Kommentar
15:52 Uhr, 26.01.2015

So viel Verlust könnte die Bundesbank mit dem Kauf der Bundesanleihen machen

Im Rahmen des von der EZB beschlossenen QE wird die Bundesbank auf eigene Rechnung vorwiegend Bundesanleihen erwerben. Welches Risiko geht sie dabei ein?

Risiko? Sind Bundesanleihen nicht sicher?

Doch doch. Ich rede nicht vom Ausfallrisiko, sondern vom Kursänderungsrisiko. Denn QE ist ja offiziell Geldpolitik, nicht Staatsfinanzierung. Zieht die Inflation wieder an (was ja das Ziel der ganzen Aktion ist), dann müssen die Anleihen (eigentlich) so langsam wieder verkauft werden.

Ich unterstelle für mein Szenario vereinfacht wie folgt:

  • Zinskupon der gekauften Anleihen 0,5%, Kaufkurs der Anleihen 100% (entspricht 0,5% Rendite)
  • Laufzeit im Schnitt ca. 15 Jahre
  • Inflationsrate steigt nach 5 Jahren auf 2,5%
  • Volumen 250 Mrd. EUR

Die Anleihen haben dann noch eine Restlaufzeit von 10 Jahren.

Wenn man unterstellt, dass die reale Rendite von Bundesanleihen auch in 5 Jahren noch nahe null ist, würde die nominale Rendite demnach auf 2,5% p.a. steigen.

Der Kurs einer noch 10 Jahre laufenden Anleihe mit einem Kupon von 0,5% beträgt in diesem Fall 82,5%

Die GuV der Bundesbank sieht in diesem Szenario nach 5 Jahren wie folgt aus:

Zinseinnahmen: 0,5% p.a. * 5 Jahre = 2,5%

Kursverlust: 17,5%

Gesamtverlust (Buchwert): 15%, entspricht 37,5 Mrd. EUR!!

Es ist doch ganz erstaunlich, dass man viel vom Risiko der zu kaufenden Anleihen redet, aber dabei nur das Ausfallrisiko betrachtet.

Die BuBa könnte das zwar verkraften, sie verfügt incl. Ausgleichsposten aus Neubewertung (betrifft vor allem die Goldreserven) über gut 100 Mrd. EUR Eigenkapital. Dennoch muss die BuBa nun sehenden Auges in eine recht sichere Verlustfalle laufen, oder?

Nun, es gibt 3 Möglichkeiten, wie es nicht dazu kommt.

  1. Die Inflation bleibt dauerhaft niedrig samt Renditen. Dann bleiben die Anleihen vermutlich auch dauerhaft in der Bilanz, weil man es dauerhaft als Geldpolitik verkaufen kann.
  2. Die Inflation zieht an, die Anleihen bleiben aber trotzdem bis zum Ende der Laufzeit in der Bilanz. Somit entsteht auch kein Verlust. Man würde irgendeinen Grund erfinden, warum der Verkauf der Anleihen geldpolitisch nicht ratsam ist.
  3. Die EU Verträge werden geändert und das EZB-System ist nicht mehr auf das Mandat Preisstabilität beschränkt. Somit könnten auch Staaten finanziert werden, was ja heute schon de facto so ist.

Vielleicht avanciert Bundesbankchef Weidmann auch zum Superhelden und verweigert die Käufe, aber das ist doch sehr schwer vorstellbar.

20 Kommentare

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  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    ​Hallo Herr Kühn,

    bei der Betrachtung gehen Sie davon aus, dass die BuBa die Anleihen zu aktuellen Marktpreisen bilanzieren muss. Wer sagt, dass sie das tun muss.Wenn sie zu Anschaffungsreisen bilanziert, gibt es kein Verlust, der dort sowie rein theoretischer Natur ist.

    Im Grunde könnte man QE unendlich laufen lassen, um den Bestand hochverzinslicher Staatsanleihen langsam in Richtung Staatsanleihen mit Nullkupon laufen zu lassen. Die Frage ist nur wo das hinführt.

    08:48 Uhr, 27.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • bembes
    bembes

    ​Hoffentlich hat das Herr Schäuble gelesen...................dann ist es aus mit dem NULL-

    Haushalt ohne Schulden zu machen.

    Die Schulden kommen automatisch über die EZB !!

    Dann steigern hoffentlich auch mal wieder die Zinsen.

    18:54 Uhr, 26.01. 2015
  • Juan
    Juan

    ​Hallo, Herr Kühn, ich kann mir nicht vorstellen, dass - wenn die Renditen sich verfünffachen - die Kurse nur um 17.5% fallen. Welche Formel haben Sie verwendet?

    11:12 Uhr, 26.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Hansi Hafer
    Hansi Hafer

    ​Warum sollte die Bundesbank denn überhaupt deutsche Anleihen kaufen? Die finden doch selbst mit 0% Zinsen noch Abnehmer.

    Oder geht es hier um Geldschöpfung ohne tatsächliche Geldmengenerhöung?

    11:03 Uhr, 26.01. 2015
  • bembes
    bembes

    ​Wer organisiert den Protest gengen die EZB des Herrn Draghi ??

    Ich bin dabei.......wo und wird demonstriet ??

    18:10 Uhr, 25.01. 2015
  • Sonnenschein
    Sonnenschein

    ​"Vielleicht avanciert Bundesbankchef Weidmann auch zum Superhelden und verweigert die Käufe, aber das ist doch sehr schwer vorstellbar."

    Gebe Ihnen Recht. Herr Weidmann ist zu jung, als dass er seinen Job riskieren wollte. Wenn er der Sache den Vorrang vor seinem Chefsessel geben würde, hätte er seinen "Posten" schon vor einigen Jahren aufgegeben, als der Disput mit Draghi begann ... und als er damals - (nach meiner Erinnerung) wegen eigener Rücktrittsgedanken - eine Unterredung mit Frau Merkel und Herrn Schäuble hatte ...

    Also von Herrn Weidmann ist nichts Revolutionäres zu erwarten.

    Und Frau Merkel und Herrn Schäuble, die (eher materiell als formal betrachtet) nein sagen könnten zum Treiben von Draghi, ist die EU inzwischen aus dem Ruder gelaufen ... Beide träumen noch immer von einer leistungstarken Einheit ... und werden momentan von ein paar Bürgerinitiativen aufgeweckt oder doch wenigstens gestört ...

    12:58 Uhr, 24.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Investor
    Investor

    Die Bundesbank muß doch nicht nach Marktwert die Anleihen bewerten. Solange Sie die Anleihen hält (bis Fälligkeit) ist dies vernachläßigbar.

    Ich erinnere mich an unsere Diskussion über QE der FED und Sie damals der Meinung Kursverluste der FED seien kein reales Risiko.

    Außerdem warum sollten die Zinsen oder die Inflation wesentlich steigen? Damit Zinsen steigen, muß es eine reale Nachfrage nach Krediten geben. Wer soll die Kredite nachfragen: Firmen und Staaten bauen ihre Schulden eher ab? Das Ausland will keine Kredite aus dem Westen. Die Erfahrungen mit der IWF und deren Rettungsaktionen unter Ausschaltung der nationalen Demokratien hat denen gereicht.

    Die Firmen investieren seit Jahren rückläufig in D. Wegen niedriger Produktionskosten werden Investionen eher im Ausland durchgeführt. Wachstumsfirmen wie Uber, Netflix, Amazon usw brauchen deutlich weniger Kredite als zB Tesla, die eine Fabrik finanzieren müssen. Am erfolgreichsten sind Firmen wie Apple, die neben Marketing und Vertrieb nur noch wenig im Westen machen. Entwicklung im Ausland, Produktion in China. Gewinne werden im Ausland gebunkert. Jetzt streben alle Firmen diesem Erfolgsmodell nach.

    In Japan haben fallende Wechselkurse nicht zu realer Inflation oder zu Investionen geführt. Es kam nur Inflation auf, als die Steuern erhöht wurden. Was ist in Europa anders außer daß verschiedene Staaten in einer Währungsunion sind? Durch die Währungsunion gibt es ein Zusatzproblem, daß durch die unterschiedlichen Lohnstückkostenentwicklung der Rest Europas zu Gunsten Deutschlands de-industrialisiert wird.

    Die Energiewende reduziert auch immer stärker die Abhängigkeit der Inflation von den Energiekosten. Inzwischen ist der Effekt unter 0,3 beim Preisindex.

    Solange Deutschland Handelsbilanzübverschüsse erzielt und das Überschüsse überwiegend in Festgeld anlegen, müssen diese als Kredite vergeben werden. Da niemand Kredite nachfragt, bleibt als Schuldner nur EZB. Und dies sehen wir momentan. Solange sich dies nicht strukturell ändert, dann werden die Zinsen wie in Japan für sehr lange niedrig bleiben. ​Die Renditen müßten eigentlich jetzt schon leicht negativ sein, aber da Deutschland im Vergleich zum restlichen Europa ist noch sehr Bargeld fixiert ist, müssen die Zinsen gegen die Konsumenten noch leicht positiv sein.

    12:41 Uhr, 24.01. 2015
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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