Kommentar
07:48 Uhr, 28.10.2016

Sachwerte: Die Jahrhundertchance?

Sachwerte sind so günstig wie seit mindestens 100 Jahren nicht mehr, meint die Bank of America. Was ist da dran und soll man jetzt Sachwerte kaufen?

Geht es nach der Bank of America Merrill Lynch, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um im ganz großen Stil in Sachwerte zu investieren. Zu Sachwerten gehört alles, was sich angreifen lässt, also Immobilien, Industrierohstoffe, Edelmetalle, Edelsteine und Sammlerwerte.

Den Sachwerten stehen Finanzanlagen gegenüber. Dies sind vor allem Aktien und Anleihen. Vergleicht man, wie sich Sachwerte gegenüber Finanzanlagen geschlagen haben, dann erkennt man schnell, dass Sachwerte weniger stark gestiegen sind als Finanzanlagen.

Dieser Umstand wird in der Grafik dargestellt. Je niedriger die relative Bewertung ist (schwarze Linie), desto attraktiver sind Sachwerte. Der Verlauf ist eindeutig. Die große Zeit der Sachwerte war einmal (in den 80er Jahren). Seit 35 Jahren haben Sachwerte eine schlechterer Performance gezeigt als Finanzanlagen.

Der Index zeigt derzeit an, dass Sachwerte im Vergleich zu den letzten 35 Jahren günstig bewertet sind. Im Vergleich zu den letzten 200 Jahren trifft dies nicht zu. Sachwerte waren lange Zeit deutlich günstiger bewertet als Finanzanlagen.

Die Bank of America (BofA) sieht das ein wenig anders. Der BofA Index zeigt aktuell das günstigste Niveau der letzten 100 Jahre an. Die Divergenz in der Einschätzung der BofA und meiner Einschätzung kommt vermutlich aus unterschiedlichen Indexgewichten. Gewichtet man unter den Finanzanlagen Anleihen besonders stark, dann kommt man zu Ergebnissen, wie sie die BofA erhält. Anleihen sind durch die rekordtiefen Zinsen derzeit extrem hoch bewertet.

Eine Übergewichtung von Anleihen mag Sinn machen, doch dabei kommt es möglicherweise zu einer Verfälschung. Niedrige Zinsen helfen nicht nur Anleihen, sondern auch einigen Sachwerten, insbesondere Immobilien. Immobilien sind zwar ein greifbarer Wert, doch vom Wesen her sind sie Anleihen ähnlich. Sie werfen ein regelmäßiges Einkommen ab, welches vergleichbar ist mit den Zinszahlungen von Anleihen. Immobilien sind daher aktuell relativ hoch bewertet. In einigen Ländern wie in Deutschland kann man in einigen Regionen zweifelsohne von einer Übertreibung sprechen.
Rohstoffe wiederum sind derzeit unzweifelhaft niedrig bewertet. Im Vergleich zu den letzten Jahren sind viele Rohstoffe wahre Schnäppchen. Vergleicht man Rohstoffpreise in einem längeren Zeitrahmen, dann sind sie aktuell weder hoch, noch historisch niedrig bewertet. Ich habe daher so meine Zweifel daran, dass man wirklich von einer Jahrhundertchance sprechen kann.

In der Relation sind Sachwerte derzeit dennoch attraktiver als Finanzanlagen. Dies gilt nicht für jeden Sachwert automatisch in gleichem Ausmaß. Insgesamt sollten Sachwerte in den kommenden Jahren jedoch die Chance auf eine Outperformance haben. Das Szenario steht und fällt mit einem Faktor: Inflation.

In der Grafik ist gut zu erkennen, dass Sachwerte bei hoher Inflation outperformen. Sie sind ein Inflationsschutz. Dieser Zusammenhang gilt seit Jahrhunderten. Die Gretchenfrage ist demnach: Kommt die Inflation?

Viele halten es für praktisch unmöglich, dass wir jemals wieder Inflation sehen werden. Es gibt viele Gründe, weshalb die Inflationsrate nicht durch die Decken gehen wird. In vielen Teilen der Welt gibt es immer noch Überkapazitäten (z.B. China) und die Nachfrage erholt sich nur langsam (Europa). Gleichzeitig überaltert die Bevölkerung (Europa, Japan), was automatisch zu langsameren Nachfragewachstum führt.

Auf Sicht mehrerer Jahre haben Rohstoffe wohl das größte Aufholpotential. Immobilienpreise dürften bei einem Zinsanstieg zunächst einmal nicht mehr steigen – Inflation hin oder her. Anleihen sind vermutlich die größten Verlierer. Aktien leiden kurzfristig unter einem Inflationsanstieg, können diese temporäre Underperformance jedoch meist mit einigen Jahren Verzögerung wieder wettmachen.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • Globesurfer
    Globesurfer

    Ich finde Weizen ganz Interessant und wer auf die naechste Uebertreibung oder Duerre warten kann der kann hier gut Geld machen...

    01:34 Uhr, 29.10.2016
  • 280a
    280a

    Aktien sind auch Sachwerte. Wenn mir auch nur eine Türklinke bei Henkel gehört, aber wenn der Euro und die EU längst tot sind, gehört sie mir immer noch mir ;-)

    21:50 Uhr, 28.10.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Na, Decke ist ein schwammiger Begriff.... es gibt große und kleine.

    11:25 Uhr, 28.10.2016
  • netzadler
    netzadler

    Immobilien mit Sicherheit nicht.

    Unbeweglichkeit ist ein eklatanter Nachteil, nahezu unverzeihlich. Das sagt bloß keiner offen. Arbeit und Wertschöpfung werden durch die Digitalisierung extrem mobil, dass einem schwindlig wird.

    hohe Liquidität gibt es da, wo Wachstum ist. insofern sind Immobilien genauso ein zock wie Aktien.

    11:02 Uhr, 28.10.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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