Kommentar
18:12 Uhr, 13.11.2018

Skandal: Insiderhandel bei der US-Notenbank?

Mysteriöse Taxifahrten in New York und seltsame Kursmuster könnten darauf hindeuten, dass es rund um die Zinsentscheide der US-Notenbank zu illegalem Insiderhandel kommt.

Jeder Marktteilnehmer weiß, dass die Notenbanken einen riesigen Einfluss auf die Finanzmärkte ausüben. Das gilt ganz besonders für die vergangenen Jahre, in denen die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken nicht nur die Zinsen an den Boden gedrückt, sondern auch die Aktienkurse in immer größere Höhen getrieben hat.

Doch der Einfluss der Notenbanken auf die Finanzmärkte hat auch noch eine dunklere Seite, wenn man wissenschaftlichen Untersuchungen Glauben schenkt. So zeigen Studien, dass einige Marktteilnehmer offenbar systematische Vorteile am Finanzmarkt genießen, weil sie einen "kurzen Draht" zu den Notenbanken haben. Ganz besonders im Fokus steht die US-Notenbank, wo verschiedene Hinweise auf möglichen Insiderhandel gefunden wurden.

Eine Studie der Finanzwissenschaftler Andreas Neuhierl und Michael Weber von der University of Notre Dame und der University of Chicago kommt zu dem Schluss, dass die Kurse am US-Aktienmarkt bereits im Vorfeld von überraschend ausgefallenen Zinsentscheiden der US-Notenbank in die Richtung laufen, die der anschließenden Überraschung entspricht. Ausgewertet wurde die Zeit zwischen den Jahren 1994 (dem ersten Jahr, in dem die US-Notenbank ihre Zinsentscheide öffentlich mitteilte) und dem Jahr 2009. Nach dem Jahr 2009 wurden die Leitzinsen für mehrere Jahre kaum noch verändert, weswegen die Untersuchung zu diesem Zeitpunkt endet.

Die Wissenschaftler untersuchten, wie die Finanzmärkte auf überraschende Zinsentscheide reagierten. Dabei zeigte sich ein auffälliges Muster. Fiel der Zinsentscheid "positiver" (im Sinne von "taubenhafter", "Expansionary Surprise") als erwartet aus, dann begannen die Kurse in der Regel bereits 25 Tage vor dem Zinsentscheid überdurchschnittlich stark nach oben zu driften. Als positive Überraschung im Sinne der Studie wurde zum Beispiel eine Zinssenkung gewertet, wenn die Märkte eigentlich mit einem gleichbleibenden Zinssatz gerechnet hatten oder auch ein gleichbleibender Zinssatz, wenn die Märkte mit einer Anhebung des Leitzinses gerechnet hatten.

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Laut Studie gibt es einen sehr großen Performanceunterschied zwischen "positiven" und "negativen" Überraschungen. Bereits 25 Tage vor dem Zinsentscheid beginnen die Performancekurven von "positiven" und "negativen" Überraschungen auseinander zu laufen. Bis zum tatsächlichen Zeitpunkt des Zinsentscheids wurde bei positiven Überraschungen bereits eine Outperformance von 2,5 Prozent erzielt. Im Anschluss an den Zinsentscheid weitet sich dieser Performanceunterschied dann sogar noch weiter auf 4,5 Prozent aus. Der Performanceunterschied ist laut Studie so stark, dass eine Trading-Strategie, die darauf ausgerichtet ist, diese Unterschiede auszunutzen, risikobereinigt vier Mal so profitabel ist wie eine Buy-and-hold-Strategie.

In der Studie wird nicht explizit die Vermutung geäußert, dass die starke Auswirkung von Zinsüberraschungen bereits im Vorfeld des Zinsentscheids auf Insiderhandel zurückzuführen ist. Diese Schlussfolgerung scheint aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein, wenn man berücksichtigt, dass der Markt offenbar sehr gut darin ist, überraschende Entscheidungen zu antizipieren.

Eine weitere Studie hat explizit die Kommunikation von Mitarbeitern der New York Fed und den Mitarbeitern von in New York angesiedelten Großbanken untersucht. Die New York Fed ist das ausführende Organ des US-Notenbanksystems und genießt innerhalb der Fed auch eine besondere Stellung. Die Studie, die auf der Auswertung des Taxiverkehrs in New York City basiert, fand Hinweise darauf, dass sich rund um den Termin eines Zinsentscheids die "informellen Treffen" zwischen Mitarbeitern der Fed und Mitarbeitern von Großbanken mehren. Die Studie beweist nicht, dass bei den informellen Treffen ein illegaler Informationsaustausch stattfindet. Allerdings kann eben auch nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer unerlaubten Weitergabe von Informationen kommt.

Betrachtet man beide Studien im Zusammenhang, so dürfte die Schlussfolgerung, dass einige Marktteilnehmer im Vorfeld von bevorstehenden Zinsentscheiden von einer besseren Informationsbasis profitieren, recht nahe liegen. Ein Beweis für Insiderhandel ist das strenggenommen aber nicht. Möglicherweise sind die Marktteilnehmer auch einfach sehr gut darin, bevorstehende Änderungen der Geldpolitik zu antizipieren und davon zu profitieren.


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20 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die altehrwürdige FED auf kriminellen Pfaden? Nie und nimmer. So wenig wie die Grünen und die Pfaffen Kinder fi........, sowenig wie Goldman Sachs jemals untadelige Geschäfte gedealt hat. Unsere Institutionen handeln unisono ehrhaft, im Sinne des Allgemeinwohls und......vor allem zu Gunsten des kleinen Mannes, der Armen, Beladenen, Vergessenen und Bedrängten.Als bestes, ja geradezu leuchtendes Beispiel mag hier in Deutschland Angela Merkel gelten. Die Lichtgestalt westlicher Politik, geradezu die fleischgewordene Verkörperung der „Wertegemeinschaft des Westens“.

    Man kann sich lediglich wundern, wieso trotz all dieser tugendhaften Institutionen und „Lichtgestalten“ die Börsen inzwischen ein Bäuerchen nach dem anderen ertönen lassen. Böse Zungen behaupten gar, diese fortlaufenden Bäuerchen seit Jahresanfang würden die Vorboten des gaaanz großen Kotzanfalls sein.

    Wie auch immer, gestern habe ich zufällig eine alte Bekannte getroffen, die Bullen Helga. Sie sah etwas zerzaust aus, nennt sich nun Bären Olga und mit flackerndem Blick hat sie mir ihr neues Börsenmotto zugeflüstert: Sell the Rally....

    08:44 Uhr, 14.11.2018
    1 Antwort anzeigen
  • maierbcn
    maierbcn

    Bildzeitungs Niveau .

    21:13 Uhr, 13.11.2018
    1 Antwort anzeigen
  • wolp
    wolp

    Na dann schauen wir mal, wann etwas tatsächlich feststeht. Vom Konjunktiv kann keiner abbeißen... Aber lustig!

    19:41 Uhr, 13.11.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Röve
    Röve

    Ist ein wichtiges, aber verschwiegenes Thema. In der Schweiz bei der SNB hatten wir bereits so ein Fall. Der Präsident musste zurücktreten. Möglich wurde dies, weil ein Bankmitarbeiter die verdächtigen Bewegungen an einen Politiker gemeldet hat.

    19:14 Uhr, 13.11.2018
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    klein Arschi muß sie allerdings melden::))

    Während die gesetzliche Meldepflicht für Directors' Dealings in den USA bereits seit 1933 Bestand hat, findet das Gesetz (§ 15a WpHG) in Deutschland erst seit 1. Juli 2002 Anwendung.

    18:36 Uhr, 13.11.2018
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    ein Skandal wäre es wenn sie keinen Insiderhandel betreiben würden

    18:28 Uhr, 13.11.2018
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    Insiderhandel bei der US-Notenbank - was sind denn das für böse Buben?? ::)))

    18:25 Uhr, 13.11.2018
  • Bernie.
    Bernie.

    Es würde mich wundern, wenn es nicht so wäre.

    17:42 Uhr, 13.11.2018
  • Super-Hobel
    Super-Hobel

    Also wer glaubt, dass Leute in Machtpositionen den Vorteil der Information nicht ausnutzen, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Reicht doch ein Anruf vorher bei der Schwiegermutter aus Übersee, dass die mal eben die richtigen Scheine ins Depot packt.

    17:15 Uhr, 13.11.2018
    1 Antwort anzeigen
  • gabriel007
    gabriel007

    das ist jezt ernst???

    oder fake ?

    17:05 Uhr, 13.11.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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