Quo Vadis, Schwellenländer?
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Paris (GodmodeTrader.de) - In den vergangenen Monaten sind Schwellenländer-Anleger immer risikoaverser geworden. Grund dafür war das unglückliche Zusammentreffen mehrerer Faktoren: steigende US-Zinsen, die Aufwertung des US-Dollar sowie tief greifende politische Spannungen, die sich im Kräftemessen zwischen den USA und China, Russland und der Türkei äußerten, wie Xavier Hovasse, Head of Emerging Equities bei Carmignac, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Im Handelskonflikt, den das Weiße Haus vor einigen Monaten angezettelt habe, gebe es keinerlei Anzeichen einer Entspannung, und seine Auswirkungen auf das Wachstum seien in Asien bereits zu spüren. Hier seien die PMI-Umfragewerte – insbesondere die Indizes für neue Exportaufträge – rückläufig. Die USA hielten an ihrem antagonistischen, merkantilistischen Kurs fest und bauten immer mehr Zollschranken für den bilateralen Handel auf. Und da weder aus Washington noch aus Peking auch nur das geringste Signal einer Deeskalation komme, wäre es unklug, zu diesem Zeitpunkt eine konkrete Verbesserung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen vorauszusagen, heißt es weiter.
„De facto hat der Zollstreit von der Tatsache abgelenkt, dass die Weltkonjunktur zusehends an Dynamik verliert. Das ist insbesondere in China zu sehen, wo zuletzt enttäuschende makroökonomische Daten gemeldet wurden. Die Regierung in Peking versucht, die Konjunktur mit antizyklischen Maßnahmen zu stützen, die 2019 ihre Wirkung entfalten dürften. China verfügt aber über immer weniger Flexibilität, da das Land keinen Leistungsbilanzüberschuss mehr erzielt und langfristige Finanzierungen wie ausländische Direktinvestitionen stark zurückgegangen sind. Das wiegt schwer auf der Zahlungsbilanz des Landes“, so Hovasse.
Dadurch habe die Regierung weniger Handlungsspielraum und geld- oder fiskalpolitische Anreize, die die Nachfrage nach Rohstoffen und Metallen aus China künstlich ankurbeln würden, seien für China ein immer weniger eine Alternative. Das Umfeld dürfte auch 2019 unsicher bleiben. Die Schwellenländer würden solange vor Herausforderungen stehen, bis sich eine Lösung für die skizzierten Problemfelder abzeichne: die makroökonomische Unsicherheit, klarere Anzeichen einer geldpolitischen Lockerung vonseiten der People’s Bank of China und eine Deeskalation des Handelsstreits zwischen China und den USA, heißt es weiter.
„Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wann erreichen wir einen günstigen Zeitpunkt für Investitionen in Schwellenländer? Wir bei Carmignac waren schon immer der Ansicht, dass ein Engagement in Schwellenländer wegen ihres langfristigen Wachstumspotenzials sinnvoll ist. Wir investieren bevorzugt in Unternehmen aus schwach abgedeckten Sektoren, die am meisten von langfristigen Trends profitieren werden und langfristiges Wachstum unabhängig von den Marktbewegungen bieten. Dazu schauen wir uns an, wo sich Branchen entwickeln, in welcher Entwicklungsphase sie sich befinden und welches Zukunftspotenzial sie haben. Innerhalb dieser Sektoren wählen wir die Unternehmen aus, die eine klare Strategie verfolgen, diszipliniert sind und über die finanziellen Mittel verfügen, um ihr Ziel zu erreichen“, so Hovasse.
Am besten lasse sich diese Herangehensweise bei Schwellenländeranlagen am Beispiel des Technologiesektors veranschaulichen. Das Schwellenländeruniversum habe sich in den letzten 20 Jahren von einem Handelsplatz für Rohstoffe und Infrastrukturinvestitionen zu einem innovations- und technologieorientierten Anlageuniversum entwickelt. Vor zehn Jahren habe der IT-Sektor nur einen Anteil von 14 Prozent am MSCI Emerging Market Index gehabt, wohingegen der Grundstoff- und Energiesektor 20 Prozent des Index ausgemacht habe. Heute lägen der Anteil des IT-Sektors bei 27 Prozent und der Anteil des Rohstoffsektors (Grundstoffe und Energie) bei weniger als 15 Prozent. Es sei schwer zu sagen, wie sich der Index in den kommenden zehn Jahren entwickeln werde, aber seine derzeitige Zusammensetzung sei deutlich stärker auf die Themen ausgerichtet, in die man in den Schwellenländern bevorzugt investieren wolle: eine aufsteigende Mittelschicht, Konsumbelebung, Innovation und disruptive Technologien. Obwohl Technologie ein sehr breit gefasstes Konzept sei, lag der Schwerpunkt in den letzten drei Jahren auf der Digitalisierungswelle, die wir derzeit erlebten. Aus diesem Grund konzentrierten sich viele Anleger auf E-Commerce- und Social-Media-Giganten wie Tencent, Amazon oder Facebook, heißt es weiter.
„Allerdings gibt es noch einen anderen großen Trend, der meist außer Acht gelassen wird: die Entwicklung der technologischen Infrastruktur. 2012 betrug die durchschnittliche monatlich genutzte Datenmenge pro Kopf 500 MB. Heute verbrauchen wir im Durchschnitt 10 GB. Schätzungen zufolge wird dieses Volumen bis 2025 auf 62 GB steigen. Internetaktien und ähnliche Werte werden zweifellos am meisten von diesem Trend profitieren. Sie werden jedoch nicht die Einzigen sein, weil dies auch ein starkes Wachstum für Hardwareunternehmen wie Chiphersteller, Anbieter von Speicherlösungen usw. mit sich bringt. An den aufstrebenden Märkten gibt es zahlreiche disziplinierte Unternehmen, denen dieser strukturelle Trend in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren erheblich zugutekommen wird. Wir haben uns entsprechend positioniert“, so Hovasse.
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