SkySails: Smart vor dem Wind
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Die internationale Frachtgutschifffahrt steht wegen steigender Treibstoffpreise vor großen Herausforderungen. Die Hamburger Firma SkySails will mit riesigen Drachensegeln für Entlastung auf der Kostenseite sorgen. Wie steht es um das Projekt? Wir haben das Geschäftsfeld näher angesehen.
Frachtschiffe sind das wichtigste Transportmittel der Welt. Rund 93% des Welthandels wird über den Seeweg abgewickelt. Dementsprechend hoch ist auch der Verbrauch von Schiffsdiesel und Schweröl – und entsprechend hoch ist auch die Emission klimaschädlicher Gase. Mit einem Ausstoß von über 1 Milliarde Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ist der Schiffsverkehr für mehr als 3 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Zum Vergleich: Die Schifffahrt emittiert damit mehr CO2 als ganz Deutschland.
Deutschland an siebter Stelle: CO2-Emissionen der Schifffahrt im Ländervergleich
Immer noch werden etwa 90 Prozent der Schiffsmotoren mit billigem, jedoch stark schadstoffhaltigem Schweröl betrieben; eine zähflüssige Masse, die als Rückstand bei der Erdölverarbeitung in Raffinerien anfällt. Bis 2020 darf diese Praxis fortgeführt werden, dann soll Schiffsdiesel das Schweröl ersetzen. Doch der weniger emissionsreiche Treibstoff ist doppelt so teuer. Bei einem schnell fahrende Kreuzfahrt- oder Containerschiff, das rund 300 Tonnen pro Tag verbraucht, fallen Preisunterschiede von bis zu 100.000 Euro pro Tag an.
Schon jetzt betreiben Reedereien viel Aufwand, um die Kosten zu drücken: Effizientere Motoren kommen zum Einsatz, die Schiffsrümpfe werden in Verbindung mit speziellen reibungsarmen Unterwasseranstrichen aerodynamischer, die Kapitäne sind angehalten die Geschwindigkeit um ein paar Knoten zu verlangsamen.
Hier setzt die SkySails GmbH mit einer zukunftsweisenden Entwicklung an: Wind gibt es auf den Weltmeeren kostenlos, und er soll mithilfe eines riesigen Segels, das in 100 bis 300 Meter über dem Schiff festgemacht ist, als Energiequelle dienen. Mit diesem sogenannten SkySail können Schiffe bei optimalen Windbedingungen zwischen 10 und 35 Prozent Treibstoff einsparen.
Die Idee für diesen alternativen Antrieb kam dem Diplom-Wirtschaftsingenieur Stephan Wrage im Jahre 2001 – beim Drachenfliegen. Zusammen mit dem Diplom-Ingenieur für Schiffbau und Meerestechnik Thomas Meyer gründete er das Unternehmen SkySails, das heute neben seinem Hauptsitz in Hamburg ein Produktions- und Testzentrum in der Hansestadt Wismar unterhält.
Über mehrere Jahre hinweg wurde dieses Segel für Frachtschiffe geplant, entwickelt und schließlich gefertigt. 2008 ging die Erfindung auf Jungfernfahrt: Die Bremer Reederei „Beluga Shipping“ hatte die Entwicklung mit unterstützt und war die erste, die die Erfindung eingesetzt hat. Von Bremen aus absolvierte der neu gebaute Frachter „Beluga SkySails“ seine Jungfernfahrt über den Atlantik nach Südamerika. Das Segel stellte auf dieser Fahrt unter Beweis, dass es auch bei Windstärke zuverlässig bedienbar ist.
Wie funktioniert die Technik? Das 160 Quadratmeter große Segel ähnelt einem Gleitdrachen. Vom Vorschiff aus wird es mit Hilfe eines Teleskopmasts vollautomatisch in den Wind gebracht und über ein aus Kunststoff gefertigtes Hochleistungsseil computergesteuert in der günstigsten Position gehalten. Diese Position liegt in 100 bis 300 Metern Höhe, wo der Wind heftiger und stetiger weht als direkt über der Meeresoberfläche.
Heute ist die SkySails GmbH Markt- und Technologieführer im Bereich automatisierter Zugdrachensysteme. Rund 80 Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Disziplinen und Fachrichtungen vom Luft- und Raumfahrtingenieur, über Softwareentwickler, Schiffbauer und Betriebswirt bis zum Zerspaner entwickeln, produzieren und vertreiben die weltweit patentierte SkySails-Technologie. Dabei wurde immer weiter getüftelt, um die Technik zu vervollkommen: Die neueste Produktgeneration SKS C 320 kann bis zu 2 MW Antriebsleistung ersetzen; das würde etwa bei einem Kreuzfahrtschiff, das 10 MW am Tag verbraucht, ein Fünftel an Kosten einsparen. Bei einem Preis von rund 400.000 Euro soll sich das SkySail für die Reederein nach zwei bis drei Jahren Betrieb amortisiert haben.
SkySails verfügt über ein starkes internationales Netzwerk an Investoren und strategischen Partnern. Darüber hinaus pflegt SkySails langjährige Entwicklungskooperationen mit namhaften Zulieferern, wie zum Beispiel DSM Dyneema und Gleistein bei der Seilherstellung sowie North Sails NZ in der Produktion der Zugdrachen.
Hauptinvestoren sind der Schiffsfinanzierer Oltmann Gruppe, der Schiffsmotoren-
anbieter Zeppelin Power Systems und der niederländische Großkonzern Royal DSM N.V. Ebenso gehören neben privaten Investoren zahlreiche namhafte Reedereien zu den Investoren von SkySails. Zur Entwicklung der SkySails-Technologie und zum Aufbau der Produktion sind seit Gründung des Unternehmens rund 50 Millionen Euro investiert worden.
Serienfertigung von Solar-Yacht mit Zugdrachenantrieb soll 2013 starten
Jüngstes Projekt der SkySails GmbH ist eine emissionsfreie Solar-Yacht mit Zugdrachenantrieb. Sie wird durch den Berliner Solarschiffhersteller SolarWaterWorld AG in enger Zusammenarbeit mit der SkySails GmbH entwickelt.
Die Kombination von solarelektrischem und SkySails-Antrieb soll dabei konventionellen Segelschiffen und Motoryachten Konkurrenz machen: Eine Solar-Yacht mit SkySails-Antrieb gleitet lautlos, aber mit dem Komfort einer Motoryacht über die Wellen. Gleichzeitig erzeugt der Zugdrachen pro Quadratmeter Fläche bis zu 25mal soviel Kraft wie konventionelle Segelantriebe und sorgt damit für hohe Geschwindigkeit. Das Entwicklungsprojekt ist auf zwei Jahre angelegt. Ende 2012 soll der erste Prototyp vorgestellt werden, 2013, so die Planung, geht die solarelektrische Kite-Yacht in Serie.
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