Kommentar
11:43 Uhr, 05.02.2010

Schwächephase zum Aufstocken der Aktienquote nutzen

Nach einem positiven Jahresauftakt kam prompt die längst erwartete Abkühlung. Seit gut drei Wochen werden die Aktionäre von drei großen Themen in Atem gehalten: China, Griechenland bzw. Südeuropa und Obama.

Märkte wieder für Negativmeldungen sensibel

Die Ankündigung Chinas, den Geschäftsbanken ein Kreditvergabeverbot bis Ende des Monats aufzuerlegen und gleichzeitig die Mindestreserven hochzuschrauben, überraschte, obwohl die Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt sicher mittelfristig richtig sind. Da nicht klar ist, ob wir es in China nicht bereits mit einer Blase an den Aktienmärkten zu tun haben, reagierten die in China stark kreditgetriebenen Aktienmärkte verschnupft.

Als nächstes folgte Griechenland, dessen Haushaltsdefizit nicht im Bereich von rund 3 Prozent, wie lange Zeit geschönt ausgewiesen, sondern bei 13 Prozent liegt. Grundsätzlich wäre Griechenland global kein Thema, hätten die Griechen nicht den Euro als Zahlungsmittel. So wurden die Diskussionen, ob Griechenland „Erste-Hilfe“ von Euroland, China oder gar dem IWF benötigt, und ob das Land gegebenenfalls aus der Währungsunion ausgeschlossen werden soll, bis hin zu Befürchtungen eines Staatbankrotts immer mehr zur Belastung für den Euro. Der Euro verlor so binnen drei Wochen über 6 Prozent zum Dollar, von 1,45 auf 1,36, und beinahe 10 Prozent zum Yen. Diese Bewegungen wurden von der Angst vor einem Schneeballeffekt ausgelöst, der auch die anderen südeuropäischen Länder (Portugal, Spanien, Italien) ergreifen könnte. Carry-Trader, die in Dollar oder Yen finanziert und im Euroraum investiert waren, bekamen Druck von beiden Seiten: der Währung und dem Aktienmarkt. Die Auflösung dieser Carry-Trades verschärft aktuell die Abwärtsbewegung in allen relevanten Assetklassen.

Den dritten, verspäteten Sylvesterknaller zündete dann Obama mit seiner Überraschungsrede unmittelbar nach der verlorenen Wahl im Bundesstaat Massachusetts, in der er quasi eine Wiederbelebung des „Glass-Steagall Act“ forderte. Das Gesetz wurde 1933 erlassen und sah die strikte Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken vor. Es wurde 1999 von Bill Clinton aufgehoben. Obama kündigte an, den Eigenhandel der Banken zu beschränken. Er war 2009 eines ihrer großen Ertragsstandbeine und lieferte zugleich jede Menge Zündstoff für die Boni-Diskussion.

So populistisch das Gesetz zunächst erscheint, so sinnvoll könnte eine Trennung des klassischen Bankgeschäfts vom Investmentbanking sein. Die großen US-Banken, allen voran Goldman Sachs, J. P. Morgan, Citigroup und Morgan Stanley, verloren als Reaktion auf diese Meldung massiv an Wert und rissen sämtliche Märkte weltweit mit nach unten.

Das Risikobewusstsein und die Sensibilität der Märkte für schlechte Nachrichten, die in den Monaten zuvor nahezu vollständig eingeschlafen schienen, waren mit einem Schlag wieder geweckt. Der Dax gab vom 11. Januar bis heute über 10 Prozent ab, und die Korrelation zum Euro, der parallel verlor, wurde immer deutlicher, was auf generellen Abgabedruck europäischer Wertpapiere aus dem Ausland hindeutet. Auch dass die sonst in einer Aktienschwäche so sehr gefragten 10-jährigen Bundesanleihen in der jüngsten Zitterphase zunächst kaum profitieren konnten, spricht für den Abgabedruck aus dem Ausland.

Fundamentaldaten überraschen positiv

Bei nüchterner Betrachtung der Fakten wird deutlich, dass erstens Griechenlands „Ouzo-Krise“ eine vergleichsweise geringe Bedeutung für die globale Wirtschaft hat, dass zweitens das von Obama ins Unreine gesprochene Gesetzesvorhaben angesichts der verloren gegangenen Mehrheit im Senat kaum in der beabsichtigen Form gegen die Republikaner durchzusetzen ist und dass drittens das Kreditmoratorium Chinas ja bereits Ende Januar auslief.

Insbesondere die Konjunkturdaten überraschen positiv, wie zuletzt der phänomenal gute US-ISMEinkaufsmanagerindex. Er impliziert mit einem Wert von 58,4, erwartet wurden rund 55, sogar ein US-Wirtschaftswachstum von 5 bis 6 Prozent. Die dadurch aufkeimenden Inflationsbefürchtungen werden, aufgrund schlecht ausgelasteter Kapazitäten und daraus resultierendem Margendruck, in Grenzen gehalten. Außerdem geraten angesichts der stetig besser werdenden Fundamentaldaten immer mehr institutionelle Anleger, wie etwa Versicherungen, in Zugzwang, noch auf den Aktienzug aufzuspringen – auch weil deren oftmals fundamental basierte Aktienmodelle nun von Halten auf Kaufen schwenken dürften.

Deutsche Bluechips bevorzugt

Wir tendieren angesichts dieser doch deutlich positiveren Rahmenbedingungen zu einem weiteren Aufstocken der Aktienquoten in Schwächephasen. So werden wir bald wieder unsere neutralen Quoten erreichen. Die Erhöhung nehmen wir vor allem in europäischen, schwerpunktweise deutschen, Bluechips vor, weil wir die deutsche Unternehmenslandschaft für verbesserte weltweite Konjunkturbedingungen optimal aufgestellt sehen. Sollte der US-Dollar nach seiner jüngsten Rallye nochmals schwächer werden, nehmen wir auch in US-Titeln eine Aufstockung vor.

Am Rentenmarkt wird es vorerst wenig zu holen geben. Auch wenn die Kurzfristzinsen, wie etwa in den USA zuletzt zwar relativ deutlich von 0,11 auf 0,16 Prozent stiegen, so ist deren absolutes Niveau nach wie vor uninteressant und auch kein Stressfaktor für die Märkte. Anleihen mit mittlerer und langer Laufzeit könnten jedoch von den zunehmenden Inflationsängsten gedrückt werden, das bedeutet einen gleichzeitigen Zinsanstieg in diesem Bereich. Auch Gold und Goldminenwerte, die im Januar abrutschten, könnten sich in diesem Zusammenhang erholen. Wir neigen daher aktuell zum Halten unserer Mitte Januar reduzierten Goldminenpositionen.

Quelle: GECAM

Als unabhängiger Finanzdienstleister hat sich die GECAM AG auf das Investmentgeschäft spezialisiert. Das Unternehmen bündelt die fünf für das Investmentgeschäft essenziellen Bausteine Investmentdach, Vermögensverwaltung, Produkte, Partner-Portal und Dienstleistungskonzept in einem Haus. GECAM verwaltet in ihren vier Dachfonds aktuell ein Gesamtnettovermögen von 150 Millionen Euro.

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