Kommentar
08:41 Uhr, 10.06.2013

Robotik: Neues Zeitalter?

Roboter üben eine hohe Faszination aus. Kaum ein Science Fiction Film kommt ohne sie aus. Das ist kein Wunder, denn Roboter können alles. Sie sind oft der bessere Mensch: schneller, stärker, intelligenter, rationaler, furchtloser. Von diesem Bild ist die Realität noch weit entfernt. Vor kurzem galt die Fähigkeit eines Roboters, die Hand eines Menschen zu schütteln noch als Sensation. Bei diesen Realitäten muss man sich keine ernsthaften Sorgen machen, Roboter könnten in naher Zukunft Menschen ersetzen und dabei alles besser machen. Humanoide Roboter sind ein sehr kleines Segment, welches von Unternehmen noch mehr aus Prestigegründen geführt wird denn aus hoher Nützlichkeit und Gewinnperspektiven. Dieser Zweig der Robotik ist noch klein und unbedeutend. Die Geldquellen für Unternehmen und Anleger liegen ganz woanders.

Das Wachstum beginnt erst

Industrielle Roboter gibt es seit vielen Jahren. Dieses Segment wächst zwar noch, zeigt aber viele Merkmale einer gesättigten Industrie. Zwischen 2010 und 2035 wird lediglich mit einem Wachstum von 3% pro Jahr gerechnet. Bereits vor dem drastischen Wirtschaftseinbruch 2008/09 verlor der Markt an fahrt. In den USA wurde erst 2011 wieder das vorherige Rekordniveau aus 2005 erreicht. Seit 2009 ist das jährliche Wachstum beachtlich. In absoluten Zahlen ist der Gesamtwert der in den USA installierten Industrieroboter aber bescheiden. Der Umsatz lag 2012 gerade einmal bei 1,5 Milliarden Dollar (inklusive Software, Service etc. liegt die Marktgröße bei einem Vielfachen). Es wurden 30.000 Einheiten verkauft. Damit stieg der Gesamtbestand an Robotern auf 240.000. Die Entwicklung der Gesamtzahl der Roboter zeigt einen stabilen Trend. Daher kommt auch die Vermutung, dass sich der Markt in den nächsten Jahren moderat weiterentwickeln wird. Eine Beschleunigung oder Verlangsamung des Trends ist nicht zu erkennen. Das ist eigentlich interessant, denn die International Federation of Robotics geht davon aus, dass die Marktdurchdringung in den USA erst bei 10% liegt, in Europa ebenfalls bei ca. 10% und in Japan und Korea bei ca. 20%. Potential für Wachstum gäbe es noch genug.

Der Blick auf den Weltmarkt für Roboter zeigt ein spannendes Bild. Es besteht ein gewisser Konsens darüber, dass der Markt für Industrieroboter nur langsam wächst. Daher sollten sich hier auch Anleger mit einem Investment zurückhalten, wenn sie hohe Erträge erwarten. Andere Bereiche hingegen legen gerade jetzt erst so richtig los: das Segment von Serviceroboter bzw. Roboter für den privaten Gebrauch. Der Markt könnte in den kommenden drei Jahren von derzeit 1,6 Milliarden auf 6,5 Milliarden ansteigen. Die optimistischste Prognose bis 2015 ist in den orangenen Balken abgebildet (rechte Skala). Hier wird ein Anstieg auf 18 Milliarden bis 2015 ausgegangen. Das halte ich persönlich für etwas zu optimistisch.

Im medizinischen Bereich sind in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte erzielt worden. Hier stehen einige Entwicklungen kurz vor der Marktreife. Die Erwartung, dass mit der Einführung neuer Modelle der Markt in Fahrt kommt, ist nicht unbegründet. Ein Unternehmen, Intuitive Surgical, ist seit längerem erfolgreich tätig und weist eine beeindruckende Erfolgsgeschichte vor. Man kann von ähnlichen Entwicklungen bei Mitbewerbern ausgehen. Der Gesamtmarkt könnte bis 2020 auf über 4 Milliarden wachsen. Es ist sogar vorstellbar, dass sich das Wachstum danach noch beschleunigt, denn noch haben sich Roboter für z.B. Operationen noch nicht überall durchgesetzt. Das liegt an den technischen Möglichkeiten, aber auch an der Akzeptanz.

Weitere Segmente, in denen Roboter viel leisten können, gibt es einige. Im Vergleich zu privaten, medizinischen und industriellen Robotern ist die absolute Größe dieser Segmente aber sehr bescheiden. Zwar wird erwartet, dass sich der Markt für Roboter z.B. in der Landwirtschaft im nächsten Jahrzehnt verdreifacht, doch der Absolutbetrag liegt damit noch immer unter einer Milliarde Dollar.

Der Markt für private Serviceroboter sieht derzeit am vielversprechendsten aus. Bekannt sind diese Roboter vor allem als Staubsauger. iRobot ist der bekannteste Hersteller. Das Modell Roomba ist schon seit vielen Jahren erhältlich. Persönlich habe ich diese Staubsauger immer eher als lustige Spielerei gesehen denn als nützliches Haushaltsgerät. Damit stehe ich sicherlich nicht allein da. Die Marktzahlen zeigen allerdings ein anderes Bild. In den USA wächst der Markt momentan nur moderat, was an der noch immer vorhandenen Konsumzurückhaltung liegt. Dennoch liegt das Wachstum zwischen 7 und 10%. In Europa sind Roomba und Co. erst in jüngerer Vergangenheit salonfähig geworden. Trotz Wirtschaftskrise wächst der Markt kräftig. Von 2007 bis 2011 hat sich der Markt verzehnfacht. Bis 2017 ist nochmals eine Verdopplung möglich. 2012 dürfte der weltweite Roboterstaubsaugermarkt die Milliardengrenze überschritten haben. Für eine technische Spielerei ist das sehr viel – eigentlich zu viel.

Wie sich immer mehr herausstellt sind solche Gadgets auch durchaus mehr als Spielereien. Sie können viel der Haushaltsarbeit übernehmen. Während man arbeitet, können die Geräte staubsaugen, wischen, den Rasen mähen und den Pool reinigen. In den kommenden Jahren werden mehr und mehr Funktionen hinzukommen. Der Wert solcher Lösungen ist vergleichsweise hoch. Die Anfangsinvestition muss zwar zunächst getätigt werden und die Roboter kosten mehr als herkömmliche Geräte; über die Lebenszeit einer solchen Haushaltshilfe kann jedoch gespart werden. Der Nutzen liegt vor allem in der Zeitersparnis. Die Zeit, die mit Haushaltsarbeit verbracht wird, kann sich mühelos halbieren oder dritteln. Die Wahl zwischen Putzen und Freizeit dürfte den wenigsten schwer fallen. Ebenso kann der Einsatz von Reinigungskräften erheblich reduziert werden. Das gilt nicht nur für die Privathaushaltshilfen, sondern auch für Unternehmen. Viele Tätigkeiten, die heute noch von Menschen gemacht werden, können durch Roboter ersetzt werden. Dazu gehören nicht nur Reinigung, sondern auch kleinere Reparaturen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieses Segment das hohe Potential auch realisieren wird. Die Kosten für diese Art der Roboter sinken und die Adaption ist in vollem Gange. Sie sind praktisch, ersparen langfristig Zeit und Geld. Ich kann mir vorstellen, dass in einigen Jahren sehr viele Haushalte auf diese Geräte zurückgreifen. Vergleichbar ist das mit Wasch- und Spülmaschinen. Sie sind gar nicht mehr wegzudenken. Ähnliches kann für den Haushaltsroboter gelten.

Anlagemöglichkeiten

Das Segment für industrielle Roboter ist sehr zyklisch. Die folgende Grafik zeigt die Gewinnentwicklung einzelner Segmente. Bei Industrierobotern ist der Einbruch 2009 schön zu sehen. Zu beachten ist, dass es sich nicht um den Gesamtmarkt handelt, sondern um einen nicht notwendigerweise repräsentativen Ausschnitt aus dem Gesamtmarkt. Unter dem Segment Industrie wurden die Unternehmen FANUC, KUKA, Yaskawa, Welltec und Fuji Soft zusammengefasst. Sie bilden geografisch und nach Anwendungen den industriellen Markt ganz gut ab. In dem Segment Verbraucher sind die Unternehmen iRobot, Parrot, Compal Communication und TOMY zusammengefasst. Der Markt ist mit guten Margen profitabel und etwas weniger zyklisch als das Industriesegment. Besonders sticht die Anwendung für Medizin hervor. Das Wachstum in diesen Bereich erscheint sehr rasant. Abgebildet sind Intuitive Surgical, Titan Medical, Mako Surgical und Mazor Robotics. Der Schein trügt hier ein wenig. Der gesamte Gewinn im medizinischen Segment kommt von Intuitive Surgical, während alle anderen Unternehmen unprofitabel sind. Das bedarf einer kurzen Erklärung: Intuitive Surgical ist seit Jahren mit mehreren Modellen erfolgreich auf dem Markt vertreten. Die Mitbewerber sind noch nicht soweit. Hier wird noch etwas Zeit vergehen bis sie ihre Roboter überhaupt auf den Markt bringen können.

Die drei Bereiche lassen sich gut in Trendphasen einteilen: das Industriesegment bedient einen vergleichsweise reifen Markt. Für Anleger ist die Zeit exorbitanter Kurssteigerungen vorbei. Die Branche lässt zwar überdurchschnittliches Wachstum erwarten, allerdings müssen Anleger je nach Unternehmen differenzieren. Die Branche als solche kann nicht blind gekauft werden. Die Roboter sind aus der Industrie gar nicht mehr wegzudenken. Die Verkäufe sind allerdings stark von der konjunkturellen Entwicklung abhängig. Aus hohen Gewinnen werden schnell auch sehr hohe Verluste. Für die Branche bieten sich vor allem antizyklische Gelegenheiten. Im konjunkturellen Abschwung verlieren die Aktien überproportional, gewinnen im Aufschwung aber auch überdurchschnittlich. Für Anleger kommen derzeit vor allem die zwei japanischen Unternehmen Yaskawa und Fuji Soft infrage. Diese sind nach oben ausgebrochen und sollten auch weiterhin vom „Japaneffekt“ der Notenbankpolitik profitieren.

Im Verbrauchersegment war der große Hype 2004-2006. Mit der Krise beginnend 2008 trat die Ernüchterung ein. Die Aktien verloren überproportional zwischen 75 und 90%. Bei den meisten Werten hält die Ernüchterung noch an. Am aussichtsreichsten ist iRobot. Das Unternehmen ist mit einem KGV von 30 nicht ganz billig, die Chancen auf hohes Wachstum stehen aber gut. iRobot ist zwar vor allem für Roomba bekannt, hat darüber hinaus allerdings noch viel mehr zu bieten. Zudem gelang der Aktie Anfang April der Ausbruch aus einem Abwärtstrend. Der Anstieg ist sehr steil. Mit Rücksetzern muss gerechnet werden. Insgesamt hat die Aktie aber noch bequem 30% Aufwärtspotential.

Bei medizinischen Robotern scheint Intuitive Surgical auf den ersten Blick der Kandidat der Wahl zu sein. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber eine sehr hohe Abhängigkeit von einem einzigen Produkt, dem Da Vinci Roboter. Bei einem KGV von 30 und einer kurzen Betrachtung des Kursverlaufs der Aktie, ist eher Vorsicht angebracht. Der Kurs hat sich in den letzten Jahren bereits verfünfzigfacht. Zudem zeigt der Chart eine Topbildung. Von diesem Unternehmen abgesehen steht die Branche noch ganz am Anfang. Während sich das Industriesegment mitten im Produktionsplateau befindet, steuern die Unternehmen des Verbrauchersegments erst langsam darauf zu. Die drei genannten Unternehmen aus dem medizinischen Bereich sind noch nicht profitabel. Die Aktienkurse sind entsprechend volatil, je nachdem, ob Meldungen zu Produkten positiv sind oder eben nicht. Diese Unternehmen sind davon abhängig, dass sie wie Intuitive Surgical, ein Topprodukt auf den Markt bringen. Intuitive hat gezeigt, wohin das führen kann. Mazor Robitics, Mako und Titan Medical sind hochspekulative Investments. Die Aktien können aber jederzeit zum großen Hype ansetzen. Mazor bewegt sich in einem beginnenden Aufwärtstrend. Titan ist nach einem ersten Höhenflug von 50 Cents auf 2 Dollar wieder zurück auf das Ausbruchsniveau gefallen. Mako Surgical wiederum hat bereits einmal hohe Erwartungen bitter enttäuscht und stabilisiert sich ebenfalls auf dem Ausbruchsniveau aus 2010 bei 10 Dollar. Alle drei Unternehmen befinden sich in der Entwicklungsphase. Sie können also jederzeit in den Bankrott gehen. Mazor und Mako haben aber immerhin eine gewisse Kapitalisierung (ca. 500 Mio. Dollar), sodass gewisse Hoffnungen gehegt werden können. Titan ist mit knapp 40 Mio. Dollar Marktkapitalisierung noch etwas spekulativer. Welches dieser Unternehmen letztlich überleben wird und große Gewinne macht, ist nicht vorherzusehen. Der Sektor wird aber so oder so wachsen. Es ist langfristig von einer Vervielfachung der Kurse auszugehen. Eine Investition in Unternehmen in der Entwicklungsphase ist die spekulativste Form des Investments überhaupt. Entsprechend hoch können dann aber auch die Gewinne sein. Ist man in allen drei Unternehmen mit geringen Beträgen investiert, muss nur eines überleben, damit sich die Investition auszahlt – und das nicht zu knapp. Wer gerne zu Beginn eines ganz großen Trends in eine Aktie investieren möchte, kommt um das enorme Risiko nicht herum. Es sollte wirklich nur Geld investiert werden, welches man auch notfalls komplett abschreiben kann.

Zusammenfassend ergibt sich ein Bild, welches bei Unternehmen für Industrieroboter eher zur Vorsicht rät. Der Markt befindet sich auf dem Produktionsplateau. Damit sind keine exorbitanten Gewinne zu erwarten. Der Markt für Privat- und Serviceroboter bewegt sich auf das Produktionsplateau zu. Nach der Enttäuschung der letzten Jahre ist hier der Startschuss für mittel- bis langfristige Gewinne geebnet. Die Aktien des Sektors haben Vervielfachungspotential. Die Medizinrobotik steht mit Ausnahme von Intuitive Surgical noch ganz am Anfang. Es handelt sich meist um Start-up Unternehmen, die kaum bzw. noch gar keinen Umsatz machen und entsprechend in der Verlustzone arbeiten. Gelingt hier die erfolgreiche Entwicklung und Zulassung von Robotern, startet ein Hype um die Aktien. Die Kurse sollten sich dann stark explosiv verhalten.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte:Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert (Titan Medical, iRobot, Mako).

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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