Sind die Gläubiger die Marionetten im Spiel der staatlichen Schuldenliquidation?
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London (BoerseGo.de) - Investoren von Staatsanleihen werden den Preis für eine Geldpolitik zahlen, die den westlichen Industrieländern hilft, ihre angehäuften Schulden billig abzutragen, meinen Miles Geldard und Lee Manzi, Fondsmanager des Jupiter Strategic Total Return SICAV.
Die Staaten und ihre Zentralbanken seien schnell dabei, wenn es darum geht, die Vorteile der quantitativen Lockerung und der beinahen Nullzinspolitik für das Wirtschaftswachstum zu propagieren. Dass diese Politik ihnen aber auch ermögliche, Geld zu Konditionen aufzunehmen, die deutlich unter dem sonst geltenden Marktzins lägen, verschweigen sie. Dauerhaft niedrige Zinsen seien angesichts der außerordentlich hohen Schuldenlast, unter der die Industrienationen leiden, ohne Zweifel ein wichtiges geldpolitisches Instrument. Sie seien entscheidend in Fällen, in denen die private Verschuldung sehr hoch sei und sie könnten zur Stimulierung der Ausgaben von Privathaushalten und Unternehmen beitragen. Kurzfristig könne ein Staat dank niedriger Zinsen seine Schulden billiger bedienen und so auf härtere Fiskalmaßnahmen verzichten. Diese wären anderenfalls nötig, um das Steueraufkommen, das zur Deckung höherer Zinszahlungen erforderlich sei, zu generieren, so der Marktkommentar.
Wenn sich die Notenbanken aktiv um ein negatives Realzinsniveau bemühten, folge daraus, dass sie den Anlegern negative Realrenditen aufbürdeten. Faktisch würden sie die Gläubiger einer unsichtbaren Steuer unterwerfen und erzwängen damit eine Umverteilung des Vermögens von jenen, die keine sofortigen Ausgaben planten, zu denen, die ihr Vermögen jetzt investierten. Indem negative Zinsen den realen Wert der öffentlichen Schulden erodierten bzw. vernichteten, trügen sie neben einer moderaten Inflation auch zu einer Reduzierung der Staatsschuldenquote bei, heißt es weiter.
„Die Preisverzerrungen bei einigen finanziellen Vermögenswerten, mit denen das labile Finanzsystem der Industrieländer gestützt werden soll, sind eine weitere Folge der beinahen Nullzinspolitik. Diese Unsicherheit hat neben den verhaltenen Wachstumsaussichten die Anleger ein zu hohes Vertrauen in traditionelle „sichere Häfen“ wie Staatsanleihen setzen lassen. Wir sind daher nicht aus Furcht vor einem kräftigen Inflationsschub gegenüber Staatsanleihen negativ eingestellt, sondern weil wir glauben, dass die Papiere auf ein Niveau zurückkehren dürften, das stärker im Einklang mit ihrem historischen Durchschnitt sowie den Zielen der Notenbanken steht. Viele Regierungen haben mittels quantitativer Lockerung massiv am eigenen Rentenmarkt interveniert, so dass die Aufgabe der Überwachung staatlichen Finanzverhaltens mittlerweile zunehmend von den Devisenmärkten statt den globalen Bondmärkten wahrgenommen wird. Wir versuchen daher, von der erwarteten Schwäche einer Reihe von Währungen zu profitieren, die stellvertretend für eine schwächere Wirtschaft im jeweiligen Heimatland stehen“, so die beiden Fondsmanager.
„Unserer Meinung nach setzen die Anleger weltweit nach wie vor ein zu großes Vertrauen in die Notenbanken, die weder allwissend noch allmächtig sind. Wir teilen nicht die Auffassung, dass es in einer ohnehin schon überschuldeten Welt sinnvoll ist, Käufe weiter auszuweiten, wie es viele Institutionen gerade tun. Die Inflationsraten sind nicht besorgniserregend, aber die realen Renditen – sprich das, was nach Abzug der Inflation effektiv als Rendite verbleibt – sind bei vielen Staatsanleihen negativ. Es ist eine Situation, die nicht ewig anhalten kann, und eine Anomalie, die einen zentralen Bestandteil unserer Portfoliostrategie bildet. Allerdings glauben auch wir, dass die Zinsen weltweit wohl noch eine Zeit lang niedrig bleiben dürften, da die positive Wirkung des US-Aufschwungs durch die anhaltende strukturelle Schwäche der europäischen Wirtschaft aufgezehrt wird“, so Geldard und Manzi.
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