Kommentar
08:39 Uhr, 25.08.2020

Tech-Euphorie: Wann haben Anleger genug?

Der Markt läuft – immer noch. Zu verdanken haben wir das Big Tech. Doch wann haben Anleger endlich genug davon?

Wer jeden Tag sein Lieblingsgericht isst, hat vermutlich irgendwann genug davon und kann es nicht mehr sehen. Da sich Anleger täglich noch mehr Aktien aus dem Technologiesektor einverleiben, dürfte auch dort irgendwann der Appetit vergehen. Es braucht ja immer neue Käufer, die bereit sind noch höhere Preise zu bezahlen.

Fundamental lässt sich das schon lange nicht mehr begründen, auch wenn es einige versuchen. Selbst bei hohem Gewinnwachstum ist Apple in 10 Jahren immer noch mit einem KGV von 20 bewertet. Das macht keinen Sinn mehr, muss es an der Börse aber auch nicht.

Läuft die Herde erst einmal in eine Richtung, ist der Trend schwer zu stoppen. Hinter den Kulissen bewegt sich aber etwas. Selbst beim Nasdaq 100 lässt die Dynamik nach. Der Anteil an Aktien, die oberhalb ihres 50-Tagedurchschnitts notieren, fällt seit einigen Wochen (Grafik 1). Die Marktbreite nimmt also ab. Das verdeutlicht wie stark der Index von den ganz großen Schwergewichten wie Apple abhängig ist.

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Abnehmende Marktbreite ist nichts, was man bei neuen Hochs sehen will. Divergenzen lösen sich früher oder später auf. Meist korrigiert der Markt. Es kommt dabei einzig und allein auf einen Faktor an. Wie lange zieht Big Tech noch?

Der Einfluss des Technologiesektors ist enorm. Da der Nasdaq per Definition einen Technologiefokus hat, hilft ein Blick auf den S&P 500.Hier erreichte die Gewichtung des Technologiesektors gerade wieder das Hoch der Jahrtausendwende. Damals handelte es sich um eine klare Übertreibung.

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Zusammen mit Big Pharma, das von Impfstofffantasien profitiert, machen die beiden Sektoren 50 % des Index aus. Dabei sind manche heißbegehrten Aktien nicht einmal in diesen beiden Sektoren enthalten. Amazon ist Teil der zyklischen Konsumgüter. Würde man Amazon noch hinzurechnen, läge der Anteil der beiden Sektoren bei deutlich mehr als 60 %. Repräsentiert das wirklich die Wirtschaft und das langfristige Ertragspotential? Vermutlich nicht.

Aktuell ist das jedoch nicht von Bedeutung. Was zählt ist das, was der Markt macht. Die Marktbreite lässt nach und das Ausmaß der Übertreibung zur Jahrtausendwende ist wieder erreicht. Das alles spricht dafür, dass sich der Trend eher am Ende als am Anfang befindet.

Technisch gesehen muss man die Beine nicht in die Hand nehmen. Das Fundament bröckelt zwar etwas, aber immerhin ist die Advance/Decline Line noch eine Stütze (Grafik 3). Derzeit steigen noch in etwa so viele Aktien wie fallen. Die Linie läuft seitwärts. Auch wenn ich den Technologiesektor inzwischen für überbewertet halte, verkaufe ich meine Positionen noch nicht. Ich bleibe stattdessen auf der Hut. Endet das Momentum, kann es schnell nach unten gehen.

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2 Kommentare

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  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Sehr interessanter Artikel. Und wenn man bedenkt, dass eine saisonal schwache Zeit vor der Tür steht....

    00:44 Uhr, 26.08.2020
  • iTrader97
    iTrader97

    mit hohem Gewinnwachstum bei Apple sind dann 5% pro Jahr gemeint...?

    09:42 Uhr, 25.08.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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