Wegen oder trotz der Wahlen: Gute Aussichten für EM-Aktien
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
„Auch wenn die Bereitschaft globaler Anleger, in Schwellenländeraktien zu investieren, im ersten Halbjahr eher verhalten war, ist unser Ausblick für diese Assetklasse aus mehreren Gründen ermutigend“, erklärt Donald. „Da ist zunächst die stärkere Wachstumsdynamik in den Schwellenländern relativ zu den Industrienationen: Während sich das Wachstum in den Schwellenländern beschleunigt und 2024 voraussichtlich 4,2 Prozent erreichen wird, dürfte es sich in den Industrieländern im gleichen Zeitraum auf 1,5 Prozent verlangsamen.“
Auch das Gewinnwachstum lege in den Schwellenländern erneut zu: „Das Konsens-Gewinnwachstum für die Schwellenländer liegt für das Jahr 2024 bei fast 17 Prozent und für 2025 bei 15 Prozent. Im Vergleich dazu dürften die Unternehmensgewinne in den USA 2024 um weniger als 11 Prozent zulegen und 2025 voraussichtlich um 14 Prozent.“
Zudem lockten attraktive Bewertungen: „Aktien aus den Emerging Markts (EM) sind weiterhin die am stärksten unterbewertete Assetklasse weltweit“, so der Experte. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für Schwellenländeraktien liege beim 12,6-Fachen, verglichen mit dem 18,7-Fachen für Aktien aus den Industrienationen und dem 21,7-fachen für US-Titel. „Dieser Abschlag von mehr als 30 Prozent könnte sich jedoch in nächster Zeit verringern, aufgrund des Gewinnwachstums bei EM-Unternehmen, weil sich zudem ihre Rentabilität erholt und sie häufig attraktive Dividenden bieten“, sagt Donald. Dass wichtige EM-Notenbanken bereits die Lockerung eingeläutet hätten, beflügele die Märkte zusätzlich.
Donald gibt jedoch zu bedenken, dass die Aussichten der einzelnen Schwellenländer sehr unterschiedlich seien. Jedes Land müsse für sich betrachtet werden. Im Superwahljahr 2024 sei das Bild zudem oft politisch geprägt.
Indien unter Koalitionsdruck
Beispiel Indien: Hier habe sich Narendra Modi bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen zwar erneut durchsetzen können, seine Partei, die Bharatiya Janata Party (BJP), habe jedoch Sitze im Unterhaus verloren und sei nun auf die Unterstützung von 14 Regionalparteien angewiesen. „Dies ist der größte Rückschlag für Modi während seines Jahrzehnts an der Macht und dürfte ihn dazu zwingen, stärker durch Konsens zu regieren“, sagt Donald. Die Rückkehr zu Mehrparteienverhandlungen habe vielfältige Auswirkungen: „Zum einen mehren sich die Bedenken von Anlegern, dass es zu fiskalischen Ausrutschern kommen könnte. Zum anderen baut die neue Situation Druck auf die Regierung auf, andere politische Interessen finanziell zu unterstützen“, erklärt Donald.
Die Ratingagentur Moody's habe davor gewarnt, dass die Koalitionspolitik den Fortschritt bei der Haushaltskonsolidierung behindern und Wirtschaftsreformen verlangsamen könnte, während Indien versuche, eine weltweit wettbewerbsfähige Fertigungsindustrie aufzubauen. Donald kommentiert: „Modis Versprechen, Indien bis 2047 zu einem Industrieland zu machen, ist auch in seiner dritten Amtszeit ein zentraler Bestandteil seiner Agenda. Er wird nun jedoch Kompromisse eingehen und möglicherweise mehr Mittel für Sozialprogramme zur Verfügung stellen müssen.“
In Summe bleibt Donald für Indien positiv gestimmt: „Das Land bekommt Rückenwind durch die demografische Dividende. Fast 80 Prozent der Bevölkerung sind unter 50 Jahre alt. Die wachsende Mittelschicht verfügt über steigende Reallöhne und Indien bleibt die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Region.“ Der MSCI India sei im zweiten Quartal nach den Wahlen um 10,2 Prozent gestiegen.
Wenig Glanz in Mexiko
Ganz anders stelle sich die Situation in Mexiko dar. Dort sei Claudia Sheinbaum von der Morena-Partei zur Präsidentin gewählt worden und werde am 1. Oktober in ihr neues Amt eingeführt. Dann könne sie mit Hilfe ihrer Parteiverbündeten Verfassungsreformen durchführen. Aus Anlegerperspektive sei dies aus zwei Gründen relevant: Zum einen sei damit zu rechnen, dass Sheinbaum die konservativen Ansichten ihres Vorgängers teile, was Anlegern Sicherheit böte. „Andererseits will sie das Justizwesen reformieren, was das System der gegenseitigen Kontrolle der verschiedenen Instanzen möglicherweise schwächen oder sogar beseitigen könnte. Dabei hat eine unabhängige Justiz unter ihrem Vorgänger einige umstrittene Maßnahmen verhindert. Deshalb könnte das Vertrauen von Anlegern und Unternehmen sinken, sollte Sheinbaum an ihren Bestrebungen festhalten“, erklärt Donald. Die Ernennung einiger erfahrener Politiker in ihr Kabinett könne zur Beruhigung beitragen.
Wirtschaftlich könne Mexiko weiter vom Trend zum Nearshoring profitieren. US-Unternehmen würden stark auf den südlichen Nachbarn setzen, was sich positiv auf das Wachstum von dessen Bruttoinlandsprodukt auswirke. Der Druck der Partei und des Ex-Präsidenten auf Sheinbaum sei groß: „Sie muss die Gesetzgebung vorantreiben und gleichzeitig versuchen, die Stimmung der Anleger nicht zu gefährden. Bisher gehen wir davon aus, dass sie wichtige Gesetzesänderungen so optimieren kann, dass die wirtschaftliche Stabilität nicht gefährdet wird“, so Donald. Der Markt sei jedoch skeptisch: Der MSCI Mexico habe im zweiten Quartal nach den Wahlen um 16,1 Prozent nachgegeben, gleichzeitig sei die Währung um 9,7 Prozent eingebrochen.
Neue Verhältnisse in Südafrika
In Südafrika sei Cyril Ramaphosa zwar als Präsident wiedergewählt worden, seine Partei, der African National Congress (ANC), habe jedoch die Mehrheit verloren. „Deshalb kam es zu einer Koalitionsvereinbarung mit der oppositionellen Democratic Alliance Party und der von Zulu dominierten Inkatha Freedom Party“, berichtet der Experte. Im Zentrum stünden Wirtschaftsreformen, die in Südafrika als Chance für eine stabile Demokratie und eine integrative Wirtschaft gesehen werden. „Obwohl wir von der Koalitionsregierung bislang durchaus angetan sind, werden wir in den kommenden Monaten mögliche Reibungspunkte zwischen den Parteien im Auge behalten.“ An der Börse hätten die Anleger optimistisch reagiert: Der MSCI South Africa sei im zweiten Quartal nach den Wahlen um 12,3 Prozent gestiegen und auch der südafrikanische Rand habe um 3,6 Prozent zugelegt.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.