Analyse
22:01 Uhr, 02.10.2008

Signale einer US-Rezession nehmen weiter zu

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Externe Quelle: UniCredit

Die Umsetzung der derzeit diskutierten Stützungsmaßnahmen und Regulierungsänderungen dürfte die Furcht vor systemischen Gefahren im Finanzsektor nur kurzfristig lindern. Nachdem der Paulson-Plan bei der ersten Abstimmung im US-Repräsentantenhaus nicht die notwendige Mehrheit erhalten hat, sollte die gestrige Zustimmung des Senats zu einer leicht modifizierten Vorlage die Chancen verbessern, dass die für morgen angesetzte erneute Abstimmung positiver verlaufen wird. Auch wenn damit kurzfristig eine Erleichterung an den Aktienmärkten einsetzen kann, bleiben wir skeptisch bezüglich des letztlichen Erfolgs der damit ergriffenen Maßnahmen. Zudem dürfte die nun diskutierte Aufweichung der Fair Value Bilanzierung eine nachhaltige Entspannung am Geldmarkt eher erschweren, da dadurch die Unsicherheit über die Solidität des Bankensektors prolongiert wird. Der im Nachgang der Lehman-Pleite zu verzeichnende Anstieg der Refinanzierungssätze am Geld- und Kreditmarkt zeigt, dass das Misstrauen gegenüber Banken einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Die deutlich ausgeweiteten Refinanzierungskosten für Banken sowie die Anzeichen für Schwierigkeiten in der Liquiditätssteuerung (der Satz für die Beschaffung von USD-Liquidität erreichte zuletzt 11%) erhöhen letztlich das Risiko einer deutlich rückläufigen Kreditvergabe. Angesichts der Dimension der in den letzten Tagen erforderlich gewordenen Stützungsmaßnahmen durch die Notenbanken zeigt sich, dass die seit August 2007 ergriffenen Interventionen nicht ausgereicht haben, die Finanzkrise einzudämmen. Daher wächst die Gefahr von deutlicheren Spillover-Effekten der Kreditkrise in die Realwirtschaft zunehmend, was durch die jüngsten Wirtschaftszahlen aus den USA belegt wird.

Eine US-Rezession dürfte sich nicht mehr vermeiden lassen, was unsere Erwartung eines deutlichen Abwärtspotenzials in den globalen Gewinnschätzungen unterstreicht. Die jüngsten Umfrageergebnisse für das Verarbeitende Gewerbe zeigen einen synchronen Abschwung auf globaler Ebene an. In den USA hat der ISM Manufacturing inzwischen faktisch die in den letzten Rezessionen erreichten Niveaus erreicht. Sowohl die Konsumentenkredite als auch die Konsumausgaben sind in realer Betrachtung zuletzt kaum noch gewachsen, was dafür spricht, dass auch der Private Verbrauch in den USA erstmals seit 17 Jahren wieder in eine Schrumpfungsphase eintreten wird. Folglich dürfte die Wachstumsabschwächung zunehmend auch Unternehmen aus dem Nicht-Finanzsektor erfassen, die bislang noch kaum von einer Beeinträchtigung ihrer Geschäftstätigkeit berichtet haben. Angesichts der Konsenserwartung weiterhin zweistellig wachsender Unternehmensgewinne erachten wir die Gewinnschätzungen für 2009 unverändert als deutlich zu hoch. Für die nächsten Wochen bedeutet dies, dass im Vorfeld der zur Veröffentlichung anstehenden Unternehmensberichte für Q3 mit einem deutlichen Anstieg von Profit Warnings zu rechnen ist, wovon nun auch die Nicht-Finanzunternehmen in zunehmenden Maße betroffen sein dürften. Die Kursentwicklung der letzten Wochen gab bereits erste Hinweise darauf, dass sich die Schere zwischen den Finanzwerten und den Industriesektoren zu schließen beginnt.

Die Bewertung bleibt der größte Unterstützungsfaktor für den Aktienmarkt, was jedoch weiterhin nur als weicher Indikator anzusehen ist. Um zyklische Aspekte bei der Bewertung auszuschalten haben wir in der Vergangenheit bereits häufig mit Bewertungen auf Basis von langfristigen Trends bei Gewinnen und Dividenden argumentiert (Stichwort: Nachhaltigkeit). In diesem Zyklus hat sich für den Euroraum insbesondere bei relativen Bewertungen die Dividendenrendite als ein zentrales Kriterium etabliert, da ein Gleichstand der Dividendenrendite mit der Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sowohl in 2003 als auch in 2005 korrekterweise deutliches Aufwärtspotenzial für den Aktienmarkt signalisiert hat. Inzwischen wird jedoch die Dividendenkontinuität sehr stark hinterfragt, was sich daran zeigt, dass Dividenden im Derivatemarkt derzeit zu einem deutlich Abschlag zu den aktuellen Schätzungen gehandelt werden. So preist der an der Eurex gehandelte Euro STOXX 50 Dividendenfuture aktuell einen Abschlag von rund 19% zu den Konsensschätzungen für 2009 ein. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass ein Cross Asset Vergleich auf Basis des langfristigen Trends in den Dividenden derzeit sinnvoller ist. In dieser Betrachtung zeigt sich, dass der Renditevorsprung von Staatsanleihen inzwischen fast auf Null zusammengelaufen ist, was unter längerfristigen Gesichtspunkten eine klar gestiegene Attraktivität von Aktien gegenüber Staatsanleihen aufzeigt. Eine deutlichere Unterstützung für den Aktienmarkt dürfte sich somit ergeben, falls die Renditen am langen Ende noch weiter zurückkommen sollten, was jedoch sehr wahrscheinlich deutlichere Hinweise auf eine bevorstehende Zinssenkung der EZB voraussetzt. Unsere Volkswirte erwarten dies erst für das Frühjahr 2009.

Ausblick: Die mittelfristigen Belastungsfaktoren bestehen weiter und das Erholungspotenzial bleibt zunächst begrenzt. Wir gehen davon aus, dass die Aktienmärkte im Oktober trotz des sich deutlich verbessernden saisonalen Umfelds in Q4 volatil bleiben werden und halten daher trotz der im langfristigen Vergleich attraktiven Bewertung an unserer defensiven Strategie fest. Ohne eine Stabilisierung der Frühindikatoren und in Ermangelung einer nachhaltigeren konjunkturellen Stimulierung sehen wir noch weiteren Bodenbildungsbedarf an den Aktienmärkten. Angesichts der anhaltenden fundamentalen Belastungsfaktoren sowie der noch zu erwartenden, deutlichen Gewinnrevisionen sehen wir die Gefahr neuer Tiefstände in den nächsten Monaten als noch nicht gebannt an. Unsere Kursziele befinden sich derzeit in Überarbeitung.

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Über den Experten

Marko Strehk
Marko Strehk
Technischer Analyst und Trader

Marko Strehk blickt auf intensive langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Strategien des auf Charttechnik basierenden Tradings zurück. Als versierter Allrounder handelt Strehk Aktien und Indizes im kurz- und mittelfristigen Zeitfenster mit bestechender Präzision. Überragende Fähigkeiten in Trend- und Kursmusteranalysen, bei der Anwendung von Risiko- und Moneymanagementstrategien sowie ein umfassendes theoretisches Wissen zu unterschiedlichen Tradingmethoden und Tradinginstrumenten wie beispielsweise Hebelzertifikate, Optionsscheine, CFDs und Anlagezertifikate zeichnen ihn aus. Auf GodmodeTrader.de betreut Strehk als Headtrader die Produktpakete „Aktien Premium Trader“ und „CFD Trader Services“.

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