Stagflationsgefahr: Fundamentaldaten entscheiden
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„Durch die russische Invasion in die Ukraine kommt es zu einer bedeutenden und dauerhaften Veränderung der Weltordnung und zu einem Rückschritt in Politik und Handel des kalten Krieges“, beobachtet Beatrix Ewert von Lazard Asset Management. Insofern wird die nationale Sicherheit zu einem vorrangigen Thema in Bezug auf Verteidigung, Energieversorgung, Kapital und Rohstoffe. Bereits existierende Krisen oder Probleme werden dadurch verschärft. „Schon vor dem Ausbruch des Konflikts waren wir in eine inflationäre Phase eingetreten“, erklärt die Expertin. „Kurzfristige Unsicherheiten in Bezug auf die Robustheit der globalen Lieferketten nach dem Ausbruch der Pandemie bleiben bestehen. Der Krieg verstärkt die bestehende Unsicherheit und verzögert wahrscheinlich die Normalisierung von Angebot und Nachfrage.“ In der Folge ergreifen Unternehmen Maßnahmen, um Standorte in sichere Regionen zu verlegen. So hoffen sie, weitere Produktionsstörungen zu minimieren.
„Der Pandemie-bedingte Abschwung könnte eine Neuausrichtung des bereits weit fortgeschrittenen Konjunkturzyklus markiert haben“, analysiert Beatrix Ewert. Das wirkt sich auf die Wachstumsaussichten und Unternehmen aus, die auch in diesem Umfeld Gewinne generieren können und weiteres Potential haben. Eine zu starke Verschärfung des monetären Umfelds könnte eine nachhaltige Erholung gefährden. „Das komplexe und nuancierte Umfeld ist positiv für Stock Picker, sobald das makroökonomische Umfeld weniger volatil wird. Denn in einigen Fällen haben sich die Bewertungen von den Fundamentaldaten der Unternehmen abgekoppelt, und wir stellen eine große Streuung der Renditen über Sektoren und Unternehmen hinweg fest. Eine Konzentration auf die Fundamentaldaten und ein aktives Management werden entscheidend sein, um potenzielle Gewinner zu identifizieren.“
Größte Gefahr: ein Unterschätzen der Inflation
Sorgen bereitet der Spezialistin von Lazard AM die Inflation: „Die Welt befindet sich an wichtigen Wendepunkten, nicht nur in der Geldpolitik, sondern auch in der Steuerpolitik und der Demografie. Diese Wendepunkte könnten darauf hindeuten, dass die Wahrscheinlichkeit einer strukturellen Inflation größer ist, als der Markt sie heute einschätzt.“ Die Europäische Union erörtert derzeit zusammen mit der Ukraine und der NATO ein gemeinsames Programm für ihre Mitglieder zur Finanzierung von Energieprojekten, die erforderlich sind, um Importe aus Russland zu ersetzen und ihre militärischen Verteidigungskapazitäten auszubauen. Hinzu kommen enorme Ausgaben für den Klimaschutz.
Steigende Preise wirken sich auch auf den Konsum aus. Anleger müssen daher bei verbrauchernahen Sektoren genau hinsehen. „Unternehmen mit einem starken wirtschaftlichen Fundament, in marktführender Position und mit einer langen Historie an stabilen Erträgen in Kombination mit einem relativ geringen Verschuldungsgrad können in einem inflationären Umfeld attraktiver sein“, lautet ein Tipp der Expertin. Ebenfalls profitieren könnten Unternehmen, die einen weniger hohen Kostendruck verspüren, oder solche, die alternative Lieferanten finden.
Eine Situation, in der die Inflation ohne Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums eingedämmt werden kann, wäre für das langfristige Gewinnwachstum der europäischen Unternehmen förderlich. Die Art und Weise, wie die derzeitige Situation sowohl in Sachen Geld- und Steuerpolitik als auch von den Unternehmensentscheidern selbst angegangen werde, sei hier entscheidend.
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