Kommentar
15:30 Uhr, 18.04.2019

Schulden über Schulden: China kann einfach nicht widerstehen

China nimmt wieder einen großen Schluck aus der Kreditpulle. Ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt?

In den vergangenen 12 Monaten wurden die Schulden kräftig aufgebläht. Der Anstieg war insbesondere im März mit über 400 Mrd. Dollar sehr hoch. Anleger haben das gefeiert, weil es auf zukünftig höheres Wachstum hindeutet. Es ist aber das alte und immer gleiche Rezept, welches auf Dauer nicht erfolgreich sein kann.

Ist eine Wirtschaft kaum verschuldet, kann man das Wachstum mit Kredit anschieben. Je höher die Verschuldung ist, desto mehr neuen Kredit braucht es für immer weniger zusätzliches Wachstum. Die Rechnung geht also nur bei geringer Verschuldung auf. China ist nun alles andere als gering verschuldet.

Der Gesamtschuldenberg beläuft sich inzwischen auf 300 % der Wirtschaftsleistung. Ungefähr ein Fünftel davon entfällt auf den Finanzsektor und 50 Prozentpunkte auf den Staat. Unternehmen und Haushalte so mit etwas mehr als 200 % der Wirtschaftsleistung verschuldet.

Diese letzte Kennzahl ist jene, die Schwierigkeiten verspricht. Eine übermäßige Verschuldung der Privatwirtschaft und Haushalte drückt langfristig das Wachstum. So führte die hohe Privatverschuldung in den USA 2008/09 zur Großen Rezession. Der Privatsektor musste sich entschulden.

Ein ähnliches Phänomen gab es in Japan nach dem Platzen der Blase Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre (Grafik 1). Die Entschuldung dauert bis heute an. In all diesen Jahren ist Japan nicht vom Fleck gekommen. Das liegt auch daran, dass die Bevölkerung schrumpft und im Durchschnitt immer älter wird.


In China ist das nicht anders. Die Ein-Kind-Politik hat das Bevölkerungswachstum einbrechen lassen. Selbst die Abschaffung dieser Politik führt nun nicht dazu, dass der Trend umkehrt. Wächst die Erwerbsbevölkerung nicht bzw. schrumpft sie, werden Schulden schnell zu einem Problem, da Wachstum und Inflation Mangelware werden.

Das erklärt bis zu einem gewissen Grad auch, weshalb die USA die Krise einigermaßen glimpflich überstanden haben. In China wird das nicht so einfach sein, wenn die Entschuldung erst einmal beginnt – und sie wird beginnen müssen.

Regierungen können sich weitaus länger verschulden als der Privatsektor. Von Unternehmen wird erwartet, dass sie ihre Schulden wieder tilgen. Vom Staat wird das zwar bis zu einem gewissen Grad auch erwartet, doch in Zeiten von Nullzinspolitik und QE lässt sich die Verschuldung für lange Zeit weiter nach oben schrauben. Japan ist auch hier ein gutes Beispiel. Während sich die Privatwirtschaft entschulden musste, erhöhte die Regierung die Verschuldung um 100 % der Wirtschaftsleistung.

Viele fürchten den Moment, wenn die chinesische Schuldenblase platzt. 2018 hat sich ein Plateau ausgebildet. Durch das wieder anziehende Kreditwachstum dürfte die Verschuldung in diesem Jahr jedoch wieder steigen. Irgendwann ist es genug und die Privatwirtschaft bekommt keinen zusätzlichen Kredit mehr. Dann beginnt ein langer Abschwung.

Ob es nach dem jetzt wieder begonnen Exzess soweit ist, bleibt abzuwarten. Es steht aber fest, dass es früher oder später so kommen wird. Die Konsolidierung wird lang und zäh. Es muss aber nicht unbedingt zur Katastrophe kommen. Dänemark hatte eine der höchsten Verschuldungsgrade der Welt (Grafik 2) und baut seit über 10 Jahren die Schulden ab.

In dieser Zeit war die Inflationsrate besonders niedrig. Wirtschaftlich war es aber kein Beinbruch. Die Arbeitslosenrate liegt bei weniger als 4 % und die Wirtschaft wächst. Nicht jeder Exzess muss in einer Katastrophe enden.

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5 Kommentare

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  • tradesequenz
    tradesequenz

    klar doch... Und dann kommen doch die Schulden auf die Tagesordnung und alles flüchtet aus Aktien, Immobilien... Wird sicherlich nicht so lustig im kommenden Jahr und danach

    11:46 Uhr, 21.04.2019
  • JürgneDax
    JürgneDax

    never fight the Donald

    21:53 Uhr, 18.04.2019
  • wizardmw
    wizardmw

    Schulden - wen interessierts. Sind die fällig gibst halt Neue und gleich noch ein Packen oben drauf.....

    16:20 Uhr, 18.04.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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