Kommentar
08:16 Uhr, 07.12.2004

Schwacher Arbeitsmarkt bewegt die Finanzmärkte

Die schwachen US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag sorgten für kräftige Ausschläge an den Finanzmärkten. Die Rentenmärkte konnten dabei ihre im Wochenverlauf erlittenen Verluste wieder wettmachen. Der Euro setzte seinen Höhenflug fort und überwand locker die Marke von 1,34 US-Dollar, was einem neuen Allzeithoch entsprach.

Die vergangene Woche hatte für den US-Rentenmarkt nicht gut begonnen. Überraschend freundliche Konjunkturdaten wie das nach oben korrigierte Bruttoinlandsprodukt für das dritte Quartal und ein starker ISM-Einkaufsmanagerindex ließen die Zehnjahresrenditen auf knapp 4,4 Prozent steigen, was zu entsprechenden Kursverlusten bei Anleihen führte. Doch der am Freitag veröffentlichte Arbeitsmarktbericht sorgte für einen neuerlichen Richtungswechsel. Entgegen der Konsensusschätzung, die von einem Beschäftigungswachstum im November von 200.000 ausging, bezifferte sich der tatsächliche Anstieg lediglich auf 112.000. Während sich die Aktienmärkte hiervon relativ unbeeindruckt zeigten, gaben die Renditen zehnjähriger US-Treasuries um 15 Basispunkte nach und erreichten damit wieder das Niveau vom Wochenanfang. Im Anschluss an die Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten machte auch der Euro einen regelrechten Satz nach oben: Allein am Freitag legte er gegenüber der US-Währung um 1,5 Cent zu. Da ein Ende des Euro-Höhenflugs derzeit nicht in Sicht ist, raten wir zur Vorsicht im Hinblick auf Engagements am amerikanischen Bondmarkt.

Anlagen in der Eurozone erscheinen uns derzeit weitaus Erfolg versprechender. Hierzu trägt neben der Währungsentwicklung auch die Eintrübung der Konjunkturaussichten bei. Wichtige Stimmungsindikatoren wie der INSEE-Index aus Frankreich, das EU-Konsumklima sowie die Einkaufsmanagerindizes aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor für den Euroraum schwächten sich überraschend deutlich ab. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie sank auf 50,4 Punkte und liegt damit nur noch knapp über der Trennlinie zwischen wachsender und schrumpfender Industrieproduktion. Eine Enttäuschung waren auch die jüngsten Arbeitslosenzahlen aus Deutschland. Die Wachstumsaussichten für 2005 werden in der Eurozone inzwischen jedenfalls wieder pessimistischer beurteilt als noch vor wenigen Wochen. Daran ändert auch der nachgebende Ölpreis nichts.

Ein starker Euro, rückläufige Ölpreise, sich verschlechternde Konjunkturerwartungen bei einem solchen Mix an makroökonomischen Daten könnte die Europäische Zentralbank mit ihrer Geldpolitik der Wirtschaft doch eigentlich etwas Rückwind verleihen. Doch selbst kühnste Optimisten hatten nicht damit gerechnet, dass die EZB bei ihrer Sitzung in der letzten Woche die Zinsen senken würde. Sie beließ auch erwartungsgemäß den Hauptrefinanzierungssatz bei 2,0 Prozent. Was aber überraschte, war die Aussage von EZB-Chef Jean-Claude Trichet, dass wegen der inflationären Wirkungen der immer noch hohen Ölpreise und eines unerwünscht starken Geldmengenwachstums im EZB-Rat die Möglichkeit einer Zinserhöhung diskutiert worden sei. Allerdings stufen wir die Wahrscheinlichkeit, dass die Währungshüter die geldpolitischen Zügel in nächster Zeit straffen werden, nach wie vor als sehr gering ein. Das kurze Ende der Zinskurve sollte hierdurch gut geschützt bleiben. Die Renditeentwicklung in den mittleren und längeren Laufzeiten dürfte verstärkt durch die Entwicklung am Devisenmarkt bestimmt werden. Umschichtungen ausländischer Zentralbanken von Dollar- in Euroanlagen sollte dabei für anhaltend niedrige Renditen sorgen. Wir erweitern unsere Empfehlungen, die sich bisher vor allem auf den Kurzläuferbereich konzentrierten, um Fonds mit Anlageschwerpunkt im mittleren Laufzeitensegment wie den UniEuroRenta oder UniEuropaRenta.

Ausblick:

Nach der Datenflut aus der Vorwoche sollte jetzt eine ruhigere Woche bevorstehen. Mit dem ZEW-Index befindet sich der erste Stimmungsindikator aus der Eurozone für den Dezember auf der Agenda. Darüber hinaus werden die für Deutschland wichtigen Zahlen zur Industrieproduktion und den Auftragseingängen veröffentlicht, wobei in beiden Fällen kaum mehr als ein leichter Anstieg zu erwarten ist. Aus den USA wir am Freitag noch der bedeutende Michigan-Index zum Verbrauchervertrauen veröffentlicht.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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