Analyse
10:04 Uhr, 30.03.2016

Rally bei bei Elektronik-Aktie

Warren Buffett investiert gerne in langweile Unternehmen. Im Gegensatz zu Investoren, die auf Wachstum und Technologie setzen, ist er damit viel erfolgreicher. Auf unspektakuläre und etablierte Industrien zu setzen kann sehr viel mehr Rendite bringen.

Erwähnte Instrumente

  • Wesco International Inc. - WKN: 922305 - ISIN: US95082P1057 - Kurs: 54,740 $ (NYSE)

Bei wachstumsorientierten Unternehmen weiß man nie, ob sich das Wachstum auch tatsächlich materialisiert. Buffett setzt viel lieber auf Unternehmen, die zwar nicht extrem schnell, dafür aber zuverlässig wachsen. Das bringt ihm seit Jahrzehnten eine hohe Rendite, die als ungeschlagen gilt.

Ein Unternehmen der zweiten Reihe, welches man durchaus als langweilig bezeichnen kann, ist aktuell günstig bewertet. Es geht dabei um Wesco International. Wesco ist eine Vertriebsgesellschaft für Elektronikprodukte für Unternehmen. Wesco ist die Schnittstelle zwischen Herstellern und Abnehmern. Wesco ist im Prinzip ein Broker.

Begonnen hat das Unternehmen als reine Vertriebsgesellschaft. Inzwischen ist Wesco jedoch sehr viel mehr. Es bietet Management der Wertschöpfungskette an und stellt dabei durch die Brokerfunktion viele Produkte bereit, die andere Unternehmen in ihrer Wertschöpfung brauchen.
Die Kunden von Wesco sind Industrie- und Bauunternehmen, Versorger und öffentliche Institutionen. Es sind also nicht die IBMs, Microsofts oder Googles dieser Welt. Es sind einfache Unternehmen im produzierenden Bereich, in der Versorgung oder Stellen der öffentlichen Hand.

Die Kunden, die Wesco bedient, sind in ihrer Wertschöpfungskette auf externes Wissen angewiesen. Braucht ein Bauunternehmen etwa ein Datenzentrum, dann ist es äußerst ineffizient, wenn es sich selbst zu einem Experten in diesem Bereich macht, um dann den richtigen Hersteller für das Datenzentrum zu finden. Anstatt diese Kompetenz selbst aufzubauen kann das Bauunternehmen Wesco beauftragen Vorschläge zu machen, die Hardware zu kaufen und zu installieren.

Wesco ist letztlich ein Intermediär, der Produkte bereitstellt, nachdem der Kunde beraten wurde. Das verschafft Wesco im Gegensatz zu vielen anderen Intermediären und Großhändlern Vorteile. Durch das wettbewerbsfähige Geschäftsmodell von Wesco ist das Unternehmen stark gewachsen. In Kanada liegt der Marktanteil bei 25 %, in den USA wird er immerhin auf 6 % geschätzt.

Je größer ein Unternehmen in dieser Branche ist, desto interessanter wird es für potentielle Kunden, da es Einkaufsmacht repräsentiert. Würde das Bauunternehmen aus obigem Beispiel das Datenzentrum selbst kaufen, dann muss es vermutlich den Listenpreis zahlen. Da Wesco nun aber nicht nur für ein Unternehmen, sondern für hunderte die gleichen Produkte einkauft, kann es die Preise drücken und so seinen Kunden Kostenvorteile verschaffen.

Wie gut dieses einfache Geschäftsmodell funktioniert zeigt Grafik 1. Wesco ist seit 1994 eigenständig und seit 1999 an der Börse. Seit den Anfängen vor 20 Jahren hat sich der Umsatz fast verfünffacht und der Gewinn verzehnfacht. Bis auf das Jahr 1998 konnte das Unternehmen in jedem einzelnen Geschäftsjahr einen Gewinn ausweisen. Das können viele andere Firmen nicht von sich behaupten. Kaum ein Unternehmen überstand die Rezessionen 2002/03 und 2008/09 ohne Verluste ausgewiesen zu haben.

Wesco verzeichnete Gewinnrückgänge, doch unterm Strich war der Beitrag positiv. Das zeigt, dass das Unternehmen schnell reagieren kann und die Kosten im Griff hat. Das ist wichtig, da eine Vertriebsorganisation unter hohem Wettbewerbsdruck steht. Das zeigt sich auch in der aktuellen Phase. Da das US-Wachstum und das Wachstum in Kanada moderat ist, steht Wesco unter Kostendruck.

In Kanada wurden von Industrieunternehmen, gerade im Energiebereich, viele Projekte erst einmal auf Eis gelegt. Das Geschäft schrumpft. In den USA sind Wescos Kunden (verarbeitendes Gewerbe) ebenfalls unter Druck. Die Industrieproduktion leidet unter dem starken Dollar. Während die gesamte US-Wirtschaft weiterhin mit soliden Raten wächst, befindet sich der Kundenstamm von Wesco in einer rezessionsähnlichen Situation.

Wegen der schwierigen Umstände sinken Wescos Umsatz und Gewinn seit 2 Jahren. Am Ende des Geschäftsjahres 2016 wird wiederholt ein negatives Wachstum stehen. Der Gewinn dürfte von 210 auf 180 Mio. USD sinken. Da der Aktienkurs seit 2014 nun aber über 40 % nachgegeben hat, ist das Unternehmen durchaus attraktiv bewertet.
Grafik 2 zeigt das Kurs-Buchwert und Kurs-Gewinn-Verhältnis des Unternehmens. Das KGV erreicht gerade den tiefsten Wert seit 2009. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist nicht extrem niedrig, aber in einem vernünftigen Bereich.

Die Aktie von Wesco (ISIN US95082P1057) befindet sich seit Ende Januar im Rallyemodus. Im Vergleich zu den Hochs aus dem Jahr 2014 steht die Aktie nach wie vor 40 % tiefer. Im Vergleich zum Tief vor zwei Monaten konnte die Aktie bereits wieder 40 % zulegen. Das Potential ist dennoch erheblich. Wesco hat ein solides Geschäftsmodell. Der Markt wächst über die Konjunkturzyklen hinweg mit 4-5 % pro Jahr. Wesco selbst will schneller wachsen und tätigt dazu immer wieder kleinere Zukäufe.

Bisher ist Wesco vor allem in Nordamerika präsent. Der südamerikanische, asiatische und europäische Markt ist noch vergleichsweise klein. Hier besteht beträchtliches Wachstumspotential. Es geht dabei nicht darum, dass Wesco in Zukunft massiv in den Ausbau in China investiert, sondern darum, nordamerikanischen Unternehmen die gleichen Leistungen im Ausland wie daheim anzubieten.

Ein US-Unternehmen, welches in China operiert, braucht genauso Wertschöpfungsmanagement wie die amerikanische Muttergesellschaft. Ist die Muttergesellschaft bei Wesco, dann liegt es nahe, auch im Ausland bei Wesco einzukaufen. Die Begleitung der bestehenden Kunden im Ausland ist ein Wachstumstreiber und weniger riskant als neue Märkte ohne bestehende Kunden zu erschließen.

Die Aktie von Wesco ist wegen des Geschäftsmodells sehr volatil. Haben Anleger Angst, dass ein Abschwung vor der Tür stehen könnte, dann verliert der Kurs schnell die Hälfte an Wert, wie es 2014/15 der Fall war. Darauf muss man als Anleger eingestellt sein. Entweder wird die Aktie aktiv gehandelt oder man lässt sich auf ein langfristiges Investment ein. In diesem Fall muss man die Launen und Ängste des Marktes aushalten können, die sich in starken Kursschwanken widerspiegeln.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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