank wird nach einem Verlust von 285 Millionen Euro im dritten Quartal 2008 eine stille Einlage in Höhe von 8,2
Milliarden Euro aus den Stabilisierungsfonds erhalten, wodurch ihre Kernkapitalquote von 7,6 auf 11,2 Prozent steigt. Damit
liegt diese in Zukunft höher als bei der Deutschen Bank.

Ausblick

Auch in der laufenden Handelswoche stehen auf beiden Seiten des Atlantiks etliche Konjunkturdaten und Unternehmensberichte
an. Zahlreiche große Unternehmen aus den USA und Europa werden ihre Quartalszahlen bekannt geben. Auf der geldpolitischen
Sitzung der EZB am Donnerstag dürfte eine nochmalige Leitzinssenkung beschlossen werden. EZB-Präsident Trichet hat die
Märkte darauf bereits in ungewohnter Deutlichkeit vorbereitet. Besondere Beachtung sollte aber vor allem der
US-Arbeitsmarktbericht am Freitag finden. Hier wird mit eine weiteren Verschärfung der Lage gerechnet. Zudem werden
relevante Einkaufsmanagerindizes sowohl in den USA als auch in Europa veröffentlicht.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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