Analyse
10:59 Uhr, 03.06.2024

S&P 500 - Jetzt oder so schnell nicht mehr

Der S&P 500 schwächelte nach einer sehr positiven Eröffnung am 23. Mai im Zuge der Nvidia-Zahlen ein wenig. Am Freitag setzte sich diese Schwäche zunächst fort, ehe die Bullen zu einem Konter ansetzten.

Erwähnte Instrumente

  • Ten-Year U.S. Treasury Notes Futures - WKN: 969019 - ISIN: XC0009690196 - Kurs: 109,02 $ (ARIVA Indikation)
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 5.277,51 Pkt (Cboe)

Der S&P 500 stand am Freitag zunächst unter Druck und setzte damit die Abwärtsbewegung der letzten Tage fort. Aber nach Börsenschluss in Deutschland drehte der Index massiv nach oben und erzielte noch ein Plus von 0,80 %. Ist dieses Reversal der Start einer neuen Rally oder bietet sich dadurch die noch einmal Chance, aus Longpositionen auszusteigen?

Zinsentwicklung:

Die Zinsentwicklung wird weiterhin maßgeblich von der Entwicklung der Inflation beeinflusst. Zur Inflation gab es am Freitag neue Daten. Diese Zahlen hat mein Kollege Oliver Baron in seinem Artikel „Bevorzugtes Fed-Inflationsmaß niedriger als erwartet“ erläutert. Die Inflation war im ersten Quartal etwas höher als erwartet. Daher rückten mögliche Zinserhöhungen zuletzt wieder etwas mehr in den Fokus. Aber zuletzt fielen die Inflationsdaten wieder niedriger als erwartet aus. Insgesamt ist die Inflationsrate in diesem Jahr stabil und damit nach wie vor über dem Zielniveau von 2,0 %.

Fed Watch:

Für das nächste Meeting am 12. Juni 2024 wird einer Zinssenkung aktuell eine Wahrscheinlichkeit von 4,4 % zugebilligt. Gleichbleibende Zinsen haben eine Wahrscheinlichkeit von 95,6 %. Für das Ende des Jahres liegt die Wahrscheinlichkeit von gleichbleibenden Zinsen aktuell bei 15,00%. Ein oder zwei Zinssenkungen haben 39,6 % bzw. 33,7 % Wahrscheinlichkeit. Obwohl die Fed zuletzt darauf hingewiesen hat, dass steigende Zinsen nicht völlig unmöglich sind, rechnet der Markt also weiter mit fallenden Zinsen. Aber die Zinssenkungen sollen deutlich moderater ausfallen als Anfang des Jahres noch gedacht.

Ten-Year U.S. Treasury Notes Futures

Das US-Gegenstück zum Bund Future befindet sich in einer langfristigen Abwärtsbewegung. Diese startete im August 2020 nach dem Scheitern am Allzeithoch bei 140,59 Punkten. Im Tief fiel der Future im Oktober 2023 auf ein Tief bei 105,36 Punkten.

Von dort aus startete eine Rally, die am mittelfristig wichtigen Widerstandsbereich um 112,43 bis 113,19 Punkte Ende Dezember scheiterte. Nach einem Hoch bei 113,34 Punkten drehte der Future nach unten. Am 25. April fand der Future ein Tief bei 107,16 Punkten. Nach einer Erholung auf 109,90 Punkten geriet der Future wieder unter Druck. Aber am Mittwoch setzte eine kleine Wende ein. Am Donnerstag und Freitag zog der Future deutlich an. Er kletterte am Freitag über den Widerstand bei 108,63 Punkten.

Der Future hat nach dem Anstieg seit dem Tief vom Mittwoch die Chance auf eine weitere Rally. Diese könnte zu Gewinnen bis 110,18 oder sogar 110,94 Punkte führen. Voraussetzung dafür ist ein Anstieg über den EMA50 bei aktuell 109,05 Punkten. Größere Kaufsignale ergäbe sich erst mit einem Ausbruch über 110,94 Punkte. Dann wäre eine Rally bis 113,19 Punkte oder sogar 117,01 Punkte möglich.

Ein Rückfall unter 108,63 Punkte könnte aber eine neue Verkaufswelle in Richtung 107,16 und 106,68 Punkte auslösen.

Fazit: Kurzfristig ist mit steigenden Notierungen im Future zu rechnen. Diese bringen immer fallenden Zinsen mit sich, da die Beziehung zwischen Future und Zinsen invers ist. Größere Kaufsignale fehlen allerdings im Future. Daher ist noch kein stabiler Pfad sinkender Zinsen erkennbar.

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Stimmung an den Märkten:

Der Fear & Greed Index von CNN stieg Mitte Mai auf ein Hoch bei 63 Punkten. Danach fiel der Index deutlich nach unten ab. Am Donnerstag notierte er im Tief bei 44 Punkten. Am Freitag zog er wieder etwas an. Er notiert damit im neutralen Bereich. Aber die Abwärtstendenz der letzten Wochen ist ungebrochen.

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Das PCR zog zuletzt wieder an. Mitte Mai notierte es bei 0,69 Punkten und zeigte damit Euphorie am Markt an. Inzwischen ist es in den neutralen Bereich zurückgefallen.

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Eine neutrale Stimmung so nahe an den Allzeithochs ist eigentlich keine Basis für eine größere Abwärtsbewegung. Neue Rekordstände könnten schnell viele jetzt vorsichtige Anleger dazu zwingen, ihre Absicherungsposition aufzulösen oder neu bzw. verstärkt in den Markt einzusteigen. Und bei moderat fallenden Kursen könnte schnell eine ängstliche Stimmung aufkommen, so dass die Verkäufer ausgehen. Aber anhand dieser Daten lässt sich auch nicht auf den Start einer Rally schließen.

Saisonale Muster:

Das saisonale Muster über 96 Jahre, also über die komplette Historie des S&P 500, lässt für den Mai Anfang des Monats einen relativen Hochpunkt erwarten. Danach folgt eine etwa dreiwöchige Konsolidierung, ehe um den 25. Mai eine zweiwöchige, dynamische Rally startet.

Tatsächlich startete Anfang Mai eine Rally, die bis 23. Mai dauerte. Seit diesem Hoch konsolidiert der Index. Das Muster in diesem Mai stimmt also dem normalen saisonalen Muster nicht überein. Der S&P läuft eher entgegengesetzt. Auch das Muster in Wahljahren sieht im Mai keine Rally, sondern eine Abwärtsbewegung. In Wahljahren kommt es Ende Mai sogar zum Jahrestief. Das passt also überhaupt nicht, da der S&P 500 am 23. Mai ein Allzeithoch markiert hat.

Fazit: Wenn man also aus dem saisonalen Muster für die nächste Woche unbedingt einen Schluss ziehen will, dann könnte man auf folgende Idee kommen: Weil die erste Juniwoche im Durchschnitt sowohl über die gesamte Historie als auch in den Wahljahren stark ist, müsste in diesem Jahr eine schwache erste Juniwoche folgen.

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Langfristiges Chartbild

Der S&P 500 befindet sich seit März 2009 in einer langfristigen Rally. Diese führte den Index von 666,79 Punkte bis Februar 2020 auf ein Hoch bei 3.393,59 Punkten. Danach folgte der Coronacrash und eine weitere Rally auf 4.818, 62 Punkten im Januar 2022.

Die Korrektur im Jahr 2022 führte den Index knapp unter das log. 38,2%-Retracement der Rally ab März 2020 und damit auch in die Nähe des alten Rekordhochs aus dem Februar 2020. Im Januar 2024 durchbrach der Index das Hoch aus dem Jahr 2022. Inzwischen notierte er auf einem neuen Rekordhoch bei 5.341,88 Punkten.

Die Korrektur im Jahr 2022 kann als bullische Flagge auf die Rally ab März 2020 gewertet werden. Aus dieser Flagge lässt sich ein längerfristiges Kursziel bei 7.675,95 Punkten ableiten.

Indikatoren:

Die Bollinger Bänder haben sich zuletzt wieder etwas aufgeweitet. Der Index notiert am oberen Band.

Der RSI (14) notiert nahe am oberen Extrembereich. Er zeigt schon seit dem Januar 2018 eine bärische Divergenz. Neue Allzeithochs werden also nicht mehr durch neue Hochs im Indikator bestätigt. Ein Eindringen in den oberen Extrembereich würde diese Divergenz aber aufbrechen.

Der MACD zeigt seit Juni 2023 ein intaktes Kaufsignal an. Im Oktober 2023 stand der Indikator kurz vor einem Verkaufssignal. Dieses wurde aber gerade noch so vermieden.

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Mittelfristiges Bild:

Der Index startete im Oktober 2022 nach einem Tief bei 3.491,58 Punkten zu einer starken Rally. Diese führte den Index zunächst auf 4.195 Punkte, später auf 4.607 Punkte und dann auf 5.264 Punkte. Dieses Hoch überwand der Index Mitte.

Die Konsolidierung nach dem Hoch bei 4.607 Punkte war eine bullische Flagge. Die Frage ist aber, wo beginnt der zugehörige Trend. Die ein Variante ist, dass der zugehörige Trend im Oktober 2022 startete. Dann ergibt sich ein rechnerisches Ziel bei 5.414 Punkten und ein Ausdehnungsziel bei 6.426 Punkten. In der zweiten Variante begann der Trend mit dem Tief im März 2023. Dann hätte der Index das Ziel bei 4.963 Punkten bereits übertroffen. Das Ausdehnungsziel läge bei 5.583 Punkten. Beide Varianten haben etwas für sich. Ich kann an dieser Stelle keine Variante klar bevorzugen.

Die Rally seit Oktober 2022 wird von einer oberen Pullbacklinie begrenzt. Diese verläuft in dieser Woche bei 5.466 Punkten und steigt um 0,43 % pro Woche an.

Indikatoren:

Die Bollinger Bänder waren vor einigen Wochen aufgeweitet, ziehen sich inzwischen aber wieder zusammen. Der Abstand ist inzwischen durchschnittlich. Das obere Band liegt bei 5.384 Punkten und könnte eine kurzfristige Widerstandsmarke darstellen.

Der RSI (14) tropfte in der letzten Woche an der oberen Extremzone leicht nach unten ab. Als Verkaufssignal lässt sich dieses Abtropfen aber nicht interpretieren.

Der MACD weist noch ein Verkaufssignal aus. Aber hier könnte es in dieser Woche leicht zu einem neuen Kaufsignal kommen.

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Kurzfristiges Bild:

Nach dem Allzeithoch bei 5.264 Punkten vom 28. März 2024 kam es zu einer moderaten Konsolidierung. Der Index drehte Mitte April bei 4.953 Punkten wieder nach oben, obwohl es auch zu einem Rücksetzer auf das alte Allzeithoch bei 4.818 Punkte hätte kommen können. Wenn Indizes oder Werte deutlich vor möglichen Konsolidierungszielen nach oben drehen, ist das in der Regel ein Stärkezeichen.

Der Index kletterte anschließend auch über das Allzeithoch und markierte am 23. Mai ein neues Rekordhoch bei 5.340 Punkten. In den letzten Tagen setzte der Index zurück und traf am Freitag mit seinem Tagestief auf das log. 38,2%-Retracement der Rally ab Mitte April bei 5.190 Punkten. Damit setzte er auch fast auf den EMA50 (Tagebasis) und den Aufwärtstrend seit Oktober 2023 zurück. Von dort aus kam es zu einem starken Intradayreversal. Der Index schloss sogar über alten Rekordhoch aus dem März.

Indikatoren:

Die Bollinger Bänder ziehen sich aktuell starke zusammen, nachdem sie vor einigen Tagen noch aufgeweitet waren. Der Abstand ist aber noch nicht klein genug, um daraus den baldigen Start einer dynamischen Bewegung ableiten zu können.

Der RSI (14) hat sich im neutralen Bereich am Freitag stabilisiert. Aber eine neue Aufwärtstendenz zeigt sich wegen des einen Tages nicht.

Im MACD liegt seit Donnerstag ein Verkaufssignal vor.

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Fazit: Chance auf Rally, aber Risiken müssen beachtet werden

Das Reversal vom Freitag bietet die Chance auf eine weitere Rally. Mögliche Ziele für diesen Rallyschub liegen bei 5.414 Punkten, 5.466 Punkte oder sogar bei 5.583 Punkten. Im weiteren Jahresverlauf und vor allem im nächsten Jahr kann man dann auch die größeren Zielmarken ins Auge fassen. Aber für die nächsten Woche und Monate dürften diese kaum eine Rolle spielen.

Entscheidend ist, dass der Index nicht mehr unter das Tief vom Freitag fällt. Die Toleranzschwelle für einen Rückfall darunter ist minimal und daher kaum erwähnenswert.

Ein Rückfall unter den EMA50 (Tagesbasis) bei 5.178 Punkten wäre wohl ein Verkaufssignal, das auf eine Abwärtsbewegung in Richtung 4.829 bis 4.818 Punkte hindeuten würde.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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