Kommentar
06:57 Uhr, 29.07.2019

Rezession: Die USA entkommt ihr, aber Deutschland nicht?

Es besteht große Einigkeit darüber, dass Deutschland in eine Rezession fallen wird, nicht aber die USA. Wieso?

Was wir in letzter Zeit immer häufiger hören: die Industrie befindet sich in der Rezession, nicht aber der Rest der Wirtschaft. Nun ist die Industrie nicht so relevant wie alle andere Sektoren zusammen. Teilt man die Wirtschaft in nur zwei Sektoren, Produktion und Dienstleistungen, wird schnell klar, weshalb eine Rezession in der Industrie keine Katastrophe sein muss.

In den USA liegt der Anteil produzierender Wirtschaftszweige (incl. u.a. des Baus - die Definition weicht der von der Industrie weiter unten ab und ist weiter gefasst) bei weniger als 30 % (Grafik 1). Dienstleistungen machen über zwei Drittel aus. Selbst wenn also die Industrie um 3 % schrumpft, senkt das das Gesamtwachstum um lediglich einen Prozentpunkt. Wachsen Dienstleistungen weiterhin mit 3 %, bleibt das gesamtwirtschaftliche Wachstum bei mehr als 1 %.


Aus diesem Grund glauben viele, dass die USA einer Rezession entgehen können. Der Anteil produzierender Sektoren lag einmal bei mehr als 50 %. Heute ist der Anteil relativ gering. Mit sinkender Bedeutung für die Wirtschaftsleistung ist es auch schwieriger, dass die Industrie die Gesamtwirtschaft in eine Rezession stürzt.

In Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern ist das anders. Der Anteil der Industrie liegt in Deutschland bei mehr als einem Viertel. Zusammen mit anderen produzierenden Sektoren ist die Gewichtung viel höher als in den USA (siehe oben: "Produktion" beinhaltet hier noch mehr als nur die Industrie, u.a. Bau). Noch dramatischer sieht es in Europa nur in Irland und Tschechien aus.

Die Rezession im Industriesektor schlägt also viel mehr durch. Daher gehen viele davon aus, dass Deutschland in eine Rezession fallen wird. Den USA sollte das erspart bleiben, weil Dienstleistungen wichtiger sind. Persönlich halte ich das allerdings für einen Trugschluss.

Viele Dienstleistungen hängen an der Produktion. Es werden ja nicht einfach nur Güter hergestellt und die Sache ist erledigt. Güter müssen transportiert werden. In den USA macht der Transport, eine Dienstleistung, 6 % der Wirtschaftsleistung aus. Wird weniger produziert, ist auch der Bedarf an Transportdienstleistungen geringer.

Die Kette geht aber noch weiter. Sind die Güter erst einmal transportiert worden, müssen sie auch noch verkauft werden. Auch das ist eine Dienstleistung. Es hängt also sehr viel mehr von der Produktion ab als viele glauben. Auch Dienstleistungen sind betroffen. Sie kommen später in der Wertschöpfungskette. Zuerst sieht man den Abschwung in der Produktion, später greift er auf Dienstleistungen über.

Damit ist immer noch nicht gesagt, dass die USA auch in eine Rezession stürzen werden. Es ist nicht einmal sicher, ob es in Deutschland wirklich soweit kommen wird. Wichtig ist aber, dass man sich von solchen Aussagen (Industrie ist unwichtig) nicht in die Irre führen lassen sollte. Die Denkweise greift zu kurz.

Clemens Schmale

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19 Kommentare

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  • grinder1337
    grinder1337

    dabei sind die usa schon längst in einer sehr (jahre)langen rezession. der hinweis, dass die offiziellen statistiken manipuliert sind und das papier nicht wert sind, auf das sie gedruckt werden, fehlt leider viel zu oft.

    11:33 Uhr, 30.07. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Marco Soda
    Marco Soda

    Ok über 10 Jahre mit Godmode gelebt, Börse verstanden, und auch bei Godmode öfters den TON verfehlt , ICH bin SCULDIG !!!,

    JETZT hat der CHEF die Kontrolle verloren !"!!!!

    OK kann passieren, jedoch man kann SICH dann nicht mehr wehren !!!!!!!

    18:06 Uhr, 29.07. 2019
    2 Antworten anzeigen
  • waldis2001
    waldis2001

    die schreiben seit Monaten über Crash ,Rezession und die Börsen steigen von einem AZH zum anderen,aber irgendwann werden sie fallen dann haben sie wenigstens ein wenig recht aber diese Vorhersage oder Analyse kann auch jemand aus dem Kindergarten treffen

    09:48 Uhr, 28.07. 2019
  • 280a
    280a

    Bitte mehr Crash- und Rezessionsartikel! So lange es die gibt bleibe ich auch in Aktien Long ;-)

    17:15 Uhr, 27.07. 2019
  • 280a
    280a

    Zensurcheck!

    17:13 Uhr, 27.07. 2019
  • AndyBörse
    AndyBörse

    Es ist Wochenende, aber den Artikel habe ich Anhand der Zahlen nicht ganz verstanden.
    In den USA liegt der Anteil produzierender Wirtschaftszweige bei weniger als 30 % ...
    Der Anteil der Industrie liegt in Deutschland bei mehr als einem Viertel ...
    D.h. weniger als 30% könnte 29% sein.
    UND mehr als ein Viertel könnte 26% sein.
    .... ich schreibe dazu jetzt nichts mehr, auch meine Zeit ist begrenzt.
    Jeder kann sich selbst Gedanken darüber machen wie Sinnfrei der Artikel ist.

    09:47 Uhr, 27.07. 2019
    4 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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