Rentenmärkte in starker Verfassung
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Trend zu höheren Zinsen setzte sich auch im Jahr 2006 fort. Rentenmärkte präsentierten sich im zweiten Halbjahr in starker Verfassung. US-Dollar mit deutlichen Verlusten. Corporate Spreads weiter niedrig. Emerging Markets legen kräftig zu.
EZB und Fed erhöhten weiter die Zinsen
Das Jahr 2006 war durch weitere Leitzinsanhebungen geprägt. Die amerikanische Notenbank (Fed) erhöhte in der ersten Jahreshälfte die Fed Funds Target Rate nochmals um 100 Basispunkte auf 5,25 Prozent. Ab Juli haben sich die amerikanischen Währungshüter um ihren neuen Chef Ben Bernanke, der im Februar das Zepter von Alan Greenspan übernahm, dann selbst eine Pause auferlegt. Angesichts einer nachlassenden konjunkturellen Dynamik in den Vereinigten Staaten dürften die 5,25 Prozent deshalb vermutlich auch den Zinsgipfel in diesem Zyklus darstellen.
Unter den Marktteilnehmern wird sogar schon darüber spekuliert, wann die Fed zum ersten Mal wieder die Zinszügel lockern wird. Gegen allzu rasche Zinssenkungen spricht indes die unklare Lage an der Inflationsfront. Zwar ist die alles umfassende Headline Inflation im Zuge sinkender Ölpreise in den letzten Monaten deutlich zurückgekommen. Die wichtigere, um volatile Komponenten wie Nahrungsmittel- und Energiepreise bereinigte Kerninflation liegt jedoch noch immer über dem inoffiziellen Zielwert der Fed. Zudem ist die Gefahr steigender Lohnstückkosten nicht ausgeräumt.
Ende 2005 beendete die Europäische Zentralbank ebenfalls ihre jahrelange zinspolitische Abstinenz und hob den Hauptrefinanzierungssatz in einem ersten Schritt um 25 Basispunkte auf 2,25 Prozent an. Diesen Weg setzte sie im Jahr 2006 vor dem Hintergrund eines deutlich verbesserten konjunkturellen Umfelds konsequent fort. Nach fünf Zinserhöhungen liegt die Reporate zum Jahresende bei 3,5 Prozent. Weitere Erhöhungen könnten im Jahr 2007 folgen, wenngleich die Phase automatischer Anhebungen wohl vorüber ist. Stattdessen dürften Trichet und Co. fallweise geldpolitische Entscheidungen treffen. Da der mittelfristige Inflationsausblick sich aufgehellt hat, wird der Erhöhungszyklus aber spätestens bei 4,0 Prozent wohl ein Ende finden.
Rentenmärkte mit starkem zweiten Halbjahr
Nach sechs fetten Jahren an den europäischen Rentenmärkten (2000-2005) mit Wertzuwächsen auf Indexebene gemessen am JPM Morgan EMU Bond Index von durchschnittlich über sechs Prozent drohte 2006 erstmals seit langem wieder eine negative Performance. In der ersten Jahreshälfte verlor der Index dann auch rund drei Prozent an Wert. Deutlich verbesserte Konjunkturaussichten gepaart mit wachsenden Inflationsängsten ließen die Renditen dabei über alle Laufzeiten ansteigen. Zehnjährige Bundesanleihen, die mit einer Rendite von 3,3 Prozent ins Jahr gestartet waren, rentierten zur Jahresmitte rund 80 Basispunkte höher. Starke Kursverluste bei bereits im Umlauf befindlichen Anleihen waren die Folge.
Seit Juli ist jedoch eine für Rentenanleger erfreuliche Gegenbewegung im Gange. Zwar setzte die EZB wie beschrieben ihren Zinserhöhungskurs unbeirrt fort, wodurch die Renditen in den kürzeren Laufzeiten nochmals ein gutes Stück nach oben gezogen wurden. Zweijährige Bundesanleihen rentieren derzeit mit 3,8 Prozent, verglichen mit 2,9 Prozent zum Jahresanfang. Der erhöhte Kupon konnte hier die geringen Kursverluste überkompensieren.
Wie an dem spürbaren Renditerückgang abzulesen ist, blieben die Leitzinsanhebungen am langen Ende jedoch ohne Wirkung. Zehnjährige Bundesanleihen werfen gegenwärtig lediglich noch 3,8 Prozent ab. Die Zinskurve verläuft damit im Bereich zwei bis zehn Jahre nahezu horizontal. Oder anders formuliert: In den längeren Laufzeiten sind derzeit weder eine nennenswerte Liquiditäts- noch eine Risikoprämie enthalten.
An den Konjunkturaussichten kann es jedoch kaum liegen. Eine zunehmende Verflachung der Zinskurve, die im Extremfall in einem inversen Verlauf mündet, gilt häufig als Vorbote einer Rezession. Doch dafür gibt es im Euroraum derzeit keinerlei Anzeichen. Die Konjunktur brummt wie schon lange nicht mehr. Selbst wenn es im nächsten Jahr zu einer Verlangsamung der konjunkturellen Dynamik kommen sollte, dürfte die Wirtschaftsleistung für europäische Verhältnisse immer noch überdurchschnittlich zunehmen.
Viel plausibler erscheint es, den Renditerückgang auf die nachlassenden Inflationssorgen zurückzuführen. Im Zuge deutlich sinkender Öl- und Energiepreise verringerte sich die Teuerungsrate auf zuletzt 1,8 Prozent, was unter der EZB-Zielmarke liegt. Auch wenn dieses niedrige Niveau nicht von Dauer sein dürfte, wozu nicht zuletzt die anstehende Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland beitragen sollte, wird den Währungshütern in Frankfurt doch zugetraut, die Inflation beständig im Zaum zu halten. Eine geringere Inflationsprämie am langen Ende ist die Folge.
Entscheidend war jedoch der Einfluss des amerikanischen Bondmarktes. In den USA mehren sich die Anzeichen für eine konjunkturelle Verlangsamung. Im dritten Quartal erhöhte sich das BIP nur noch um aufs Jahr hochgerechnete 2,2 Prozent. Die Schwäche des US-Immobilienmarktes schlägt sich damit immer deutlicher in den volkswirtschaftlichen Kennziffern nieder. Die Erwartung sinkender US-Leitzinsen, nachlassender Inflationsdruck und eine schwächere Konjunktur bildeten damit die perfekte Kulisse für fallende Bondrenditen. Der seit Ende Juni zu beobachtende Rückgang von 5,2 auf 4,6 Prozent im Zehnjahresbereich ist das Ergebnis hiervon. Dem Sog des US-Marktes konnten sich auch die europäischen Rentenmärkte nicht entziehen.
Dollar gerät zum Jahresende erheblich unter Druck
Nach der leichten Schwäche zum Jahresanfang sah es lange Zeit danach aus, als ob sich der US-Dollar wieder stabilisieren könnte. Zwischen Anfang Mai und Mitte November bewegte sich der Greenback zum Euro in dem relativ engen Korridor von 1,25 bis 1,29 US-Dollar je Euro. Zum Jahresende hin folgte dann aber eine Talfahrt. In der Spitze mussten für einen Euro über 1,33 US-Dollar aufgebracht werden.
Dominiert wurde die Entwicklung am Devisenmarkt auch im vergangenen Jahr von der Zinspolitik. Die schrumpfende Zinsdifferenz zwischen dem Euroraum und den USA war der wichtigste Treiber beim Euro-Dollar-Wechselkurs. Realwirtschaftliche Tendenzen wie der Konjunkturaufschwung in Europa oder die nachlassende wirtschaftliche Dynamik in den USA wurden nur insofern wahrgenommen, wie sie die Zentralbankpolitik beeinflussen würden. Das US-Leistungsbilanzdefizit spielte hingegen keine spürbare Rolle.
Die realwirtschaftlichen Risiken für den Euroraum sind vermutlich aber nicht so gravierend, wie der jüngste US-Dollar-Verfall vielleicht suggeriert. Nimmt man den handelsgewichteten Euro zum Maßstab, der die außenwirtschaftliche Verflechtung des Euroraums widerspiegelt erfasst werden die Veränderungen von 23 Währungen zum Euro , ist im bisherigen Jahresverlauf lediglich ein Anstieg von 5 Prozent zu konstatieren, verglichen mit 12 Prozent im Euro-Dollar-Wechselkurs. Angesichts der Robustheit des Aufschwungs, der immer mehr auch von der Binnennachfrage getragen wird, sollte die hiesige Wirtschaft mit dem gestiegenen US-Dollar gut fertig werden, zumal gleichzeitig auf der Importseite (v.a. bei Rohstoffen) eine spürbare Entlastung zu verspüren sein dürfte. Sollte sich der Euro jedoch der Marke von 1,40 US-Dollar annähern, wäre die Schmerzgrenze wohl erreicht. Damit ist aus heutiger Sicht indes nicht zu rechnen. Wichtige Devisenmarktakteure würden dem Verfall ihrer Dollarreserven vermutlich nicht tatenlos zusehen.
Stabile Unternehmensanleihen
Die Renditeaufschläge von Unternehmensanleihen (Corporate Bond Spreads) verzeichneten auf Indexebene im letzten Jahr keine größeren Ausschläge. Selbst im Mai und Juni, als in anderen risikobehafteten Assetklassen etwa bei Aktien oder Schwellenländeranleihen kräftigere Verluste zu beklagen waren, blieben die Spreads weitgehend stabil. Risikoaufschläge europäischer Corporate Bonds von rund 50 Basispunkten gegenüber Staatsanleihen stellen ein im historischen Vergleich außergewöhnlich niedriges Niveau dar.
Neben dem verbesserten konjunkturellen Umfeld wurde das Marktsegment insbesondere durch in der Mehrzahl über den Erwartungen liegenden Unternehmensergebnissen gestützt. Die Verschuldungsgrade blieben daher meist auf niedrigen Levels, was sich auch in geringen Ausfallraten widerspiegelte. Der größte Risikofaktor auf Einzeltitelebene blieben die deutlich zunehmenden Fusions- und Übernahmeaktivitäten (M&A). Betroffen waren hiervon sowohl die Finanzbranche als auch der Industriesektor. Da bei Unternehmensübernahmen im großen Stil sich gewöhnlich die Verschuldungssituation der übernehmenden Gesellschaften verschlechtert, reagieren die Ratingagenturen darauf im Regelfall mit Bonitätsherabstufungen, was mit sinkenden Kursen einhergeht.
Allerdings wird dies bislang im Wesentlichen dadurch begrenzt, dass die meisten Unternehmen über hohe Cash-Bestände verfügen und dadurch die Verschuldungsquoten nicht entscheidend belastet werden. Auch im kommenden Jahr dürfte das Thema M&A weiter ganz oben auf der Agenda stehen und bei einzelnen Namen trotz insgesamt günstiger makroökonomischer Bedingungen zu Spreadausweitungen führen. Der Gesamtmarkt sollte aber stabil bleiben.
Emerging-Market-Anleihen legten kräftig zu
Die Rentenmärkte der aufstrebenden Länder (Emerging Markets) blicken trotz der Turbulenzen zur Jahresmitte auf ein sehr erfreuliches Jahr zurück. Gemessen am JP Morgan EMBI+ verringerte sich der Renditeaufschlag gegenüber amerikanischen Staatsanleihen seit Jahresanfang von 240 auf 180 Basispunkte und das vor dem Hintergrund deutlich sinkender US-Renditen im zweiten Halbjahr. Auf Kursbasis resultierte daraus ein Wertzuwachs von über 10 Prozent. Wermutstropfen für hiesige Anleger: Die ungünstige Währungsentwicklung belastete die Performance.
Zum neuerlichen Höhenflug von EM-Bonds hat neben der Zinspause in den USA die nach wie vor überwiegend günstige fundamentale Lage der meisten Emerging Markets beigetragen. Begünstigt durch den weltwirtschaftlichen Boom der letzten Jahre sowie gestiegene Öl- und Energiepreise verzeichneten viele Staaten deutliche Budget- und Leistungsbilanzüberschüsse. Eine Reihe vor allem lateinamerikanischer Länder nahm dies zum Anlass, Auslandsverbindlichkeiten vorzeitig zu tilgen (u.a. Brasilien, Mexiko, Kolumbien, Uruguay, Russland). Weitere Ratingheraufstufungen waren die Folge. Die reduzierte Auslandsverschuldung versetzte verschiedene Schwellenländer in die Lage, vermehrt Anleihen auf lokaler Währung zu begeben und so die Abhängigkeit von den internationalen Anleihemärkten zu vermindern.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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