„Sinkende Produktionskapazitäten werden Ölpreis wieder steigen lassen“
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Köln (BoerseGo.de) - „Die Entscheidung der OPEC, ihren Marktanteil auf Kosten des Ölpreises zu verteidigen, hat weltweit die größten Ausgabenkürzungen seit den 1980er Jahren ausgelöst. Der Effekt auf Investitionen und Produktion dürfte noch für Jahre spürbar bleiben“, erklärt Nelson. Die aktuell negativen Erwartungen an die Entwicklung des Ölpreises seien vor allem auf die Lagerbestände in den USA zurückzuführen, die sich saisonbereinigt auf hohem Niveau bewegten und weiter anstiegen. Mittelfristig sei jedoch mit weiter steigender Nachfrage zu rechnen, die durch sinkende Produktionskapazitäten nicht aufgefangen werden könne. „Der Markt kommt wieder ins Gleichgewicht, doch die großen Ölproduzenten dürften trotzdem nicht von diesem Szenario profitieren. Denn der Preisanstieg wird auf rückläufige Investitionen zurückzuführen sein, die den Sektor zu einem Zeitpunkt treffen, zu dem er bereits Schwierigkeiten hat, sinkende Förderkapazitäten durch Neuerschließungen aufzufangen“, sagt Charles Whall.
Nachdem die OPEC sich festgelegt hat, richteten sich die Augen nun auf die Schieferölindustrie in den USA. „Entscheidend wird sein, wie schnell die Tätigkeit dort zurückgeht und wann sich der Rückgang auf die Produktionskapazitäten niederschlägt“, so Fondsmanager Nelson. Seit ihren Höchstständen im Oktober 2014 sei die Zahl der Bohranlagen in den USA um 40 Prozent gesunken, ein Trend, der sich in der ersten Februarhälfte stark beschleunigt hat. Die Experten beobachten einen scharfen Rückgang der Kapitalausgaben seitens der Ölproduzenten in den USA. „Die Lage dürfte sich weiter eintrüben, denn viele Unternehmen haben ihre Budgetpläne für 2015 noch im Dezember aufgestellt, bevor der Preis für die amerikanische Leichtölsorte West Texas Intermediate (WTI) unter 60 US-Dollar pro Barrel gefallen ist“, analysiert Nelson.
Bereits nach der OPEC-Sitzung hatten die Investec-Experten mit einem Ausgabenrückgang von 30 Prozent und einer Stilllegung von 550 bis 600 Bohranlagen in den USA gerechnet. „Damals erschien unsere Prognose vielen Marktteilnehmern pessimistisch, doch im Rückblick war sie noch recht konservativ“, bemerkt Charles Whall. Es sei damit zu rechnen, dass sich die Ausgaben in den USA etwa halbieren, und dass über 800 Anlagen stillgelegt würden. Auf dieser Grundlage erwarten Whall und Nelson, dass die Schieferölproduktion in den USA auf das Jahr gerechnet um eine halbe Million Barrel pro Tag sinkt. Die Fondsmanager rechnen nicht damit, dass diese Ausfälle durch andere internationale Produzenten aufgefangen werden können. „Der niedrige Ölpreis hinterlässt im gesamten globalen Ölsektor seine Spuren, und Länder wie Nigeria, Venezuela oder Libyen stehen zusätzlich vor politischen Schwierigkeiten“, sagt Nelson.
Die Experten erwarten, dass durch die niedrigen Ölpreise die globale Nachfrage um 1,1 Prozent ansteigen wird, was rund einer Million Barrel pro Tag entspricht. „Vor allem China stockt seine strategischen Vorräte stark auf und könnte 2015 für einige Überraschungen sorgen. Schon die Import-Daten für den Dezember waren bemerkenswert“, erläutert Nelson. Angesichts dieser fundamentalen Entwicklung rechnen er und Whall daher mit einem zügigen Anstieg des Ölpreises im Jahresverlauf. Für ein Barrel Brent könnten im zweiten Quartal rund 65 US-Dollar und dann bereits 75 beziehungsweise 80 US-Dollar in den folgenden Quartalen gezahlt werden. „Unterm Strich könnte dann der Preis im Jahresschnitt bei 70 US-Dollar liegen – und dabei sind mögliche geopolitische Risiken wie eine Zahlungsunfähigkeit Venezuelas oder die anstehenden Wahlen in Nigeria noch nicht eingerechnet“, schließt Charles Whall.
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