Kommentar
09:01 Uhr, 28.05.2019

Die Fed muss jetzt liefern!

Die US-Notenbank bestätigt immer wieder, dass die geduldig ist und es deswegen keinen Grund zur Sorge gibt. Geduld ist aber das falsche Signal.

Die US-Notenbank widersetzt sich beharrlich der Realität. Vor einigen Monaten reichte es noch, geduldig zu sein. Heute ist das nicht mehr genug. Noch Ende Dezember 2018 wollte die Notenbank die Zinsen in diesem Jahr 2-3 Mal erhöhen. Wegen der Marktturbulenzen ruderte sie zurück. Für Anleger war das ein Fest. Die Fed hat sich dem Druck gebeugt. Der Fed-Put schien noch zu existieren. Die Notenbank kann dem Druck der Börse nicht widerstehen. Nun gab es seitdem eine Rally und trotz der Spannungen zwischen den USA und China hält sich der Markt recht solide. Der Druck ist für die Fed zu gering, um ihren Kurs zu ändern.

Anleger wittern aber Probleme. Der Spread der 10-jährigen zu 3-monatigen Anleihen ist inzwischen wieder negativ (Grafik 1). Auch der Spread der 10- zu 2-jährigen Anleihen ist wieder im Sinkflug. Bemerkenswert ist zudem, dass das bisherige Tief nicht einmal Ende Dezember erreicht wurde, als die Börse in heller Aufregung war.


Das Tief kam später, als die Welt oberflächlich betrachtet schon wieder in Ordnung war. Vordergründig scheint alles ok zu sein. Hinter den Kulissen hat sich wenig verändert. Im Gegenteil sogar, die Aussichten für die US-Wirtschaft trüben sich weiter ein.

Anleger fordern daher eine Zinssenkung. Die eingepreiste Wahrscheinlichkeit liegt bis Jahresende bei knapp 80 % und bis Anfang Januar 2020 bei fast 85 % (Grafik 2). Der Markt fordert eine Zinssenkung, doch das einzige, was die Fed zu bieten hat, ist Geduld.


Sie will bis Ende des Jahres abwarten und dann sehen, was sie tut. Das ist zu langsam. Für das laufende Quartal liegt die Schätzung für das Wirtschaftswachstum bei weniger als 2 %. Dabei sind die Analystenschätzungen notorisch langsam. Das Echtzeitmodell der Notenbank geht von weniger als 1,3 % aus.

Rechts und links zeigen Frühindikatoren, dass es bergab geht. Die Einkaufsmanagerindizes liegen nur noch Millimeter über der Expansionsgrenze von 50 Punkten. Anstatt präventiv die Zinsen zu senken, übt sich die Notenbank in Geduld. Das ist genau das, was sie immer getan hat.

Die Notenbank agiert nicht vorausschauend. Sie reagiert auf Daten, die mehr die Vergangenheit als die Zukunft beschreiben. Daher wird es auch dieses Mal so kommen wie es kommen muss: die Fed reagiert zu spät und senkt die Zinsen erst, wenn die Wirtschaft bereits in der Misere steckt.

Einige Marktteilnehmer fordern, die Fed solle die Zinsen vorsorglich senken, quasi als Versicherung. Das wäre vernünftig. Man erinnere sich an die Bank of England, die direkt nach dem Brexit-Referendum die Zinsen senkte und QE auflegte. Im Nachhinein wäre das wohl gar nicht notwendig gewesen. Wenn es jedoch um Zerreißproben geht, ist Vorsicht besser als Nachsicht. Und eine Zerreißprobe haben die USA mit China.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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