Rettungspaket mit „Gschmäckle“...
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Das haben die Herrschaften ja sauber hinbekommen: Der US-Senat hat das 14 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für die insolvenzbedrohten Automobilhersteller abgelehnt. Demokraten und Republikaner konnten sich nach einem Verhandlungsmarathon nicht auf einen Kompromiss einigen. Man muss sich an den Kopf fassen: Da werden für die Banken mal eben 700 Milliarden durchgewinkt – und jetzt wird das vergleichsweise „winzige“ Rettungspaket für die US-Automobilindustrie im Senat abgewiesen! Dass sich George Bush wenig später mit der Ankündigung zu Wort meldete, Washington werde die US-Automobilbranche nicht fallen lassen, war zu erwarten, macht die Sache aber auch nicht besser.
Das eigentliche Problem ist, dass es in diesem Jahr wohl nichts mehr wird mit einer Rettung der US-Autokonzerne: Die Verhandlungsführer hatten durchblicken lassen, dass es keinen Sinn macht, weiter nach einer schnellen Lösung zu suchen. Keinen Sinn?
Dass die Zeit drängt, scheint kein Argument zu sein: Mit jedem Tag, der jetzt ungenutzt verstreicht, steigt das Risiko, dass General Motors und Chrysler in den Konkurs rutschen: Die beiden Unternehmen hatten bereits angekündigt, dass sie ohne staatliche Hilfen noch vor Jahresende pleite sind. Nach bekannt werden der Hiobsbotschaft bereitet sich GM offenbar bereits auf einen Konkurs vor.
Man muss sich ernsthaft fragen, was in den Köpfen der beteiligten Parteien eigentlich vor sich geht. Und die Frage muss erlaubt sein, wem der geplatzte Deal nützt. Den Arbeitnehmern schon mal weniger, den betroffenen Konzernen sowieso nicht – dem amerikanischen Volk vielleicht? Oder am Ende den Senatoren selbst? Die Kursverluste in New York vom Donnerstagabend kurz vor Handelsende bekommen plötzlich jedenfalls ein „Gschmäckle“, wie die Schwaben sagen. Da wird doch nicht jemand den institutionellen Anlegern einen Tipp gegeben haben?
Dass man an der Börse mit allen nur erdenklichen Tricks über den Tisch gezogen wird, das dürfte jedem klar sein, der sich schon eine Weile an diesem Wahnsinn beteiligt. So gesehen würde es nicht wundern, wenn auch diesmal einige Leute ganz gezielt in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Denn eines ist auch klar: Die Verluste an den Börsen, die den Anlegern weltweit am Freitag innerhalb kürzester Zeit durch die fragwürdige Entscheidung der Senatoren zugefügt wurden, übersteigen das eigentliche Rettungspaket um ein Vielfaches. Wohl dem, der da rechtzeitig „short“ gegangen war, also auf fallende Kurse gesetzt hatte...
Eine Pleite bei GM und Konsorten wäre keine Kleinigkeit: Allein in den USA stehen inklusive der Zuliefererindustrie bis zu drei Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Weltweit sollen bis zu 15 Millionen Jobs auf der Kippe stehen. Passend zum trüben Bild in der Branche meldete Volkswagen, dass der weltweite Absatz der Wolfsburger im November um 16,5 Prozent auf 447.000 Autos eingebrochen ist.
Dieser Kommentar erschien am Wochenende auf der Weekendedition von GodmodeTrader.de .
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„Billiges Geld“
Natürlich reden wir hier nicht einer ungezügelten Ausgabenpolitik das Wort. In den vergangenen Jahren wurde schon viel zu viel Schaden durch „billiges Geld“ angerichtet. Doch für „Sparmaßnahmen“ und dergleichen ist es jetzt viel zu spät. Das sollte auch die Bundesregierung langsam erkennen. Eine Staatshilfe für die US-Autobauer würde den Konzernen zumindest die Möglichkeit geben, ihre Produkte auf umweltverträgliche und kleinere Autos umzustellen.
Der DAX stolpert...
In Deutschland sorgten die Turbulenzen für einen herben Rückschlag: Der DAX stolperte gleich zu Handelsbeginn am Freitag rund vier Prozent in den Keller. Größte Verlierer waren die Automobilwerte: In ihrer typischen Kurzsichtigkeit verschleuderten die Anleger vorsorglich die Aktien von Daimler, BMW und Volkswagen.
Dabei wird genau anders herum ein Schuh daraus: Sollten GM, Ford und Chrysler tatsächlich pleite gehen, würden gerade die deutschen Autokonzerne davon am stärksten profitieren. Denn der riesige Automarkt in den USA wird sich natürlich nicht in Luft auflösen, sollten die drei US-Konzerne das Feld räumen.
Aber lassen wir die Kirche im Dorf. Es ist vollkommen unrealistisch, dass die US-Regierung wegen einiger US-Senatoren und deren „Geschäftssinn“ drei Millionen US-Bürger im Regen stehen lässt. Man wird es nicht riskieren, dass Millionen Amerikaner von heute auf morgen auf der Straße stehen. Tatsächlich meldete sich das Weiße Haus pünktlich zur Börseneröffnung in New York zu Wort und verkündete, man sei nicht gewillt, die Autokonzerne über die Klinge springen zu lassen. Da es vor allem die Republikaner waren, die das Rettungspakt abgelehnt hatten, könnte man nun sogar Kalkül vermuten: Womöglich will man George Bush die Möglichkeit geben, sich zum Abschied als Retter der US-amerikanischen Automobilindustrie aufzuspielen.
Sollten die Börsen die Kursverluste vom Freitag jetzt schnell wieder ausbügeln, dann könnte es doch noch etwas werden mit der „Jahresendrallye“. Schon zu Wochenbeginn hatte es aus antizyklischer Sicht recht erfreulich ausgesehen: Trotz der katastrophalen Nachrichten, die unablässig über die Ticker kamen, zeigten sich die Kurse sehr widerstandsfähig.
Die Börsianer haben sich offenbar bereits darauf eingerichtet, dass die aktuelle Rezession länger dauern wird als die beiden letzten großen Flauten der Jahre 1973 bis 1975 und 1981-82. Deshalb richten auch sehr schlechte Nachrichten keinen großen Schaden mehr an.
Erstaunlich ist das trotzdem, zumal die Serie an Horrormeldungen einfach nicht abreißen will. Weiterhin dramatisch ist etwa die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt: Die Zahl der Erstanträge ist in den USA auf 573.000 gestiegen, es ist der höchste Stand seit 26 Jahren. Der Bestand an Arbeitslosen kletterte um 338.000 auf 4,429 Millionen. Die Werte fielen erheblich schlechter aus als erwartet.
Während die Arbeitslosigkeit in den USA schon deutlich höher ist als während der letzten Flaute im Jahr 2003, hat Deutschland (noch) die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 16 Jahren. Doch keine Sorge, das wird nicht so bleiben: Die deutsche Konjunktur folgt der US-amerikanischen mit rund anderthalb Jahren Verzögerung. Daher wird die Lage bei uns erst gegen Ende des Winters 2009/2010 in etwa so sein wie jetzt in den USA.
In die japanische Konjunktur steckt unterdessen noch tiefer in der Rezession als erwartet. Nach revidierten Berechnungen der Regierung schrumpfte die Wirtschaft zwischen Juli und September auf das Jahr gerechnet um 1,8 Prozent - statt der zuvor ermittelten 0,4 Prozent. Damit sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt im zweiten Quartal in Folge und zugleich deutlich stärker als von Analysten befürchtet.
Geschenke vom Weihnachtsmann...
Dennoch sollte man jetzt nicht mehr allzu schwarz sehen: Der Dezember gilt als der beste Aktienmonat des gesamten Jahres: Nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) brachte der Weihnachtsmann im Schnitt der vergangenen 60 Jahre an den Börsen Kursanstiege von 2,45 Prozent. Damit liegt der letzte Jahresmonat auf Platz eins, vor dem Juli (1,62 Prozent) und dem November (1,58 Prozent).
Passend hierzu kam es beim S&P 500 am Freitag nach einem schwachen Auftakt wegen der Aufregung um die Autobauer am Ende doch noch zu moderaten Kursgewinnen. Das lässt für die kommende Woche hoffen:
Und man kann auch darauf wetten, dass so mancher der nahenden Abgeltungssteuer auf der Zielgeraden doch noch ein Schnippchen schlagen möchte. Es bleiben nur noch 13 Handelstage...
Was sonst los war:
Immer neue Hiobsbotschaften kommen aus dem Bankensektor. Die britische Großbank HBOS rechnet mit höheren Belastungen durch gefährdete Kredite als bisher bekannt. Ende November waren es acht Milliarden Pfund, die auf der Kippe standen. Resultat: Ein Kursverlust am Freitag von 20 Prozent.
Der Chef der US-Bank JP Morgan, Jamie Dimon, sieht große Probleme heraufziehen. Der November sei im Handelsgeschäft sehr schwach verlaufen, ähnlich sieht es im Dezember aus.
Die Bank of America will nach der Übernahme der US-Investmentbank Merrill Lynch in den kommenden drei Jahren bis zu 35.000 Stellen streichen. Unterdessen hat Sal. Oppenheim eine Verkaufsempfehlung für die Commerzbank ausgesprochen. Das Kursziel: 2,00 Euro. Keine Geschenke vom Weihnachtsmann für die Banken.
Es passt ins Bild, dass der Philadelphia Banken-Index in dieser Woche erneut in den Bärenmodus gewechselt hat:
Damit bestätigt sich unsere Vermutung, dass die Banken bis auf weiteres schlechter abschneiden dürften als der breite Markt.
Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.
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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter [Link "www.antizyklischer-börsenbrief.de" auf www.antizyklischer-b%C3%83%C6%92%C3%82%C2%B6rsenbrief.de/... nicht mehr verfügbar] und www.antizyklischer-aktienclub.de
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