Schuldenproblem? Nicht in China
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Chinas Wirtschaftswachstum verlangsamt sich weiter. Das dürfte nun eigentlich niemanden mehr überraschen. Der Trend ist nicht neu und wird von der Regierung auch verbal in regelmäßigen Abständen kommentiert. Dennoch macht sich die Welt immer noch Sorgen um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Besonderen Grund zur Sorge geben zwei Faktoren. Einerseits ist da die Abschwächung des Wachstums. Andererseits ist das Kreditwachstum nach wie vor ungebremst.
In den vergangenen Wochen machen sich Beobachter vor allem über die Lücke zwischen BIP und Kreditwachstum Sorgen. Insbesondere ist die Verschuldung bei Unternehmen hoch, die mit dem Staat verbunden sind. Diese Schulden sind im Vergleich zu der Leistung des Unternehmens hoch. Trotzdem fallen Kredite so gut wie gar nicht aus. Das liegt an der indirekten Staatsgarantie. China will diese allerdings über die kommenden Jahre abbauen. Bisher ist das ausgeblieben. Fängt die Regierung damit an, dann könnten schnell hohe Summen ausfallen, weil die Unternehmen ihre Schulden allein nicht mehr tragen können.
Staatliche und mit dem Staat verbundene Unternehmen sind jedoch nur ein Teil der Wirtschaft. Man kann das Phänomen der indirekten Staatsgarantie nicht übertragen. Ebenso wenig sind gleich alle Unternehmenskredite schlecht. Und zu guter Letzt darf man auch eines nicht vergessen: Krediten stehen auch Werte gegenüber. Das wird in fast allen Betrachtungen und Analysen des chinesischen "Schuldenproblems" unterschlagen.
Grafik 1 zeigt auch das Wachstum des "Net Capital Stock." Der NCS ist die Summe aller produktiven Güter, Anlagen, Maschinen, Gebäude und Lager. Vereinfacht könnte man den NCS als Wiederbeschaffungswert sehen. Wollte man die chinesische Wirtschaft so, wie sie heute ist, replizieren, dann müsste man dafür den NCS zahlen.
Der NCS zeigt über die Jahre ein relativ hohes und stabiles Wachstum. Kredite wachsen teils deutlich schneller als das Vermögen. Im langjährigen Durchschnitt wächst der NCS allerdings mehr als die Schulden. Das gilt über viele Jahrzehnte. Das führt zu einem Ergebnis, wie man es in Grafik 2 sieht. Dort sind BIP, Kredit und NCS als Index abgebildet. Während Schulden im Vergleich zum BIP schneller wachsen, wächst unterm Strich das Vermögen noch schneller.
Der NCS lag einmal beim 4-fachen des Kreditvolumens. Heute ist es nur noch das Zweifache. Die Tendenz ist leicht fallend. Mit jedem Yuan neuen Kredits wird im Prinzip weniger neuer Wert geschaffen als noch vor einigen Jahren. China ist mit diesem Trend nicht alleine. Dieser Trend zeigt sich in allen Ländern, je industrialisierter sie werden. In den alten Industrieländern ist der NCS inzwischen stabil. Mehr Kredit schafft hier kaum noch zusätzlichen Wert. Insofern ist die Lage in China nicht beunruhigend und ganz normal.
China hat - entgegen aller Analysen - eine sehr komfortable Vermögenssituation. Die Situation würde sich jedoch ändern, wenn die Marktpreise massiv einbrechen würden. Es handelt sich beim NCS ja um Wiederbeschaffungswerte. Würde der Wert von Immobilien jetzt theoretisch auf Null fallen, dann kann der NCS auch rasch sinken. Immobilien machen einen Großteil des Vermögens aus. Sinken die Preise sehr stark, dann könnte der NCS theoretisch auch negativ werden.
Damit das in China der Fall ist, müsste China in eine Krise geraten, die schwerer als die Große Depression der 30er Jahre ist. Das ist momentan nicht zu befürchten. Man kann China schon ein Schuldenproblem andichten. Wer aufgrund
dessen allerdings in den nächsten Jahren große Probleme in China erwartet, der wird enttäuscht werden.
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Liegt das Problem bei China nicht gerade im Immobiliensektor? Die Befürchtungen sind doch in erster Linie ein Platzen der Immobilienblase. Es sollen schließlich ganze Millionenstädte entstanden sein, welche jetzt nahezu unbewohnt sind. Die Immobilienpreise werden dort künstlich hoch gehalten, von Marktpreisen kann dort keine Rede sein.
Chinas Problem sind nicht die Schulden generell, sondern die Schulden speziell im Immobiliensektor. Und am Immobiliensektor hängt letztlich fast das gesamte Wachstum der letzten Jahre.
Ich denke es ist ein Fehler hier auf die Gesamtschuldenquoten zu schauen. Die Überschuldung im Immobiliensektor ist das Problem. Und diese soll angeblich um ein vielfaches höher sein als in den USA vor der Immobilienkrise. Eine Krise in China ist m.E. daher alles andere als ausgeschlossen...
Wie immer eine sehr gut geschriebene Analyse mit qualitativen hochwertigen Inhalt.
Danke für Ihre wirklich sehr informativen und angenehm sachlichen Beiträge Herr Schmale, die geben immer wieder Orientierung und rücken manch verquertes Bild wieder gerade. Weiter so!