Renditehunger und Risikoappetit
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Risikoappetit prägt derzeit die Staatsanleihemärkte: Die Renditen auf Schuldtitel von der EWU-Peripherie fallen, während deutsche und amerikanische Staatsanleihen wieder höher rentieren. Die erneute Risikoneigung ist vor allem auf die günstigeren Konjunkturdaten sowie die freundlichere Stimmung am Markt zurückzuführen. In der Eurozone übertraf der Anstieg des Flash Composite PMI (von 47,2 im Dezember auf 48,2 im Januar) die Konsenserwartungen und gab Anlass zur Hoffnung, die EWU-Wirtschaft werde in H1 2013 die Rezession hinter sich lassen. Was bedeutet der höhere Risikoappetit also für die Kreditmärkte? Wird der Boom anhalten?
Umfeld immer noch günstig für Kreditmärkte
Die geringere Volatilität sowie das rückläufige systemische Risiko begünstigen weiter den Zustrom in die Assetklasse. Mit besseren Konjunkturindikatoren werden Anleger eher geneigt sein, Risiken ins Portfolio zu nehmen, denn Sicherheit in Form von Bundesanleihen oder US Treasuries ist jetzt kostspielig. Dank gesunder Bilanzen und hoher Cashflows dürften die Ausfallraten von Unternehmen niedrig bleiben.
Auch technische Faktoren günstig
Nach Schätzungen der Citigroup wird das Bruttoemissionsvolumen in Euro von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors 2013 um ca. 10 % sinken. Das Nettoemissionsvolumen soll aber positiv bleiben. Doch Renditen wie in 2012 sind nahezu ausgeschlossen. Neben rein rechnerischen könnten auch die folgenden Faktoren eine weitere Straffung der Anleiherenditen begrenzen:
· Verstärkter Unternehmensaktivismus zugunsten der Aktionäre
· Anreize für intensivierte M&A-Aktivitäten
· Aktionäre drängen Unternehmen zur Nutzung von Liquidität
· Aktien werden immer attraktiver
Mehr Unternehmensaktivismus
Angesichts sehr bescheidener Gewinnaussichten für 2013 könnten Unternehmensführungen zunehmend auf Bilanzverschuldung setzen, um die Kapitalrendite zu erhöhen. Im Extremfall könnte dies in Form eines schuldenfinanzierten Aktienrückkaufs geschehen. Doch trotz wirtschaftlicher und finanzieller Argumente wird diese Art der Neuverschuldung vorerst nicht in großem Maßstab stattfinden, da die Dividendenrenditen oftmals die Renditen auf Unternehmensanleihen übertreffen.
M&A-Tätigkeit
Die Unternehmen sitzen derzeit auf Liquiditätsbergen, wobei die Eigenkapitalrendite unter den Kapitalkosten liegt, was ideale Voraussetzungen für eine Belebung der M&A-Tätigkeit sind. Bereits im vierten Quartal sind die Fusionen und Übernahmen in den USA auf den höchsten Stand seit Q4 2007 gestiegen. Bisher erforderten weniger als 5 % der Deals Fremdfinanzierung, insofern gibt diese Entwicklung – noch – keinen Anlass zur Sorge.
Mehr Aktionärsaktivismus
Unter Aktionären wird vermehrt die Forderung laut, dass Unternehmen ihre Barmittel entweder zur Ausschüttung von Dividenden oder zur Investition ins Geschäft nutzen sollen. Tatsächlich nimmt der Investitionsbedarf zu, da die Unternehmen seit Ausbruch der globalen Finanzkrise eher unterinvestiert haben. Eine weitere Erholung der Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen könnte einen massiven Nachholbedarf freisetzen. In großem Maßstab wäre das ungünstig für Anleihen, da die Cash-Puffer aufgebraucht werden und die Verschuldung steigt.
Aktien werden attraktiver
Aktien werden als alternative Renditequelle zunehmend attraktiver. Möglicherweise werden sich auch Bondanleger stärker an Aktien orientieren. Wir erwarten indes keine wesentlichen Portfolioumschichtungen, da die aufsichtsrechtlichen Anforderungen (Basel III, Solvency II) festverzinsliche Investments begünstigen.
Performance von Hochzinsanleihen hängt von zwei widerläufigen Kräften ab
Letztlich hängt die Wertentwicklung bei Hochzinsanleihen von zwei gegensätzlichen Faktoren ab: positive technische Marktdaten vs. marginale Schwächung der Fundamentaldaten. Insgesamt dürfte sich dies in den kommenden Monaten jedoch positiv auf höher rentierliche Kreditprodukte auswirken.
Kurzfristige TAA-Positionierung
Angesichts der aktuellen Spreaddifferenzen (siehe Grafik Seite 1) ziehen wir Hochverzinsliche vor. Hier war eine erneute Belebung des institutionellen Engagements (in den USA) und der Überschussrenditen zu beobachten – im Vergleich zu anderen Spreadprodukten auf risikobereinigter Basis. Dennoch bietet diese Anlageform Zinsaufschläge, die die Dividendenrenditen bei Aktien übertreffen. Dabei behalten wir auch das Risiko einer möglichen Marktüberhitzung im Auge.
Bei unserer TAA-Positionierung haben wir derzeit ebenfalls eine Präferenz für Senior Bank Loansund Staatsanleihen von der EWU-Peripherie.
Spreaddifferenz zwischen High Yield und Investment Grade (%)
Recht optimistisch zu Spreadprodukten ggü. „sicheren“ Staatsanleihen
Bei Festverzinslichen sind wir recht optimistisch, was die mittel- bis langfristige Entwicklung von Spreadprodukten angeht. Sie dürften auch weiterhin Staatsanleihen aus den USA und Deutschland übertreffen. Darauf deuten jedenfalls die Rahmendaten hin, das anhaltende Interesse an guten Renditen in einem Niedrigzinsumfeld und die relative Bewertung.
Für die positive Einschätzung von EMD sprechen strukturelle Gründe. Wir gehen davon aus, dass internationale Investoren diese Kategorie angesichts der Rahmendaten zunehmend höher gewichten werden.
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