Kommentar
07:47 Uhr, 02.03.2015

Superhausse: Liegt der Aktienmarkt falsch?

Aktien, vor allem US Aktien, sind nicht kleinzukriegen. Wieso auch, wenn die wirtschaftliche Lage eigentlich ganz gut aussieht? Ist die Lage aber wirklich so gut, wie sie scheint?

Den Aktienmarkt bis ins letzte Detail zu verstehen ist schwierig. Was nicht schwierig ist, ist das Grundgesetz zu verstehen. Aktien steigen, wenn Anleger erwarten, dass Unternehmen in Zukunft ihre Gewinne ausbauen können. Ob das gelingt, hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Zeitweise können wirtschaftliche Entwicklung und Kurse auseinandergehen, weil die Erwartungen nicht zur Lage passen. Langfristig sind beide Faktoren zwangsläufig in Einklang. Kurse werden kaum steigen, wenn für die nächsten Jahre eine schwere Rezession erwartet wird und die Gewinne jedes Quartal sinken.

Die Bewertung des US Aktienmarktes ist hoch. Das lässt sich nur rechtfertigen, wenn man von weiter steigenden Gewinnen ausgeht. Ich hatte hier schon vor einigen Tagen berichtet, dass zumindest Analysten für 2015 nur ein kleines Gewinnwachstum von 3,3% erwarten. Anleger scheinen da optimistischer, sonst würden sie die Kurse nicht noch weiter nach oben treiben. Wie gesagt: Erwartungen und Realität können auseinanderdriften und das tun sie gerade gehörig.

Derzeit lässt sich in den USA noch keine wirtschaftliche Krise ausmachen. Daran ändert auch der am Freitag veröffentlichte Einkaufsmanagerindex Chicago nichts (dieser war wirklich grottenschlecht mit einem Wert deutlich unter 50, was Kontraktion anzeigt). Was sich aber durchaus ausmachen lässt, das ist ein Abschwung. Hier wird es interessant. Die Wirtschaft befindet sich in der Expansion. Die Geschwindigkeit der Expansion nimmt jedoch ab. Das führt gerade zu einer Divergenz von Kursentwicklung und Wachstum. Man kann sich einzelne Indikatoren ansehen, aber auch die gesamte Wirtschaft. Grafik 1 zeigt das monatliche Wachstum der Einzelhandelsumsätze in den USA im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze hat sich Ende 2014 auf 2,6% abgeschwächt. Langfristig zeigt der Trend nach unten. Gleichzeitig steigen Aktien. Diese Divergenz löst sich früher oder später auf. Zunächst einmal ist sie ganz normal. Bevor eine Wirtschaft nicht mehr wächst, schwächt sich das Wachstum erst einmal ab. Aktien beginnen in dieser Phase für gewöhnlich noch nicht zu fallen. Erst, wenn es bei den Einzelhandelsumsätzen Richtung 0% Wachstum geht, wird es schwierig.
Die Systematik findet sich fast überall wieder, nicht nur in einzelnen Bereichen, sondern auch gesamtwirtschaftlich. Grafik 2 zeigt das BIP Wachstum zum Vorjahresquartal und die Entwicklung des Dow Jones. Auch hier zeigt sich eine schöne, regelmäßige Divergenz, die sich immer zu Lasten von Aktien aufgelöst hat. Das Wachstum ist derzeit noch nicht stark abfallend. Es befindet sich derzeit eher auf einem Plateau.

Die Wirtschaft ist in den USA stark vom Inlandskonsum abhängig. Daher können Divergenzen in diesem Bereich eine gewisse Vorlaufindikation für die Gesamtwirtschaft haben. 2014 wurde das Wachstum z.B. nicht ausschließlich vom Konsum angeschoben. Vielmehr hat der geringere Sparzwang der Regierung für einen Impuls gesorgt. Betrachtet man allein die Entwicklung der Konsumausgaben (Grafik 3), dann ist die Lage relativ eindeutig. Das Wachstum reduziert sich. Besonders beunruhigend ist der Rückgang in den zwei Schlussmonaten des Jahres 2014. Sie sind für gewöhnlich sehr starke Monate.

Neben lahmenden Konsum und einer Stagnation des Gesamtwachstums zeigt sich auch bei den Bauausgaben eine deutliche Reduktion des Wachstums (Grafik 4). Wenn die wichtigsten Stützen der US Wirtschaft eine Reduktion von Wachstum zeigen, wie sollen dann Unternehmensgewinne noch überdurchschnittlich steigen? Das ist ein Rätsel, welches noch auf eine Auflösung wartet. Theoretisch kann sich die Situation in beide Richtungen auflösen. Die Erwartungen an Gewinnwachstum sind höher als es die Lage rechtfertigt. Das geht auf Dauer nur gut, wenn sich das Wachstum wieder beschleunigt. Die Historie zeigt, dass diese Hoffnung selten belohnt wird. Der derzeitige Aufschwung ist jedoch nicht wie jeder andere.

Im Gegensatz zu früheren Wachstumsphasen befindet sich der Kreditzyklus erst am Anfang und nicht am Ende. Der Kreditzyklus ist noch relativ jung und dürfte noch 3 Jahre Bestand haben. Die Abschwächung in großen Teilen der Wirtschaft dürfte tatsächlich nur vorübergehend sein. Die Chancen für eine Auflösung der Divergenz zu Gunsten von Aktien stehen deutlich besser als in einem normalen Konjunkturzyklus.

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2 Kommentare

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  • sala
    sala

    Im Gegensatz zu früheren Wachstumsphasen befindet sich der Kreditzyklus erst am Anfang.......tät mich interessieren, wie Sie auf diese Aussage kommen bzw. welchen Zyklus Sie da auf dem Radar haben.

    09:46 Uhr, 02.03. 2015
  • Takeprofit_01
    Takeprofit_01

    Die Grafik zum Kreditzyklus fehlt. Der ganze Artikel entwickelt das Argument dass eine Korrektur bei Aktien möglich sei. Dann wird in 2,3 Sätzen das Argument entwertet ohne dass ein Beweis dafür erbracht wird.

    09:24 Uhr, 02.03. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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