So gefährlich ist Chinas Aufstieg für deutsche Autobauer
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Kein anderes Land der Welt ist so bekannt für seine Autoindustrie wie Deutschland. Der deutsche Ingenieur Carl Benz erfand 1885 das erste Auto und durch weitere Pioniere der Branche wie Nikolaus August Otto oder Ferdinand Porsche stieg Deutschland schnell zum Autobauer Nummer 1 auf.
Größere Konkurrenz gab es erstmals durch die Ford Motor Company Anfang des 20. Jahrhunderts, allerdings konnten deutsche Automobilbauer, allen voran Mercedes, BMW und Volkswagen, sehr starkes Wachstum im 20. Jahrhundert verzeichnen. Doch die letzten Jahre kam ein neuer Big-Player auf den globalen Automobilmarkt: Chinas Automobilindustrie wurde lange Zeit belächelt und klein geredet, aber Autobauer wie NIO, BYD, Geely oder SAIC erwirtschaften schnell wachsende Milliardenumsätze und gehören teilweise zu den größten Autobauern der Welt. Auch in Europa wachsen die Marktanteile chinesischer Unternehmen stetig und werden zur realen Gefahr für die großen deutschen Autobauer.
Wie kann sich die deutsche Automobilindustrie gegen diese Konkurrenz behaupten ? Was sind die Chancen und Risiken für Mercedes, BMW und Co. und was sind die aktuellen Stärken und Schwächen des traditionsreichen Automobilstandortes Deutschland ?
Ein Überblick der deutschen Autobauer
Die Volkswagen AG, die Mercedes-Benz-Gruppe und die BMW-Gruppe vereinen unter sich mehrere Marken. Insbesondere VW ist global aufgestellt und hat über Akquisitionen die letzten Jahrzehnte eine diversifizierte Produktpalette aufgebaut: von Marken für den Alltag wie Skoda, Seat oder Audi über Luxus- und Sportmarken wie Bentley, Lamborghini oder Porsche bis hin zu Nutzfahrzeugen von Scania oder MAN.
Mehr Informationen zum Volkswagen Konzern findest du hier.
Wie komplex Übernahmen und Umstrukturierungen in der Automobilbranche sein können, zeigt vor allem das Verhältnis zwischen der Volkswagen AG und der Marke Porsche. Im Jahr 2009 wurde das operative Porsche-Unternehmen zu 49,9 % von VW von der Porsche Holding übernommen. Zum 1. August 2012 übernahm VW die Marke Porsche dann komplett. Am 29. September 2022 wurden dann 25,01 % der Porsche-Aktien an die Börse gebracht und befinden sich so im Streubesitz, die übrigen Aktien befinden sich im Besitz der Volkswagen AG, wobei die Porsche Holding 52,23 % der Stammaktien von VW hält.
Auch Bugatti wurde 2021 von VW in ein Joint-Venture zwischen Porsche und dem kroatischen Supersportwagen Hersteller Rimac Automobili ausgelagert, allerdings ist VW so indirekt über die Tochter Porsche immer noch beteiligt und zusätzlich hält Porsche auch noch 24 % der Unternehmensanteile an der Rimac Automobili.
Auch Mercedes und BMW sind über ihre Tochterunternehmen breit aufgestellt. Mercedes ist beispielsweise über AMG im Sportwagengeschäft etabliert und über Maybach im Luxussegment. BMW vereint unter sich die eigenständigen Marken Mini und Rolls-Royce, produziert also sowohl Alltagsautos als auch Luxusautos.
Fakten und Zahlen
Stammdaten
Volkswagen | Mercedes-Benz | BMW | |
Hauptsitz | Wolfsburg | Stuttgart | München |
Gründungsjahr | 1937 | 1926 | 1916 |
Marktkapitalisierung | 57,9 Mrd. EUR | 70,5 Mrd. EUR | 60,6 Mrd. EUR |
Bewertungskennzahlen
Volkswagen | Mercedes-Benz | BMW | |
KGV | 4,50 | 4,59 | 5,56 |
KUV | 0,18 | 0,46 | 0,41 |
KBV | 0,35 | 0,8 | 0,72 |
Leistungskennzahlen
Die Bewertungskennzahlen und insbesondere das KGV zeigen, dass deutsche Automobilaktien momentan ziemlich günstig bewertet sind. Auch das KBV von teilweise deutlich unter 1 weist auf eine starke Unterbewertung hin.
Historisch betrachtet sind zwar deutsche Automobilwerte immer schon ziemlich günstig bewertet gewesen, da diese als Industrieunternehmen nie ein hohes Umsatz- oder Gewinnwachstum aufweisen konnten, allerdings sorgt die unsichere globale Konjunkturlage aktuell für diese besonders günstige Bewertung an der Börse.
Die IAA als Chance
Bis zum 10. September konnte sich die Automobilindustrie auf der Mobilitätsmesse IAA in München präsentieren. Traditionell geben die großen Automobilbauer einen Einblick in die Zukunft ihrer Modelle. Insbesondere BMW hat dieses Jahr mit einem mutigen Konzept ihrer “neuen Klasse” für Aufsehen gesorgt. Auch wenn es sich nur um einen Prototypen handelt, gibt die vollelektrische Limousine einen Ausblick auf Serienmodelle, die bereits ab 2025 auf den Markt kommen könnten.
Das große Thema dieses Jahr war überhaupt wenig überraschend Elektromobilität. Volkswagen stellte ein Konzept für einen Nachfolger des bekannten VW Golf GTI vor. Mercedes-Benz präsentierte neben einem neuen Design für den CLA auch das Konzept von Schnellladeparks. Bereits im vierten Quartal dieses Jahr sollen in Atlanta, Chengdu und Mannheim die weltweit ersten drei Schnellladeparks eröffnen.
Allerdings waren dieses Jahr auch chinesische Marken, allen voran BYD, offensiv auf der IAA vertreten. BYD ist aber nicht nur im Automobilgeschäft tätig. Sie sind der weltweit größte Produzent von Akkumulatoren, unter anderem auch für Handys, aber natürlich auch für E-Autos. Außerdem produzieren sie auch Busse und Züge, allerdings ausschließlich für den chinesischen Markt.
Auch wenn die diesjährige IAA ein großer Erfolg für deutsche Automobilunternehmen war, schwebt über den gezeigten Innovationen stets der wachsende Einfluss chinesischer Automobile. VW, Mercedes und BMW sind sich allerdings dieser Gefahr bewusst und bleiben optimistisch, nicht vom globalen Automobilmarkt verdrängt zu werden.
China – Kunde und Konkurrent
Chinas Wirtschaft ist die letzten Jahrzehnte rasant gewachsen. Das BIP-Wachstum war längere Zeit sogar zweistellig. Damit einher ging ein Schwinden der extremen Armut: Der durchschnittliche Bürger Chinas wurde reicher und konnte so durch Konsum die lokale, aber auch die globale Wirtschaft ankurbeln.
Und hier kommen die deutschen Autobauer ins Spiel. China wurde sowohl als Absatzmarkt als auch als Produktionsland für deutsche Automobilbauer interessant. Alleine die Volkswagen-Gruppe hat in China 33 Produktionsstandorte. Mercedes-Benz oder BMW haben dagegen deutlich weniger Standorte in China und produzieren hauptsächlich in Europa. Alle drei deutschen Automarken machen allerdings einen signifikanten Teil ihres Umsatzes in China. Volkswagen und die Mercedes-Benz-Gruppe machen jeweils circa 18 % ihres Umsatzes in Asia Pacific bzw. in China direkt. Dieser Umsatzanteil ist auch stetig gestiegen, bis sich jüngst seit der Corona-Krise die Konjunkturlage in China deutlich eingetrübt hat.
Diese Abhängigkeit kann zum Problem werden: Die Prognose für das BIP- Wachstum von China zeigt, dass dieses sich bis 2027 auf knapp 3 % reduzieren wird. Eine sich abkühlende Wirtschaft kann zu einem Angebotsüberhang bei den deutschen Autobauern führen. Die produzierten Autos können gar nicht oder nur nach drastischen Preissenkungen abgesetzt werden.
Zusätzlich dazu strömten die vergangenen Jahre junge und dynamische chinesische Automarken auf den Markt. Diese Unternehmen wurden anfangs nicht als Gefahr gesehen, da die Verarbeitung der Teile billig wirkte und vieles kopiert wurde. Das hat sich allerdings radikal geändert und chinesische Marken wie BYD, SAIC oder NIO erobern massiv Marktanteile von VW, BMW und Mercedes – nicht nur in ihrem Heimatmarkt, sondern auch global.
China ist zum weltweit größten Fahrzeug-Exporteur aufgestiegen und hat damit Deutschland und Japan hinter sich gelassen. Die Innovationsfreudigkeit chinesischer Marken hat dies ermöglicht, da deutsche Automobilbauer lange mit der Umstellung auf E-Mobilität gezögert haben. Allerdings wurde dieses Wachstum auch durch Subventionen unterstützt, die teilweise den Regeln der Welthandelsorganisation widersprechen. Aufgrund dessen prüft die EU momentan mögliche Strafzölle gegen chinesische Autos, die indirekt den Automobilstandort Deutschland wieder stärken könnte.
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Fazit
Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer Zeit des Wandels, die sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Einerseits investieren deutsche Hersteller wie BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen intensiv in Elektromobilität und Innovation, was die Chance bietet, führend in diesem Bereich zu sein. Zudem genießen deutsche Automarken weltweit einen exzellenten Ruf für Qualität und Innovation, was ihnen einen Vorteil verschafft.
Auf der anderen Seite besteht eine hohe Abhängigkeit vom mittlerweile gesättigten chinesischen Markt. Darüber hinaus entwickelt sich auch eine wachsende Konkurrenz aus China, die auch in Europa Marktanteile gewinnt. Regulatorische Herausforderungen und eine komplexe Bürokratie in Deutschland können die Anpassung an sich ändernde Marktbedingungen erschweren.
Die Stärken Deutschlands als Automobilstandort liegen in der Infrastruktur, dem Know-how und dem Qualitätsbewusstsein, die Schwächen dagegen in der undurchsichtigen Bürokratie, ineffizienten politischen Prozessen und der hohen Abgabenlast.
Innovationen bedeuten die Zukunft.
Oliver Blume, CEO der Volkswagen Group und Porsche AG
Die deutschen Autobauer müssen sich auf Innovationen konzentrieren, globale Präsenz entwickeln und gleichzeitig auf eine vereinfachte Bürokratie und günstigere politische Rahmenbedingungen hinarbeiten. Dies wird entscheidend sein, um die Wettbewerbsfähigkeit in einer sich verändernden Automobilbranche aufrechtzuerhalten.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
Der Autor ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert: Mercedes Benz Group