Rohöl: Bringt das Krisentreffen in Dschidda Entlastung?
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1. Es geht weiter bergab mit den Ölvorräten in den USA. Die Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche um 1,2 Mio. Barrels zum fünften Mal in Folge zurückgegangen (Bloomberg-Median: -1,75 Mio. Barrels). Eine erneute Erhöhung der Kapazitätsauslastung der Ölraffinerien auf 89,3 % dürfte hierzu beigetragen haben. In einer 24. Kalenderwoche waren die US-Ölvorräte zuletzt im Jahr 2003 so niedrig wie dieses Jahr. Die Benzinvorräte wurden in der vergangenen Woche ebenfalls um 1,2 Mio. Barrels abgebaut, während die Märkte hier mit einem Aufbau gerechnet hatten (Bloomberg-Median: 0,85 Mio. Barrels). Dem saisonüblichen Muster folgend wurden schließlich die Heizöl- und Dieselvorräte um 2,6 Mio. Barrels aufgestockt (Bloomberg-Median: 1,8 Mio. Barrels).
2. In den vergangenen Tagen wies der Ölpreis erneut starke Schwankungen auf. In der Spitze kostete ein Fass der Sorte WTI 139,89 US-Dollar. Für eine anschließende leichte Entspannung sorgte die Ankündigung Saudi- Arabiens einer Produktionserhöhung im Juli in der Größenordnung von 250 Tausend Barrels pro Tag. Bereits seit einigen Monaten fördert Saudi-Arabien mehr Rohöl als seine offizielle Förderquote festlegt. Hiermit und auch mit der Initiierung eines Treffens von Rohölproduzenten und wichtigen Konsumentenländern am 22. Juni in Dschidda demonstriert Saudi-Arabien seine Besorgnis über das hohe Ölpreisniveau, die einige der OPEC-Kartellmitglieder jedoch nicht teilen. Das Ziel des Treffens am kommenden Sonntag ist eine Diskussion über die Stabilisierung des Ölmarktes. Wir erwarten dennoch keinen nachhaltigen Ölpreisrückgang im Anschluss an das Treffen, da (1) die physische Ölverknappung nicht die Ursache für den starken Preisanstieg der vergangenen Monate war und (2) selbst eine leichte Anhebung der Fördermengen nicht ausreichen würde, um den Ölmarkt langfristig spürbar zu entlasten. Dennoch dürfte das Treffen ein positives psychologisches Signal an die Ölmärkte aussenden. Nach wie vor ist der Ölmarkt aber fundamental eng. Die chinesischen Nettoimporte von Rohöl sind im Mai stark angestiegen (29 % im Vergleich zum Vorjahresmonat). So viel Rohöl wie im Mai importierte China bislang nur einmal, im März dieses Jahres.
3. Die Daten aus dem vor kurzem veröffentlichten Jahresenergiebericht von BP bestätigen ebenfalls die These der Überschussnachfrage am Rohölmarkt. Im Gesamtjahr 2007 stieg die globale Nachfrage um 1,2 %, während das weltweite Rohölangebot mit -0,2 % sogar geschrumpft ist. Der Rückgang kam vor allem durch die Förderquotenreduktionen der OPEC-Länder. Somit stieg die Nachfrage am Weltrohölmarkt im dritten Jahr in Folge schneller als das Angebot. Dies ist die Hauptursache für den Aufwärtstrend des Ölpreises, der auch in den kommenden Jahren anhalten dürfte. Zugleich betont der Bericht, dass die ursächlichen Probleme bei der Ölförderung nicht unter der Erde, sondern oberhalb liegen. Privaten Unternehmen wird der Zugang zu Ressourcen nur beschränkt gewährt aufgrund von politischen Faktoren, hohen Eintrittsbarrieren oder hohen Steuern. BP betont, die Angebotsprobleme seien politischer und nicht geologischer Natur. Wenngleich diese These richtig ist, darf langfristig nicht vernachlässigt werden, dass höhere Förderkosten durch den erschwerten geologischen Zugang von Rohölreserven ebenfalls ein wichtiger Preistreiber sind.
4. Die Netto-Long-Positionierung der Rohölspekulanten ist in der vergangenen Woche leicht zurückgegangen und liegt auf einem so niedrigen Niveau wie zuletzt Ende August 2007. Die Netto- Long-Positionierung ist mit einem Anteil von 2 % an den offenen Kontrakten als niedrig anzusehen. Zugleich testet der Rohölpreis immer neue Höchstmarken aus, sodass man sich ernsthaft die Frage stellen muss, wie stark der Einfluss dieser von der CFTC (der US-Aufsichtsbehörde für den Warenterminmarkt) ermittelten Zeitreihe für den Ölpreis ist. Dass ein Zusammenhang derzeit nicht offenkundig ist, dürfte an der Art der Einteilung der Marktteilnehmer in das Lager der Spekulanten und in das Lager der kommerziellen Händler liegen. Aus CFTC-Quellen ist ersichtlich, dass die Einteilung bei Hedgefonds zwar nicht ganz klar ist, sodass Hedgefonds wohl in beiden Gruppen zu finden sein dürften. Doch gerade Rohstoffinvestmentfonds und Rohstoffinvestments von Pensionsfonds und Versicherungen werden nicht dem Lager der Spekulanten zugeordnet. Aber gerade in diesen Bereichen erhöhten sich die Investitionsvolumina in Rohstoffe stark. Daher hat die Spekulationsreihe der CFTC im jetzigen Marktumfeld eine nur äußerst eingeschränkte Aussagekraft über den Einfluss von nicht physisch orientierten Investments am Rohölmarkt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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