Kommentar
09:38 Uhr, 05.10.2012

Sinn und Unsinn der Notenbankaktionen

Ohne Übertreibung kann festgestellt werden: Die Notenbanken haben geliefert! Sie haben die Markterwartungen erfüllt und sogar übertroffen. So hat die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen, bis zu dreijährige Staatsanleihen von Krisenstaaten unbegrenzt zu kaufen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass diese sich unter das Kuratel des ESM bzw. des IWF unterwerfen und einen Zugang zum regulären Anleihemarkt haben (OMT-Programm – Monetary Outright Transactions). Dies schließt explizit Hilfen für Griechenland aus. Auch die USNotenbank hat ihr Quantitative Easing Programm III (QE III) ausgeweitet und kauft nun monatlich für 40 Mrd. US-Dollar hypothekenbesicherte Anleihen auf – Ende offen.

Haben die bisherigen Programme überhaupt gewirkt?

Seit der Finanzkrise 2008 haben die westlichen Industrieländer einen Kampf gegen deflationäre Tendenzen geführt. Nullzinspolitik, Quantitative Easing Programme, Banken-Rettungspakete, Anleihenkaufprogramme und Konjunkturpakete sind die Waffen, die aufgefahren wurden. Doch gleichzeitig wurde klar, dass die massive Ausweitung der Staatsverschuldung in den letzten vier Dekaden, um Wachstum und einen Ausbau der Sozialhaushalte zu erreichen, so nicht fortzusetzen ist. In normalen Zeiten werden Konsumenten und Unternehmen durch niedrige Zinsen angeregt weniger zu sparen und sich stärker zu verschulden, um Nachfrage bzw. Investitionen zu erzeugen. Dies ist jedoch aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit in den letzten Jahren nicht der Fall. Im Gegenteil, die Verbraucher entschulden sich zunehmend und die Unternehmen, aber auch die Banken horten Liquidität und bauen Risiken in den Bilanzen ab.

Da also niedrige Zinsen alleine nicht ausreichten und die Regierungen kein Geld für Konjunkturprogramme hatten, wurden die Notenbanken direkt am Markt aktiv und kauften Anleihen auf – Monetarisierung von Staatsschulden (Geld drucken). Das direkte Ziel, die Anleihezinsen und somit die Kosten für langfristige Verschuldung sowohl für Unternehmen wie auch für „Häuslebauer“ zu senken, wurde erreicht. In den USA z.B. sinken die Zinsen für diese Kreditnehmer von rd. 7 Prozent 2008 auf rd. 3 Prozent 2012. 40 Prozent des Gewinnwachstums amerikanischer Unternehmen gehen allein auf das Konto geringerer Zinskosten, was auch den Aktienmarkt stabilisiert bzw. beflügelt hat. Auch der Immobilienmarkt stabilisierte sich dadurch und ein Wirtschaftswachstum von rund 2,5 Prozent wurde erreicht. Für Europa gilt dies nicht in gleichem Maße durch die heterogenen selbstständigen Nationalstaaten. Nur die starken Länder haben entsprechend durch niedrige Zinsen profitiert.

Wie sind die Wirkungen in der Zukunft?

Grundsätzlich haben die Programme zu einem Rückgang der langfristigen Renditen geführt, während die kurzfristigen Zinsen nahe dem Nullpunkt liegen. Davon kann abgeleitet werden, dass solange die Zinsstrukturkurve eine gewisse Steilheit (langfristige Zinsen höher als kurzfristige) besitzt, Quantitative Easing eine wirtschaftliche Belebung bedeuten kann. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, je flacher die Zinsstruktur wird, desto stumpfer das Schwert der Zentralbanken.

Was die Zinskurve in Amerika ist, sind die Spreads (Zinsunterschiede) der einzelnen Staatsanleihen in der Eurozone. Sollte es der EZB gelingen, diese Spreads zu verringern – ob durch bloße Ankündigungen von Kaufprogrammen, oder durch echte Käufe, dann läge darin ein großes Potenzial die monetären Konditionen zu verbessern und somit einen sehr großen Beitrag zur finanziellen Stabilität in Europa, aber auch für den Rest der Welt zu leisten.

Kollateraleffekte – Währungsabwertungswettlauf und chinesische Konjunktur

Durch den Aufkauf von Anleihen blähen sich die Bilanzen der Zentralbanken auf. Es besteht ein fundamentaler Zusammenhang zwischen Umfang der Zentralbankbilanz und der Währungsentwicklung. Je aufgeblähter die Bilanz, desto schwächer die Währung. Der Zusammenhang ist klar: Je mehr von der eigenen Währung gedruckt wird, um Vermögenswerte gleich welcher Art zu kaufen, desto schwächer wird diese Währung im Außenverhältnis. Für die Amerikaner ist dies ein willkommener Effekt, um die eigene Exportindustrie zu stärken. In Europa würde eine größere Menge an Euronoten vor allem den exportorientierten Unternehmen und Nationen zugute kommen.

Die Eurozone ist der größte Import-Wirtschaftsraum der Welt. Dies bedeutet, Euroland importiert pro Jahr für rund 1,7 Billionen Euro Güter aus aller Welt. Durch die Sparanstrengungen der europäischen Staatshaushalte, Konsumenten, Banken und Unternehmen, ist die Quote des Anteils am Weltimport jedoch von knapp 15 Prozent 2008 auf rd. 13 Prozent gefallen. In den USA noch stärker (von rd. 19 Prozent 2000 auf rd. 13 Prozent). Das hat natürlich insbesondere Auswirkungen auf die Exportnation China, dessen Exporte in den letzten vier Jahren stark zurückgegangen sind und zu einem geringeren Wirtschaftswachstum geführt haben. Daraus kann gefolgert werden, dass auch die neue chinesische Führung ein hohes Interesse der Gesundung der westlichen Wirtschaft hat und die Notenbankmaßnahmen Früchte tragen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass China mit seinen Exporterlösen und massiven Devisenreserven weiterhin auch europäische Staatsanleihen kauft und den Inlandskonsum stärkt, was Absatzchancen im Land des Lächelns für europäische und amerikanische Unternehmen bringt.

Anlagestrategie

Vor dem Hintergrund massiver Liquidität favorisieren wir nach wie vor Aktien und im Weiteren auch Unternehmensanleihen gegenüber allen anderen Anlageklassen. Die großen Indices haben jedoch in den letzten Monaten bereits eine kräftige Rallye hinter sich und sollten etwas Luft ablassen, um mittelfristig ihre historischen Hochs erreichen zu können.

Quelle: GECAM

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