Renditen: Geht Euroanleihen die Luft aus?
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Der Konsens von Zinsstrategen und Bankenvolkswirten hat 2003 und 2004 einen Anstieg der Kapitalmarktzinsen in der Eurozone prognostiziert. Die Zinswende in der Eurozone ist ausgeblieben. Die zehnjährige Bundrendite ist im Februar unter die Marke von 3,5 Prozent gefallen.
Es ist wahrscheinlich, dass in den nächsten sechs Monaten in Euroland die Kapitalmarktzinsen stagnieren oder leicht nachgeben werden. Rentenfondsanleger mit Schwerpunkt Eurozone müssen sich demnach in den kommenden Monaten mit mageren Renditen zufrieden geben, weil das Potential für weitere Kurssteigerungen beschränkt scheint. Die Gesamterträge bei Anleihen bestehen aus Kuponzahlungen und Kursbewegungen, die nach oben oder nach unten gerichtet sein können. Wer Mehrerträge generieren möchte, muss in breit diversifizierte Europa-Anleihenfonds oder international anlegende Produkte investieren. Die gesteigerten Ertragsmöglichkeiten (Zinsdifferenzen) werden allerdings durch Währungs- und Kreditrisiken erkauft.
Wo bleibt die Zinswende?
Die Gründe für einen möglichen Anstieg der Kapitalmarktzinsen in Euroland sind zahlreich. Die undisziplinierte Haushaltspolitik der großen EU-Mitglieder Deutschland, Frankreich und Italien sollte, der Theorie nach, Investoren veranlassen, einen höheren Risikoaufschlag für den Kauf von Staatsschulden zu verlangen. Wie gesagt: So steht es in den theoretischen Abhandlungen volkswirtschaftlicher Lehrbücher. Der Markt sieht es anders.
Warnende Stimmen seitens der Europäischen Zentralbank sind in den letzten Tagen nicht mehr zu überhören. EZB-Räte sprechen von „verstärkten Aufwärtsrisiken“ bei der Inflation und Preisgefahren. Sie begründen ihre Aussagen mit mittelfristigem Inflationspotential aufgrund des gestiegenen Geldmengen- und Kreditwachstums. Gewöhnlich kündigen Währungshüter mit einer solchen Rhetorik mögliche Zinsanhebungen an. Die Diskussion um Preisblasen an den Renten-, privaten Immobilien- und Rohstoffmärkten geht in dieselbe Richtung. Einzig die Teilnehmer an den Zinsmärkten scheinen sich nicht daran zu stören.
Ursachen der tiefen Renditen
Lohnsteigerungen als inflationstreibende Kraft sollten in den nächsten Jahren in Europa beschränkt bleiben. Die globale Arbeitsteilung lässt die Macht der Gewerkschaften schwinden. Zudem schwächt die hohe Arbeitslosigkeit in Westeuropa die Position der Gewerkschaften.
Es scheint, dass in den Produktionszyklen Preissteigerungen einzelner Vorprodukte durch fallende Preise anderer Komponenten ausgeglichen werden können. In der Konsequenz steigen die Endpreise der Produkte bei starkem Wettbewerb der Anbieter nicht an. So leidet zum Beispiel der Druckmaschinenhersteller Heidelberger Druck unter den stark anziehenden Stahlpreisen. Gleichzeitig konnte Dank eines Rückgangs der Preise für elektronische Komponenten die gesamte Herstellungskostenquote konstant gehalten werden. In der Automobilindustrie sind die Hersteller nicht in der Lage, die gestiegenen Rohstoffpreise an die Endverbraucher weiterzugeben. Weltweite Überkapazitäten in der Branche von schätzungsweise 25 Prozent erlauben keine Preiserhöhungen. Jedes verkaufte Auto erhöht die Auslastungsquote in den Fabriken.
In der Konsequenz sehen Marktteilnehmer die Inflation in den kommenden Monaten bei rund 2 Prozent. Selbst die gestiegenen Energiekosten und Rohstoffpreise lassen Anleihenkäufer kalt. Die befürchteten Zweitrundeneffekte bei den Tarifverhandlungen sind zudem ausgeblieben.
Die Weltwirtschaft ist 2004 mit dem kräftigsten Anstieg seit 15 Jahren gewachsen. Zinsanalysten haben deshalb mit festeren Renditen gerechnet. Sie haben sich in Rückschau auf die Marktentwicklung geirrt. 2005 sollte die globale Wirtschaft moderat wachsen. Das Wachstum der Eurozone wird mit rund 1,8 Prozent gesehen. In den USA sollte die wirtschaftliche Entwicklung leicht auf 4 Prozent zurückgehen. Die Wachstumsperspektiven für Südostasien bleiben gut. Warum sollten also bei einem leicht schwächeren Weltwirtschaftswachstum gegenüber dem Vorjahr die Zinsen steigen, wenn schon die Prognosen vom Vorjahr mit konjunkturoptimistischeren Annahmen nicht eingetreten sind?
Globale Geldströme drücken Renditen in Euroland
Betrachtet man das Angebot und die Nachfrage nach Zinstiteln der Eurozone, so lassen die fallenden Yields auf einen Nachfrageüberhang schließen. Asiatische Zentralbanken (China, Japan und andere) verkaufen ihre Heimatwährungen gegen den Dollar und schützen so ihre Währungen vor einer Aufwertung. Die aus Interventionen erlangten Dollars fließen aber nur teilweise in die US-Anleihenmärkte. Seit Monaten wechseln asiatische Notenbanken verstärkt die Dollars in Euros um und kaufen damit in der Eurozone Zinstitel. Setzt sich dieser Trend fort, werden die Rentenkurse weiter steigen und Renditen nachgeben.
Ausblick
Die Euro-Rentenmärkte sollten in den nächsten sechs Monaten unterstützt bleiben. Der Raum für Kurssteigerungen scheint aber begrenzt. In der zweiten Jahreshälfte könnte Konjunkturoptimismus für 2006 die Renditen ansteigen lassen. Grundsätzlich sollten Investoren mit niedrigeren Erträgen in der Eurozone rechnen als im Jahr 2005. Opportunitäten sollte es nach wie vor außerhalb Eurolands und bei Unternehmensanleihen geben. Breit diversifizierende europäische Anleihenfonds sind in der Morningstar Kategorie Anleihen Europa zusammengefasst.
Quelle: Morningstar Deutschland
Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de
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