Kommentar
15:56 Uhr, 02.11.2006

Talsohle bei Rohstoffpreisen erreicht?

Nur noch vereinzelt kam es bei den Rohstoffen im vergangenen Monat zu Preisrückgängen. Insbesondere bei Edelmetallen und bei Grundmetallen stoppte der Sinkflug der vergangenen Wochen. Zum einen sind die Risikoprämien inzwischen sehr niedrig, zum anderen nähern wir uns inzwischen Preisniveaus, die als Einstiegsmöglichkeit für Investoren wieder attraktiv erscheinen dürften.

Energie: Die Preise für Energierohstoffe, insbesondere Rohöl, sollten ihre Talsohle weitgehend erreicht haben. Der im Preis enthaltene Risikoaufschlag wurde stark reduziert, sodass das jetzige Preisniveau weitgehend fundamental zu rechtfertigen ist. Ein Risiko nach oben stellt die Angebotseinschränkung seitens der OPEC-Länder dar, zumal es in nächster Zeit zu weiteren Ölfördermengenkürzungen kommen könnte.

Edelmetalle: Die fundamentale Sicht deutet weiterhin auf nur moderate Preissteigerungstendenzen hin, wobei der Silbermarkt – bedingt durch die Nachfrageseite – mehr Potenzial aufzeigt als der Goldmarkt.

Grundmetalle: Tendenziell sehen wir für die kommenden Monate eine Seitwärtsbewegung der Industriemetallpreise, bevor es ab Jahresende wieder nach oben geht. Angebotsseitig besteht jedoch in Q4 die Gefahr von Produktionsausfällen, wie z.B. durch Arbeiterstreiks bei Kupfer wegen der anstehenden Lohnverhandlungen.

Seitwärtsbewegung beim Rohölpreis in den kommenden Wochen möglich

1. Aktuelles: Seit Anfang Oktober hält sich der Rohölpreis fast durchweg unter 60 US-Dollar. Wir sehen bei diesem Preisniveau den enthaltenen Risikoaufschlag als sehr gering an. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass sich die hochaktive Phase der Hurrikansaison im Golf von Mexiko dem Ende zuneigt. Nach zwei Wochen Unentschlossenheit sind zudem die Spekulanten dazu übergegangen, auf fallende Ölnotierungen zu wetten, wenngleich mit einer geringen Mehrheit. Die OPEC-Entscheidung, die tägliche Fördermenge um 1,2 Mio. auf 26,3 Mio. Barrels zu reduzieren, bewegte die Märkte kaum. Denn eine Drosselung der Fördermengen um 1 Mio. Barrels war bereits seit geraumer Zeit in der Diskussion – es fehlte also der Überraschungseffekt.

2. Fundamentale Faktoren: Mittelfristig dürfte jedoch die Einschränkung des OPEC-Angebots um knapp 4,5 % durchaus dazu beitragen, dass der Ölpreis wieder ansteigt. Denn trotz spürbar gesunkener Preise gibt es keine Anhaltspunkte für eine Veränderung des fundamentalen Bildes. Die Angebotsseite agiert weiterhin nahe der Kapazitätsgrenze, ohne dass kurzfristig Spielraum für eine Ausweitung bestünde. Dabei steigt die Nachfrage aber unablässig weiter. Insbesondere China und Indien dürstet es nach Öl. Seit 1990 verdreifachte sich die chinesische Ölnachfrage; die indische brachte es immerhin noch zu einer Verdoppelung. Weltweit stieg die Ölnachfrage um über 20 % an. Der Ölmarkt bleibt fundamental gesehen eng.

3. Unsere Meinung: Das Ölpreisniveau von ca. 60 US-Dollar sehen wir als fundamental weitgehend gerechtfertigt an. Es ist aus jetziger Sicht deshalb durchaus möglich, dass sich der Ölpreis in den kommenden Wochen seitwärts bewegen wird, wenn es keine Gründe für eine erneute Erhöhung der Risikoaufschläge gibt. Doch ab Jahresende wird sich die Nachfragedynamik aufgrund der sich erneut beschleunigenden Konjunktur in den USA und China erhöhen. Dann wird sich die Drosselung der OPEC-Fördermengen preistreibend auswirken. Den Ölpreis sehen wir bereits zu Jahresanfang 2007 wieder über 70 US-Dollar.

Die Nachfrage bleibt Stütze für den Silberpreis

1. Aktuelles: Von August 2005 bis Mai 2006 hat sich der Silberpreis auf 14 US-Dollar je Feinunze verdoppelt. Ein Teil der Preissteigerungen in diesem Jahr ist auf den Silberhunger von Finanzinvestoren zurückzuführen. Seit April haben Finanzhäuser auch für Silber Exchange Traded Funds (ETF) lanciert (für Gold existieren ETFs bereits seit längerem), die zur physischen Unterlegung der Zertifikate Rohstoffe ankaufen. Seit April 2006 dürften für ETFs bereits über 100 Millionen Feinunzen an Silber gekauft worden sein. Zum Vergleich: Das weltweite Angebot an Silber betrug im vergangenen Jahr 912 Millionen Feinunzen. Der Silbermarkt ist im Vergleich zum Goldmarkt relativ klein und volatil. Im Moment ähnlich ist aber die Meinung der Spekulanten: Wie bei Gold wetten die nicht-kommerziellen Händler seit geraumer Zeit auch bei Silber in der Mehrzahl auf steigende Notierungen.

2. Fundamentale Faktoren: Mit ca. 70 % stammt der Großteil des Silberangebots aus der Minenproduktion, die mit Ausnahme eines leichten Rückgangs im Jahr 2002 kontinuierlich zunimmt. Silberschrott ist mit ca. 20 % die zweitwichtigste Angebotsquelle. Die restlichen 10 % sind Staatsverkäufe; die bedeutendsten Silberproduzentenländer sind Peru, Mexiko, Australien, China und Chile. Im Gegensatz zu Gold wird Silber jedoch fast zur Hälfte in der Industrie verwendet, zudem zu knapp 20 % in der Fotografie. Die Schmuckkomponente beläuft sich lediglich auf knapp 30 %. Damit ist die Nachfrage insgesamt weniger preiselastisch als bei Gold und hängt aufgrund der Industrieverwendungskomponente stärker von der konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft ab. Daher hat Silber im Vergleich zu Gold viel weniger die Eigenschaften eines Inflationsangst-Barometers der Wirtschaft, obwohl die Preisentwicklung von Gold und Silber langfristig tendenziell zusammenhängen.

3. Unsere Meinung: Die Nachfrage ist die bestimmende Komponente auf Sicht der nächsten Monate. Einerseits ist mit weiterem Bedarf seitens der Kapitalanleger zu rechnen, andererseits wird sich die Industrienachfragekomponente ab Jahresende durch das Anziehen der Weltkonjunktur beschleunigen.

Kupferpreis: Es geht weiter seitwärts, jedoch in Q4 mit Risiko nach oben

1. Aktuelles: Die Seitwärtsbewegung beim Kupferpreis hält an. Zugleich wurde die Netto-Short- Positionierung der Spekulanten im Vergleich zu ihrem „Hochpunkt“ leicht abgebaut. Jedoch wettet immer noch eine deutliche Mehrheit der nicht-kommerziellen Händler auf fallende Kupferpreise und trägt dazu bei, dass der aktuelle Preis tendenziell eine Untertreibung darstellt. Es lohnt sich am aktuellen Rand auch ein Blick auf die Entwicklung der Volatilität des Kupferpreises, dargestellt in Prozent des Preisniveaus in einem gleitenden 30-Handelstage-Fenster. Nach dem starken Anstieg im Frühjahr auf über 10 % ist die Volatilität binnen eines Monats wieder auf 4 % gesunken. Seitdem sinkt sie tendenziell weiter und ist inzwischen auf dem langjährigen Durchschnittsniveau von 2 ½ % angekommen.

2. Fundamentale Faktoren: Aus fundamentaler Sicht hat sich der Kupfermarkt in den letzten Jahren deutlich verengt. Zwar erweiterten die Kupferminen weltweit ihre Produktionskapazitäten, was aber auf der nachgelagerten Stufe der Verarbeitung nicht im gleichen Umfang passierte. Daher reduzierten sich die Kupferbestände in den Lagerhäusern der großen Handelsplätze in den vergangenen Jahren drastisch. Allerdings halten auch Kupferproduzenten beachtliche Vorräte, die nunmehr ein Vielfaches von denen der Handelsplätze ausmachen. Eine Besonderheit bei Kupfer besteht darin, dass es fast ohne Qualitätsverlust eingeschmolzen und wieder verwendet werden kann. Die Kupferrecyclingquote ist im Moment noch relativ gering, aber langfristig dürfte deren Erhöhung für eine deutliche Ausweitung des Angebots am Markt führen.

3. Unsere Meinung: Auf Sicht der kommenden Monate stellen Lohnverhandlungen in Chile, dem weltweit wichtigsten Kupferproduzentenland, ein Risiko nach oben dar, da mit Produktionsausfällen durch Arbeiterstreiks gerechnet werden muss. Aufgrund der niedrigen Lagerbestände dürfte die ab Jahresende anziehende Nachfrage auf Sicht der nächsten 6 und 12 Monate für Preisauftrieb sorgen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 140 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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