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11:23 Uhr, 24.09.2024

Regierung will Finanzbildungsstrategie vorantreiben

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Regierung hat angekündigt, noch dieses Jahr den Plan einer nationalen Finanzbildungsstrategie voranzutreiben, und stützt sich dabei auch auf neue Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Bundesfinanzminister Christian Lindner (beide FDP) hätten in Berlin einen entsprechenden Vorschlag der OECD entgegengenommen, gaben beide Ministerien bekannt. Ein breites Bündnis von Banken und Versicherungen, Verbraucherschützern, Verbänden, Schuldnerberaterinnen und -beratern, Lehrkräften- und Schülervertretern sowie der Politik auf Bundes- und Landesebene hätten in enger Abstimmung Empfehlungen abgegeben. Diese bildeten die Grundlage des OECD-Vorschlags.

"Solides Wissen über Geld und Geldanlage ist die Grundlage, um finanzielle Entscheidungen treffen zu können", betonte Lindner. Hier wolle man Barrieren abbauen. "Wir wollen die Finanzbildung verbessern und damit eigenverantwortliches Handeln unterstützen." Umso wichtiger sei es ihm, dass die Stärkung finanzieller Bildung und damit auch der Aktienkultur Teil der Wachstumsinitiative der Bundesregierung sei. "Die Vorschläge der OECD werden wir nun schnell in eine nationale Finanzbildungsstrategie des Bundes einfließen lassen", kündigte Lindner an. Stark-Watzinger nannte finanzielle Bildung "eine entscheidende Grundvoraussetzung für kompetente ökonomische Teilhabe". Die Vorschläge der OECD seien ein Meilenstein für eine Finanzbildungsstrategie in Deutschland.

OECD-Generalsekretär Mathias Cormann betonte, während die internationale Umfrage der Organisation zur Finanzkompetenz von Erwachsenen zeige, dass die Deutschen im Vergleich zu anderen Ländern über ein hohes Maß an Finanzkompetenz verfügten, könne noch mehr getan werden, um die Finanzkompetenz von Erwachsenen mit geringerem Einkommen und geringerer Bildung sowie von jungen Menschen und Frauen zu verbessern. Eine nationale Finanzbildungsstrategie ermögliche es Bund und Ländern, einen koordinierten Ansatz zu verfolgen.

OECD will Maßnahmen in fünf Bereichen

In ihrem Vorschlag empfiehlt die OECD laut den Angaben, insbesondere in fünf Themenbereichen die finanzielle Bildung durch konkrete Maßnahmen zu stärken: Langfristiges Sparen und Altersvorsorge, Teilnahme am Finanz- und Kapitalmarkt, zudem Haushaltsplanung, Verhinderung von Überschuldung und verantwortungsvoller Umgang mit Krediten sowie Stärkung der digitalen Finanzkompetenz und schließlich die Umsetzung von Nachhaltigkeitspräferenzen. Der Bund werde aus den an ihn gerichteten Empfehlungen eine Finanzbildungsstrategie des Bundes entwickeln, die entsprechend der Empfehlungen der OECD auf Dauer in einer zentralen Organisation koordiniert und umgesetzt werde. Die Abstimmung hierzu zwischen den Ressorts solle noch in diesem Jahr erfolgen.

Auch wenn Deutschland laut OECD im internationalen Vergleich im Bereich finanzielle Bildung grundsätzlich nicht schlecht abschneide, beständen noch deutliche Defizite und Nachholbedarfe in einzelnen Themenbereichen und Bevölkerungsgruppen", wurde aus den Ministerien betont. Außerdem stelle die OECD fest, dass insbesondere Menschen mit geringerem Einkommen und geringerem formellen Bildungsstand sowie junge Menschen und Frauen über einen grundsätzlich niedrigeren Wissensstand im Bereich Finanzen verfügten als andere Bevölkerungsgruppen, hieß es in Ministeriumskreisen. Gleichzeitig liege die Erkenntnis vor, dass in Deutschland gerade unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein immer größer werdendes Interesse an der Beschäftigung mit den eigenen Finanzen vorliege.

Beide Ministerien hatten im März 2023 gemeinsam die Initiative Finanzielle Bildung gestartet. Eckpunkte sind laut ihren Angaben die Erarbeitung einer nationalen Finanzbildungsstrategie, der Aufbau einer Finanzbildungsplattform und die Förderung von Forschung zu finanzieller Bildung. Als Grundlage für eine solche Strategie war die OECD beauftragt worden, einen Vorschlag zu entwickeln. An dem Konsultationsprozess dafür hätten sich weit über hundert Personen und Initiativen beteiligt, hieß es aus den Ministerien.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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