Fundamentale Nachricht
10:11 Uhr, 22.01.2019

Shutdown der US-Regierung

Die Haushaltssperre in den USA könnte nach Meinung von Josh Feinman, US-Chefökonom der DWS, schon bald in den US-Wirtschaftszahlen sichtbar werden.

Frankfurt (GodmodeTrader.de) - Mit zunehmender Dauer der, durch die Haushaltssperre bedingten, Schließung vieler Bundesbehörden (Shutdown) werden aus Anlegersicht die Fragen dringender, wie sich das auf die Wirtschaft auswirken könnte. Die direkten Auswirkungen des Shutdown auf das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Vereinigten Staaten ergeben sich in erster Linie durch Lohnausfälle. Einerseits von den beurlaubten Regierungsangestellten und andererseits von jenen Angestellten, die ohne Bezahlung weiter arbeiten müssen, wie Josh Feinman, US-Chefökonom der DWS, im aktuellen „CIO View“ schreibt.

Sobald der Shutdown beendet sei, erhielten diese Angestellten Nachzahlungen. Wenn das vor dem Ende des ersten Quartals geschehe, reduziere das entsprechend die negativen Konsequenzen der Lohnausfälle. Schätzungen deuteten darauf hin, dass die direkten Auswirkungen das reale BIP in der Größenordnung von rund 0,1 Prozentpunkten pro zehn Tage reduzierten, so dass im Falle eines dreimonatigen Shutdowns das BIP um ein Prozentpunkt weniger wachsen würde, heißt es weiter.

„Hinzu kommen die indirekten Effekte (Produktionsausfall und Lohnausfall privater Regierungsunternehmen, Multiplikatoreffekte bei anderen Ausgaben usw.), die viel schwieriger zu quantifizieren sind, obwohl sie mit zunehmender Dauer der Stilllegung sicherlich zunehmen. Die Schätzungen gehen von 0,1 bis 0,2 Prozentpunkten BIP-Wachstumsverlangsamung aus. Selbst die Verwendung der konservativeren (und wie wir denken, realistischeren) Schätzungen würde darauf hindeuten, dass der Shutdown das reale BIP-Wachstum jede Woche um rund 0,1 Prozentpunkte oder mehr reduzieren könnte“, so Feinman.

Diese Effekte würden wahrscheinlich umso größer, je länger der Shutdown andauere. Wenn dieser also das ganze Quartal über andauere, könnte er insgesamt das reale BIP um zwei Prozent oder mehr schmälern – auch wenn dies nur eine grobe Schätzung sein könne. Außerdem habe man bisher wenig Klarheit darüber, wann der Shutdown enden werde. Sollte es soweit sein, werde erwartet, dass ein Großteil der verlorenen Produktion wieder aufgeholt werde, heißt es weiter.

„Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir aber noch davon ab, die BIP-Schätzungen für das erste Quartal wesentlich zu ändern (wir erwarten weiterhin ein Wachstum von rund zwei Prozent). Aber diese Zahl wird sinken, wenn der Shutdown länger andauert, und vor allem, wenn es so aussieht, als würde er sich über einen Großteil des ersten Quartals strecken“, so Feinman.

Der Shutdown könne aber noch ganz andere Folgen mit sich bringen. Zunächst einmal würden einige Daten (z.B. Einzelhandelsumsätze, Lagerbestände, Wohnungsbau, Konsumentenpreise) während des Shutdown nicht veröffentlicht. Und es werde wohl auch nach dem Ende des Shutdown noch eine Weile brauchen, bevor sie veröffentlicht werden könnten. Dies werde dazu führen, dass es für einige Zeit weniger Klarheit über den Zustand der Wirtschaft geben werde, heißt es weiter.

„Zweitens können selbst manche Daten, die freigegeben werden (z.B. der Arbeitsmarktbericht), durch den Shutdown verzerrt werden. Zwar werden sowohl die beurlaubten (rund 380.000) wie auch die unentgeltlich arbeitenden Regierungsangestellten in dem am 1. Februar zu veröffentlichenden Bericht als Beschäftigte aufgeführt. Dennoch könnte es einige geringfügige indirekte Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen geben, wenn etwa private Dienstleister, die für die Regierung arbeiten, bis zum 12. Januar (Ende der Berichtswoche der Erhebung) entlassen worden sind. Wie die Arbeitnehmer, die im privaten Sektor entlassen werden, können auch die beurlaubten Staatsbediensteten Arbeitslosenansprüche geltend machen“, so Feinman.

Diese tauchten aber nicht in den wöchentlich veröffentlichten Gesamtzahlen auf (sie würden separat eingeordnet; außerdem müssten sie, sobald sie Rückzahlungen erhielten, ihre Arbeitslosenunterstützung zurückerstatten). Die Arbeitslosenquote könnte um bis zu 0,2 Prozent höher ausfallen, wenn die beurlaubten Arbeitnehmer in der Haushaltserhebung als „arbeitslos, befristet beurlaubt" erfasst würden, was technisch gesehen der Fall sei. Das BLS werde wahrscheinlich zu all dem Schätzungen abgeben, wenn der Bericht veröffentlicht werde. Darüber hinaus könne man auf Umfragen zum Verbrauchervertrauen oder zum Geschäftsklima zurückgreifen, um zu sehen, welche Effekte der Shutdown auf die Stimmung haben könnte, heißt es weiter.

„In Bezug auf die Entscheidungsträger der US-Notenbank könnte die, durch den Shutdown verursachte, höhere Unsicherheit dazu führen, dass sie sich in ihrem Urteil bestärkt fühlen, sich mit weiteren Zinserhöhungen Zeit zu lassen und neue Daten abzuwarten“, so Feinman abschließend.

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten