Kommentar
11:05 Uhr, 14.03.2016

Rohstoffe: Alle im Rallymodus... bis auf einen

In den letzten Wochen gab es kaum einen Rohstoff, der nicht mindestens zwischen 15% und 30% ansteigen konnte. Von Öl über Kupfer bis hin zu Silber und Blei. Nur ein Rohstoff wiedersetzt sich diesem Trend und verlor eine fast ein Drittel an Wert. Daran ändert auch der kleine Rebound in dieser Woche nichts.

Das Überangebot auf den Rohstoffmärkten wird anhand des Ölpreises exzessiv diskutiert. Es gilt jedoch nicht nur für Öl, Kohle oder Kupfer, sondern auch für Erdgas. Erdgas konnte vom Rebound der letzten Wochen nicht profitierten und markierte fast täglich neue Tiefs. Grafik 1 zeigt den US-Erdgaspreis sowie die Produktionsmenge und den Lagerbestand. Rohstoffe-Alle-im-Rallymodus-bis-auf-einen-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-1
Die US-Erdgasproduktion ist heute 50 % höher als noch vor wenigen Jahren. Dieser Anstieg ist vergleichbar mit dem Anstieg der Ölproduktion. Im Gegensatz zum Ölmarkt hat der Gasmarkt jedoch einen erheblichen Nachteil. Die USA können ihren Bedarf an Erdgas decken. Beim Öl ist das anders. Hier muss das Land trotz der Rekordproduktion nach wie vor 6 Mio. Barrel pro Tag importieren.
Die steigende Gasproduktion führt zu einer Situation, in der die USA mehr Gas fördern als sie verbrauchen. Beim Anstieg der Ölproduktion konnte das Land einfach die Importe reduzieren, um die höheren Produktionsmengen abzuschöpfen. Bei Gas ist das anders und die Exportmöglichkeiten sind begrenzt. Erdgas kann über LNG (Liquified Natural Gas – verflüssigtes Gas) Schiffe transportiert werden, doch die Exportkapazitäten sind begrenzt. Es fehlt an Infrastruktur. Der US Markt ist überversorgt. Erschwerend kommt ein milder Winter hinzu. Grafik 2 zeigt den Lagerbestand, der in sich großen Wellen auf und ab bewegt. Der Lagerbestand wird im Winter reduziert, da Gas zum Heizen verwendet wird. Zwischen September und März sinkt der Lagerbestand daher. Von Ende März bis September sRohstoffe-Alle-im-Rallymodus-bis-auf-einen-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2teigt er wieder.

Jetzt, am Ende der großen Heizperiode, ist der Lagerbestand so hoch wie noch nie am Ende eines Winters. Kommt nicht noch plötzlich eine Kaltfront, ändert sich daran auch nichts mehr. Der Preis von Erdgas spiegelt das wider. Er fiel in den vergangenen Wochen auf immer neue Tiefs und ist aktuell so niedrig wie seit 17 Jahren nicht mehr. Das muss noch lange nicht der Boden sein. Inzwischen gibt es einige Analysten, die neue Allzeittiefs für möglich halten. Es gibt sogar die vage Vermutung, dass der Preis sogar kurzzeitig auf null fallen könnte. Diese Idee – ein Preis von null – ist äquivalent zu der Idee, dass auch der Ölpreis auf null bzw. sogar in negative Bereiche fallen könnte.

Der Hintergedanke ist relativ einfach beschrieben. Wenn die Förderung nicht zurückgeht und die Nachfrage übersteigt, dann muss die Überproduktion gelagert werden. Was aber, wenn die Lager voll sind?
Sind die Lager voll, während nach wie vor neues Öl oder Gas auf den Markt kommt, dann müssen Produzenten mit dem Rohstoff trotzdem irgendwohin. Produzenten würden versuchen ihre Produktion abzusetzen, koste es, was es wolle. Um vor anderen Unternehmen den Vorzug zu erhalten, würden immer niedrigere Preise verlangt. Im Ernstfall könnten Produzenten draufzahlen, um ihre Überproduktion loszuschlagen.
Die US-Öllager sind aktuell zu gut 80 % gefüllt. Sie könnten bis Jahresende randvoll sein. Bei Erdgas ist die Situation noch dramatischer. Grafik 2 zeigt die Auslastung der Lager. Bis September dürfte die Auslastung auf knapp 95 % steigen.
Eine Auslastung von 95 % bedeutet, dass noch 5 % Kapazität frei sind. Es kommt jedoch auch darauf an, wo sich die freie Kapazität befindet. Für einen Produzenten kann es billiger sein Gas zu verschenken als es ans andere Ende des Landes zu transportieren, um es dort zu lagern.Im Prinzip haben Öl und Gas nach wie vor das gleiche Problem. Finden Angebot und Nachfrage nicht schnell wieder ein Gleichgewicht, dann sind die Lager voll und es kommt temporär zu absurden Preisen. Im Gegensatz zu Öl können Gasproduzenten kaum ausweichen. Öl lässt sich noch auf Tankern lagern. Öltanker gibt es viele. Bei Gas sieht das anders aus. Auch hier gibt es Tanker, allerdings sind diese gut ausgelastet und die Anzahl der Schiffe ist stark begrenzt.
Persönlich sehe ich noch keinen Anlass für Panik. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich der Gaspreis über null halten wird. Dennoch: Nur weil Öl einen Rebound zeigt, sollte man nicht automatisch davon ausgehen, dass der Gaspreis folgen wird. Die Märkte sollte man unbedingt getrennt betrachten. Das erspart Anlegern möglicherweise hohe Verluste, indem sie nicht aufs falsche Pferd setzen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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