Kommentar
10:57 Uhr, 27.05.2014

Ramschanleihen: Schlechter als ihr Ruf und dennoch ein Kauf?

Ramschanleihen - oder Junk Bonds - stehen hoch im Kurs, obwohl das Risiko erheblich ist. Nicht umsonst heißen sie Junk (zu Deutsch: Abfall, Schrott, Ramsch).

Im Englischen wird das Wort Junk für vieles gebraucht, Junk Food etwa - schlechtes Essen (meist Fast Food). Wie mit schlechtem Essen verhält es sich mit den Junk Bonds. Man weiß, dass sie nicht gut sind, kann der Versuchung aber trotzdem nicht immer widerstehen. Hin und wieder geht man doch gerne zu McDonalds. Das Essen ist zwar nicht gut, von Zeit zu Zeit schmeckt es aber einfach. Bei Junk Bonds besteht die Versuchung in der Rendite. Während man für deutsche Top Bonität keine Rendite mehr erhält und auch Anleihen von Staaten wie Griechenland in keinem Verhältnis zum Risiko mehr stehen, erscheinen Junk Bonds attraktiv.

Je nachdem wie schlecht die Ratings sind rentieren die Junk Bond ETFs aktuell zwischen 4,5 und 7,5%. Im Vergleich zu 3% für portugiesische Anleihen ist das schon ziemlich attraktiv. Anleger erhalten die Rendite größtenteils über Kupons. Im aktuellen Umfeld kommt wenig Rendite aus dem Kursgeschehen. Der Kupon wird von den ETFs als Dividende ausgeschüttet. Der aktuell best-rentierenste Junk Bond ETF zahlt monatlich ca. 1% Dividende. Im Jahr macht das ganz schön was aus.

Der Kurs dieses ETFs, der vor knapp 5 Jahren aufgelegt wurde, zeigt sich ziemlich stabil. Selbst 2011 im Sommercrash verlor der ETF gerade einmal 12%, als Aktien um die 30% verloren. In einer normalen Korrektur kann man als Anleger mit einem Drawdown von 10 bis 15% rechnen. Bei ca. 10% Rendite im Jahr ist das noch ok, eigentlich ist das sogar exzellent. Misst man die risikoadjustierte Rendite über die Sharpe Ratio (Überrendite zu risikofreiem Zinssatz in Abhängigkeit der Volatilität), dann liegt die Ratio aktuell bei 5. In Korrekturphasen sieht das natürlich anders aus. Im Vergleich zur Sharpe Ratio des Dow Jones über die letzten Jahre (2,4) ist das ziemlich gut.

Das verleitet Anleger sicherlich dazu zu glauben, dass Junk Bonds vielleicht gar nicht so schlecht sind wie gedacht. Das ist ein gewisser Fehler. Das Niedrigzinsumfeld und Anlagenotstand lassen Junk Bonds stabiler und attraktiver erscheinen als sie sind. Wendet sich das Blatt und steigen die Zinsen rasch an, dann kann die Blase schnell platzen, wobei es nicht nur bei Unternehmensanleihen eine Blase gibt, sondern fast der gesamte Anleihenmarkt in Ländern, die von der Notenbankpolitik profitieren.

Ausführliche Gedanken zu dem Thema hat Kollege Simon Hauser auf den Punkt gebracht. Was er hier schreibt sollte zu denken geben.

Trotz dieser Warnungen kann ein Investment in Junk Bonds noch immer interessant sein. In den Grafiken sind die Dividenden, der Kurs und die Risikoqualität des AdvisorShares Peritus High Yield ETFs abgebildet. Bei der Risikoqualität zeigt sich woher die ca. 10% Rendite kommen: aus echtem Ramsch. Viel "ramschiger" wird es praktisch nicht mehr. Und trotzdem muss man ein Investment nicht komplett vom Tisch fegen. Gefährlich sind Junk Bonds, wenn die Wirtschaft in eine Rezession driftet oder die Zinsen rasch ansteigen. Beides erhöht die Ausfallwahrscheinlichkeit enorm. Aktuell sind die Ausfälle auf historisch niedrigem Niveau, was auch daran liegt, dass Unternehmen für ihre Schulden weniger zahlen müssen und so weniger schnell in Zahlungsschwierigkeiten geraten.

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Weder Rezession noch rasche Zinswende sind derzeit erkennbar. Man darf auch nicht vergessen, dass Notenbanker sich der generellen Bondblase durchaus bewusst sind. Sie werden unter allen Umständen zu vermeiden versuchen, die Zinsen zu schnell ansteigen zu lassen. Das hätte verehrende Konsequenzen für die Wirtschaft.

Darüber hinaus haben Junk Bonds eher kurze Laufzeiten. Der Peritus ETF hat Bonds mit durchschnittlichen Laufzeiten von etwas über 2 Jahren im Portfolio. Das ist ein überschaubarer Horizont, der zumindest das Zinsänderungsrisiko im Griff hält (steigende Zinsen=fallende Kurse). Kommt es zu einer Bankrottwelle, dann kann man damit rechnen, dass 20% der eingesetzten Summe wirklich verloren gehen (also ca. 20% Ausfallquote). Im Vergleich zu Aktiencrashs oder Bärenmärkten, in denen auch einmal 50 oder gar 70% Kursrutsch vorkommen können, ist das fast noch in Ordnung. Zugegebenermaßen verlieren die Anleihenkurse im Crash oder in der Rezession auch deutlich mehr als den Prozentsatz der Ausfallquote. Das sind dann gute Kaufgelegenheiten.

Fazit: Junk Bonds sind in einer Blase (aber was ist das derzeit nicht?). Bis diese Blase platzt können noch Jahre vergehen. Bis dahin kann man als Anleger noch einiges an Rendite mitnehmen.

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Bis zum 30.5. läuft die Wahl des besten Finanzblogs des Jahres. Der beste Blog bekommt den "Smeil Award." Ich bin mit meinem Desktop mit im Rennen und würde mich sehr über Ihre Stimme freuen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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