Kommentar
11:07 Uhr, 06.03.2008

Rohstoffpreise: Ein Rekord jagt den Nächsten

Es ist mehr als bemerkenswert, wie stark sich die Rohstoffpreise in dem derzeitigen konjunkturellen und Finanzmarktumfeld entwickeln. Die meisten Rohstoffnotierungen haben sich im vergangenen Monat mit zweistelligen Zuwachsraten nach oben bewegt, obwohl die Wahrscheinlichkeit für eine US-Rezession und damit für eine merkliche globale Konjunkturabschwächung im Februar zumindest nicht abgenommen hat. Stagflationsängste, ein schwacher US-Dollar, eine anhaltend hohe Volatilität und die Unsicherheit an den Finanzmärkten sorgen weiterhin dafür, dass Rohstoffe derzeit hoch im Kurs stehen.

Energie: Es sprechen immer mehr Faktoren dafür, dass die von uns bislang erwartete scharfe Abwärtskorrektur der Energiepreise nicht eintreffen wird. Die ungebrochene Nachfragedynamik aus den Schwellenländern ist offensichtlich in der Lage, die sich abschwächende Nachfrage aus den Industrieländern überzukompensieren.

Edelmetalle: Gold und Platin erreichen abermals neue Rekordniveaus. Aber auch Preissteigerungen von rund 30 % in einem Monat wie bei Palladium, einem Substitut zum teuren Platin, können sich sehen lassen.

Grundmetalle: Produktionseinschränkungen wie die Energieknappheit in China bescheren Kupfer und Aluminium starke Preisanstiege. Nickel und Zink spüren nach einer Korrektur wieder Rückenwind.

Ölpreis beißt sich in der Region dreistelliger Niveaus fest

1. Aktuelles: Anfang März erreichte der Preis für die Rohölsorte WTI mit knapp 105 US-Dollar ein erneutes Rekordniveau. Die Sorge, dass die OPEC-Länder bei ihrem Märztreffen die Förderquoten senken könnten sowie anhaltende Spannungen in Nigeria und Venezuela waren einige der schlechten Nachrichten, die für Rohölpreisanstiege sorgten. Zugleich werden die Spekulanten bullischer und bauen ihre Netto- Long-Positionierung aus.

2. Fundamentale Faktoren: Am 5. März beließen die OPEC-Länder ihre Förderquoten unverändert, auch wenn im Vorfeld des Treffens zum Teil von Förderquotensenkungen die Rede war. Bei Rohölpreisen nahe dem dreistelligen Bereich wäre eine Reduzierung des Rohölangebots unseres Erachtens auch nicht angebracht gewesen. Zwar schwächt sich die Rohölnachfrage aus den Industrieländern derzeit aufgrund der sich abkühlenden Konjunktur merklich ab. Doch die Nachfragedynamik aus den Schwellenländern, allen voran aus China, ist ungebrochen. Im Januar legten die Rohöl-Nettoimporte Chinas um mehr als 11 % im Vergleich zum Vormonat zu. Dies entspricht einem Zuwachs im Vergleich zum Januar 2007 von mehr als 58 %. Aber auch die Importe von raffinierten Ölprodukten nahmen im Januar kräftig zu, nachdem die Volksrepublik, die knapp 10 % des weltweiten Rohöls verbraucht, zu Jahresbeginn mit massiver Strom- und Dieselknappheit zu kämpfen hatte. Die Nachfragedynamik aus China darf als wichtiger Erklärungsfaktor für die Ölpreisentwicklung vor dem Hintergrund der US-Rezessionsängste nicht vernachlässigt werden. Es sprechen mehr und mehr Faktoren dafür, dass ein dreistelliger Rohölpreis keine Ausnahmeerscheinung bleibt.

3. Unsere Meinung: Die von uns bislang erwartete scharfe Abwärtskorrektur des Ölpreises auf unter 80 US-Dollar erscheint vor dem Hintergrund der neuesten Daten und Entwicklungen immer unwahrscheinlicher. Wir rechnen nunmehr mit einem merklich schwächeren Ölpreisrückgang und daher mit nachhaltig höheren Ölpreisniveaus als bislang von uns prognostiziert.

Goldpreis abermals mit Allzeithoch

1. Aktuelles: Eine Kombination aus verschiedenen Faktoren ist derzeit ein fruchtbarer Nährboden für hohe Goldpreise. Zwischenzeitlich lag der Preis für eine Feinunze sogar über 990 US-Dollar. Rezessionsängste bezüglich der US-Wirtschaft in Verbindung mit Inflationssorgen – Stichwort Stagflation – lassen Gold mit seiner Eigenschaft als sicherer Anlagehafen hoch im Kurs stehen. Hinzu kommen der schwache US-Dollar, die anhaltend große Unsicherheit an den Finanzmärkten und der Rekordoptimismus der Spekulanten.

2. Fundamentale Faktoren: Mit fundamentalen Faktoren lassen sich die hohen Goldpreise nicht erklären. Das vierte Quartal 2007 brachte weltweit einen deutlichen Rückgang sowohl des Goldangebots als auch der Goldnachfrage. Auf der Angebotsseite sank die Minenproduktion im Vergleich zum Vorquartal um 2 %, und die offiziellen Zentralbankverkäufe lagen ebenfalls deutlich unter den Niveaus aus dem dritten Quartal. Die globale Nachfrage brach im selben Zeitraum sogar um 22 % ein. Dieser Rückgang erstreckte sich über die komplette Bandbreite der Nachfrage. Die Schmucknachfragekomponente reagierte auf das hohe Preisniveau und sank weltweit um 19 % im Vergleich zum dritten Quartal. Ebenfalls deutlich sank die Nachfrage für ETFs und andere Formen der Finanzanlage um 44 %. Wir sehen auch für das Jahr 2008 keine nennenswerte Verschärfung der Knappheitsverhältnisse am Goldmarkt. Im Jahresdurchschnitt dürften die Nachfrage sowie das Angebot leicht rückläufig sein. Bei Gold werden auch in den kommenden Quartalen andere Faktoren als die Fundamentaldaten richtungsweisend für die Preisentwicklung sein.

3. Unsere Meinung: Solange die Krisenängste für die Weltwirtschaft und die große Unsicherheit an den Finanzmärkten anhält, bleibt Gold für Anleger attraktiv und diese Nachfrage sorgt für hohe Goldpreise. In der zweiten Jahreshälfte jedoch rechnen wir mit einer Beruhigung der Krise, mit wieder anziehender Dynamik der Weltkonjunktur und einem stärkeren US-Dollar. Das dürfte den Goldpreis auf unter 800 US-Dollar pro Feinunze drücken.

Kupfer auf Kurs in Richtung Rekordniveau

1. Aktuelles: Nach einer Konsolidierungsphase im vierten Quartal 2007 folgt der Kupferpreis seit Jahresanfang 2008 einem ausgeprägten Aufwärtstrend. Zum einen legten die Kupferspekulanten ihre Skepsis ab und wetten das erste Mal seit Mitte Oktober 2007 wieder in der Mehrheit auf steigende Preise. Dies stützt in der Tendenz den Kupferpreis. Zu diesem Stimmungswechsel konnten auch die Produktionsausfälle in chinesischen und südafrikanischen Kupferminen aufgrund von Stromknappheit beigetragen haben.

2. Fundamentale Faktoren: Seit Anfang des Jahres sieht man auch einen Abbau der Lagerbestände von Kupfer an den großen Handelsplätzen London, Shanghai und New York, was von einer zunehmenden Knappheit, also einer Einengung des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage zeugt. Insgesamt ist das Niveau der Kupfervorräte als niedrig einzustufen. Noch vor wenigen Jahren lag das Niveau der Lagerbestände um ein Vielfaches höher. Die starke chinesische Nachfrage ist ein Grund für die Verknappung am Kupfermarkt, denn China stellt einen bedeutenden Teil der weltweiten Kupfernachfrage dar. Seit Mai 2007 bewegen sich die chinesischen Nettoimporte von Kupfer im Bereich von 150 Tausend Tonnen pro Monat. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Konsum in dieser Zeit von 750 Tausend Tonnen entspricht dies einem Importanteil von derzeit 20 %, Tendenz steigend. Somit bleibt die starke chinesische Nachfrage ein Preistreiber für den Weltkupfermarkt. Unseren Berechnungen zufolge ließ im Durchschnitt der vergangenen Dekade ein Anstieg der chinesischen Nettoimporte von Kupfer um 10 % den Weltmarktpreis um 2,8 % ansteigen.

3. Unsere Meinung: Wir setzten auf eine Fortsetzung der nachhaltigen Preisanstiege bei Kupfer. Von der fundamentalen Seite deutet sich eine weitere Einengung des Kupfermarktes an. Es bestehen erhebliche Ausfallrisiken auf der Produktionsseite, während die Nachfrage vor allem aus den Schwellenländern mit ungebrochener Dynamik voranschreitet. Hinzu kommt der wiedererlangte Optimismus der Kupferspekulanten.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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