Kommentar
18:32 Uhr, 17.03.2022

Sind Aktien in Kriegszeiten wirklich schlechte Anlagen?

Es ist offensichtlich, dass Aktien rund um den Globus auf den Krieg reagiert haben. Die Schlussfolgerung scheint ebenfalls klar. Aktien sind keine gute Anlage. Die Realität ist komplizierter.

Will man wissen, wie gut oder schlecht Aktien in Kriegszeiten performen, reicht ein Blick auf die Historie. An Präzedenzfällen mangelt es leider nicht. Der Erste und Zweite Weltkrieg sind von besonderem Interesse. Viel schlimmer kann es kaum kommen. Die meisten Charts reichen allerdings nicht so weit zurück und man muss ein wenig in den Archiven graben, um die Daten zu finden.

Die Politik reagierte auf den Zweiten Weltkrieg anders als auf den Ersten Weltkrieg. Während des Ersten Weltkrieges waren Börsen zumindest teilweise geschlossen. Für Deutschland und Frankreich etwa gibt es keine Kurse für diese Zeit (Grafik 1). Der US-Aktienmarkt war für einige Monate geschlossen. Der Handel wurde aber nach vier Monaten wieder aufgenommen. Auch für Großbritannien und Japan gibt es Daten (Grafik 2).

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Generell zeigt sich, dass Aktien während des Ersten Weltkrieges steigen konnten. Auch in Frankreich eröffnete der Markt nach mehrjähriger Pause höher. Zum Teil waren die Anstiege während des Zweiten Weltkrieges sogar noch höher als während des ersten. Besonders bemerkenswert ist der enorme Anstieg französischer Aktien während des Zweiten Weltkriegs (Grafik 3).

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Man kann seinen Augen kaum trauen und glauben, dass Aktien zwei Weltkriege so gut überstanden haben. Das gilt nicht für deutsche Aktien. Nach dem Ersten Weltkrieg sorgte Hyperinflation für einen kompletten Neustart und der Zweite Weltkrieg ließ ebenfalls nichts intakt.

Die Erfahrung der letzten Wochen ist zunächst eine völlig andere. Es ist vollkommen klar, dass Aktien negativ auf die Entwicklungen reagiert haben. Das macht intuitiv auch Sinn. Krieg vernichtet Produktionskapazität, erhöht die Inflation, unterbricht Lieferketten, führt zu Produktionsausfällen und lässt die Stimmung ins Bodenlose fallen.

Wer Kriegspartei ist, lenkt Ressourcen aus allen Wirtschaftsbereichen um. Wenige Branchen boomen. Die meisten Branchen aber leiden erheblich oder brechen ganz zusammen. Es macht keinen Sinn, dass die Kurse während eines Krieges steigen. Trotzdem lässt sich genau das bei den zwei Weltkriegen beobachten.

Was auf den ersten Blick keinen Sinn macht und widersprüchlich erscheint, lässt sich erklären. Inflation macht den Unterschied. In den USA stieg der Markt zwischen 37 % und 50 %. Die Inflation stieg schneller. Nach Berücksichtigung der Inflation verlor der Markt zwischen 20 % und 30 %.

Das gilt auch für Frankreich. Nominal sind die Kurse gestiegen. Real fielen sie während des Zweiten Weltkrieges um mehr als 50 %. Aktien gleichen Inflation zum Teil aus und erwecken daher den Eindruck einer soliden Performance. Die Kaufkraft wird jedoch nicht erhalten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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