Analyse
15:36 Uhr, 29.05.2015

Singer: Lehman war nur "großer Short" - hier ist der "größere Short"

Die amerikanische Hedgefonds-Industrie schießt sich auf den Short von Bundesanleihen ein und stellt sich gegen die geldpolitischen Experimente nicht nur der EZB, sondern aller westlichen Zentralbanken.

Erwähnte Instrumente

  • DE 10Y Bond Yield - Kurs: 0,52 € (Bonds)

Der bekannte Hedgefondsmanager Paul Singer von Elliott Management findet wie Grundlach und Gross warnende Worte für Staatsanleihen.

Bill Gross' Timing war exzellent: Seine Ansage stand genau am Anfang des Anstiegs bei deutschen Bundesanleihen:

Grundlach und Gross: Call war perfekt getimet!
Statischer Chart
Live-Chart
Chart in stock3 Terminal öffnen
  • ()
    Bonds

Vor dem Zusammenbruch der amerikanischen Banken riet Singer zum Leerverkauf von strukturierten Kreditpapieren, ein Call, der gesessen hat. Viele dieser mit Immobilienhypotheken verwobenen Papiere fielen im Wert auf Null. Ihnen musste von der Regierung dann ein neuer Wert zugewiesen werden, die große Rettung der Banken, deren Bilanzen unter Wasser waren, begann.

Das war der "große Short", ein Call, mit dem Singer damals für Furore sorgte. Jetzt stellt er den "größeren Short" vor: Der Leerverkauf von langlaufenden Bundesanleihen aus den USA oder eben Äquivalenten in Deutschland. Er nennt diese Papiere "langfristige Forderungen auf Papiergeld" - eben diese werden entwertet werden, weil Politiker geneigt seien, ihre Schulden durch diese Entwertung loszuwerden.

Hier werde man richtig viel Geld verdienen, wenn man auf steigende Zinsen setzt, also Staatsanleihen leerverkauft.

Der Grund ist, dass die Zentralbanken alles tun werden, die Deflation abzuwenden, ohne zu erkennen, dass sie die Inflation, die sie damit heraufbeschwören, niemals in den Griff bekommen werden. Es sei sogar gewollt, dass die Währungen entwertet würden, so können Politiker ihre Schulden schneller loswerden.

Wie das in Zukunft ablaufen könnte zeichnete gestern James Bullard, der Präsident der Fed von St Louis.

Die Fed könnte eine BIP-Zielvorgabe einführen, sich also ein Wachstumsziel setzen, und dann so lange mehr Geld drucken, bis das erreicht ist. Das spannende an Bullards Aussage ist, dass er der Zentralbank empfiehlt, dann auch die Inflation außer Acht zu lassen. Sie könne temporär gerne überschießen, Hauptsache man erreicht das Wachstum, das man haben will. Solche Pläne muss man ernst nehmen, die werden gerade im Hintergrund immer mehr diskutiert.

"Beides, extreme Deflation und extreme Inflation sind Bedrohungen für die soziale Stabilität und wir glauben, dass uns in Zukunft zwischen diesen beiden Extremen nicht viele weitere Wahlmöglichkeiten bleiben werden", schreibt der Milliardär Paul Singer weiter. Die Wahrscheinlichkeit für eine hohe Inflation sei viel höher, sagt er. "Die Zentralbanken verstehen offensichtlich nicht, dass das moderne Finanzsystem fast unmöglich gesteuert werden kann, und es ist fundamental ungesund, so wie es heute strukturiert und gehebelt ist."

Die Zentralbanken in den entwickelten Industriestaaten sind die Architekten und Garanten einer Politik, dessen bedeutendste Errungenschaft es ist, die zu bereichern, denen es ohnehin schon gut geht, was ganz klar den sozialen Zusammenhalt in den Industriestaaten vor eine Herausforderung stellt", schreibt Singer.

Derzeit würden sich die Märkte darüber auslassen, welche Gefahren für die Märkte drohen, wenn es zu einer Anhebung der Leitzinsen in den nächsten Monaten um 25, 50 oder 75 Basispunkte kommt. Man solle sich laut Singer aber mal vorstellen, was passieren würde, wenn die Inflationsraten plötzlich schneller stiegen als erwartet und die Leitzinsen dann um 200, 400 oder mehr Basispunkte in schneller Taktung nach oben gesetzt werden müssten.

"Heute ist die größere Leerverkaufschance an einem weit größeren Marktplatz zu finden, also kann man den Trade in jeder Summe umsetzen, die man selbst vertragen kann, und die Kosten, die auftreten, wenn man darauf wartet, dass er sich auszahlt, sind wirklich tief", schreibt Singer weiter. Er räumt an, dass die "Kraft der Herde, die Anleihen nach oben treibt, sich jeglicher Kontrolle entzieht, also könnte man auch erst einmal Geld verlieren, wenn man darauf wartet, dass sich der Short auf Staatsanleihen auszahlt.

5 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • hotte38
    hotte38

    hotte

    Wie soll ein kleiner Trader das umsetzen? Ich verstehe in diesem Fall immer nur Bahnhof.

    Vielleicht kann mir mal jemand anhand eines Beispiels erklären, was da laufen soll?

    Wer kauft wo was ein?

    20:13 Uhr, 29.05. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Lumpazi
    Lumpazi

    So, so, jetzt auch Hedgefonds-Industrie. Was stellt sie denn her?

    Geldverteiler sind Dienstleister. Deswegen gibt es auch keine Finanzindustrie.

    Gedanklicher Quark wie fast überall in der Wirtschaftspresse.

    20:06 Uhr, 29.05. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • 0815
    0815

    Wie kann ein Short noch besser sein als ein Totalausfall wie bei Lehman oder ABS/CDO Papieren. John Paulson hat das durchgezogen und aus ein paar Millionen viele Milliarden gemacht. Sollen die Anleihen denn auch auf Null fallen?

    16:43 Uhr, 29.05. 2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

Mehr über Jochen Stanzl
Mehr Experten