Fundamentale Nachricht
10:19 Uhr, 23.12.2019

Rekordgewinne und Zombiefirmen – Zeugen eines ungewöhnlichen Zyklus und Resultat jahrelanger Niedrigzinspolitik

Die USA sind ein gespaltenes Land. Diesen Vorwurf müssen sich die Staaten in Bezug auf Gesellschaft und Politik schon länger anhören. Seit Ende der Finanzkrise trifft diese Kritik auch zunehmend auf die Wirtschaft zu. Dafür gibt es mehrere Beispiele: Träge Lohnentwicklung trotz rekordniedriger Arbeitslosenquote oder historisch niedrige, nämlich negative, Realzinsen bei rekordhohen US-Gewinnen. Dass auch die Steuereinnahmen dieser rosigen Wirtschaftsentwicklung nicht entsprechen (von den 379 gewinnerzielenden Forbes-500-Unternehmen zahlen 91 keinen Cent Körperschaftssteuern*), passt ins Bild, hat aber mit den großzügig bemessenen Möglichkeiten der Steueroptimierung zu tun.

Apropos Gewinne. Unser Chart der Woche zeigt auch hier eine Zweiteilung. Zum einen, wie die Gewinne des Russell 3000 Index seit Ende der Finanzkrise um rund 80 Prozent** zugelegt haben. Zum anderen, dass trotz dieser Rekordgewinne fast so viele Unternehmen Verluste erwirtschaften wie zu Krisenzeiten. Das Bemerkenswerte ist, dass die Anzahl der Verlustfirmen in den beiden vorigen Krisen jeweils nur kurz nach oben ausschlug, nun aber bereits seit dem Jahr 2015 auf recht hohem, beinahe Krisenniveau verharrt. Diese Firmen, die trotz brummender Konjunktur in den Miesen bleiben, werden gerne liebevoll "Zombiefirmen" genannt, in Anlehnung an die zähe Überlebensfähigkeit ähnlicher Firmen in Japan, die den niedrigen Zinsen zugeschrieben wird.

Den Wirtschaftszyklus in seiner klassischen, etwas brutaleren Ausprägung mögen zwar viele abgeschrieben haben, doch die Schattenseite davon ist eben das Ausbleiben einer Marktbereinigung dieser Firmen. Mit einer weiteren Nebenwirkung: "Die US-Wirtschaft läuft auf unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Wir haben dies bereits bei der Gegenüberstellung von volkswirtschaftlichen Gewinnen (NIPA) und den Gewinnen der S&P 500-Unternehmen beschrieben***. Schwache Gewinne in Teilen der Wirtschaft könnten auch erklären, warum wir trotz rekordniedriger Arbeitslosenquote bei der Lohnentwicklung so wenig Dynamik sehen", konstatiert Christian Scherrmann, Volkswirt USA der DWS.

*) Institute on Taxation and Economic Policy, 16. Dezember 2019: https://itep.org/corporate-tax-avoidance-in-the-first-year-of-the-trump-tax-law/

**) Berücksichtigt wurden nur Unternehmen mit positiven operativen Gewinnen.

***) Siehe: https://www.dws.com/de/insights/cio-view/chart-of-the-Week/cotw-2019/chart-of-the-week-20191129/

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