Kommentar
14:53 Uhr, 22.02.2005

Schwacher Jahresausklang! Guter Start ins neue Jahr?

1. Wie vor einer Woche vermeldet, sank das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im vierten Quartal 2004 um 0,2 % qoq. Die große Frage lautete damals, was waren die Ursachen, und deuten sie auch auf eine Fortsetzung der Misere hin? Mit den heute veröffentlichten Detaildaten lassen sich hierauf Antworten geben.

2. Ursächlich für den starken Einbruch der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2004 waren die Lagerinvestitionen, die das Wachstum um 0,8 Prozentpunkte bremsten. Dies deutete sich schon im Vorfeld an, denn die vorhandene Nachfrage im vierten Quartal schlug sich nicht in einer Zunahme der Produktionstätigkeit nieder. Nun wissen wir mit Sicherheit, dass die Nachfrage im Wesentlichen aus den Lagern bedient wurde. Weitere Bremseffekte, wenngleich vernachlässigbare, gingen von den Ausrüstungsinvestitionen aus, die um 0,4 % qoq abnahmen. Dies ist nach dem starken Anstieg im Vorquartal (+3,4 % qoq) nicht verwunderlich, zumal sich die Unternehmen bislang vor allem darauf beschränkten, veraltete Maschinen durch neue zu ersetzen. Angesichts nicht hinreichend klarer Absatzperspektiven im In- und Ausland wurde trotz günstiger Finanzierungsbedingungen und einer guten Gewinnentwicklung zumeist auf eine Erweiterung der Kapazitäten verzichtet. Der dritte Bremser im Bunde waren die Staatsausgaben, die die Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozentpunkte drosselten.

3. Alle anderen Nachfragekomponenten schoben die Wirtschaft an, allen voran der Außenbeitrag. Der Wachstumsbeitrag fiel angesichts des schwachen dritten Quartals (-1,6 Prozentpunkte) allerdings nicht allzu üppig aus (0,5 Prozentpunkte). Dass im vierten Quartal nicht mehr möglich war, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Hauptzielregionen deutscher Exporte langsamer wuchsen als die Weltwirtschaft. Erfreulich ist die höchste Zuwachsrate der privaten Konsumausgaben seit dem dritten Quartal 2002. An der Tatsache, dass dieser „Rekord“ mit einer Zuwachsrate von 0,2 % qoq erreicht wurde, wird die ganze Misere des deutschen Konsums deutlich. Die Bauinvestitionen überraschten schließlich mit einem kräftigen Plus von 0,5 % qoq. Alles in allem zeichnen die einzelnen Komponenten ein besseres Bild, als es die Schrumpfungsrate von 0,2 % qoq nahegelegt hatte.

4. Ein Aspekt ist noch erwähnenswert. Die Deutsche Bundesbank machte darauf aufmerksam, dass möglicherweise die Entwicklung im vierten Quartal unterzeichnet wird. Der dahinter liegende Gedanke ist folgender: Bei der Arbeitstagebereinigung wurde berücksichtigt, dass im vierten Quartal mehr Arbeitstage als im Vorjahr zur Verfügung standen und dass an diesen entsprechend mehr hätte produziert werden können. Dieser Effekt wurde herausgerechnet. Es besteht aber die Möglichkeit, dass diese zusätzlichen Arbeitstage nicht vollständig zur Mehrproduktion genutzt werden konnten, weil sie in die weihnachtliche Urlaubsphase fielen. Wenn dem so ist, dann hätte man bei der Arbeitstagebereinigung zu viel von der Wirtschaftsleistung abgezogen. Ferner wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ein umgekehrter Effekt im ersten Quartal zu einer Überzeichnung des Wachstums führen könnte.

5. Aufgrund des schwachen vierten Quartals und des nach unten revidierten dritten Quartals fällt der statistische Überhang für 2005 nun geringer und negativ aus. Das heißt, es wird kein Schwung aus dem Jahr 2004 in das Jahr 2005 mitgenommen. Dies allein hätte ein deutliche Abwärtskorrektur unserer Prognose nach sich gezogen. Wir gehen aber aus mehreren Gründen davon aus, dass das erste Quartal 2005 positiv überraschen wird. Erstens deuten die bislang vorliegenden – zugegebenermaßen noch wenigen – Indikatoren auf eine Belebung hin. Die Industrie geht mit einem dicken Auftragspolster in das neue Jahr und die Stimmungsindikatoren für Januar deuten auf eine erneut starke Produktionstätigkeit hin. Auch die Dienstleister zeigten sich im Januar dem Einkaufsmanagerindex zufolge wieder in einer besseren Verfassung. Zweitens sollte der Bremsklotz „Lagerabbau“ entfallen. Und drittens könnte der oben erwähnte Arbeitstagesondereffekt zu einem kräftigeren Wachstum beitragen. Unsere ohnehin schon vorsichtige Prognose für das Gesamtjahr 2005 haben wir daher nur um 0,1 Prozentpunkte zurückgenommen und erwarten nun einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,8 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten