Kommentar
07:56 Uhr, 12.05.2014

Quartalszahlen: Aufschlussreicher als man denkt

Value Investoren legen großen Wert auf Zahlen. Die Quartalssaison ist ein richtiges Fest für jeden Analysten. Aber was sagen uns die Zahlen eigentlich?

Zuletzt waren die Reaktionen des Marktes auf Zahlen ziemlich inkonsistent. Einige Unternehmen schlugen die Erwartungen, verloren aber deutlich. Andere Unternehmen, die besser abschnitten als gedacht, vollführten wahre Freudensprünge.

Dieses widersprüchliche Bild ist hinter den Kulissen dann doch ziemlich konsistent. Analysten stürzen sich auf die Details, während der durchschnittliche Anleger lediglich mitbekommt, ob die Erwartungen getroffen oder verfehlt wurden (in beide Richtungen). Für einen Anleger ist die Information, ob eine Erwartung erfüllt wurde oder nicht, für sich allein kaum etwas wert.

Blickt man in die zweite Reihe der Zahlen, also nicht nur den Gewinn, sondern auch die Entwicklung von Bilanzpositionen, erklärt sich meist schnell, wieso es bei einigen Aktien zu Abverkäufen kommt, obwohl der Gewinn höher war als erwartet. Das ist enorm wichtig. Denn die zweite Reihe an Zahlen kann das Ersturteil ziemlich schnell ins Wanken bringen. Schneidet ein Unternehmen unerwartet gut ab, springt die Aktie meist nachbörslich nach oben. Nach 15 bis 30 Minuten, wenn von den Marktteilnehmern mehr erfasst wurde, als nur der Gewinn, geht die Preisaction erst los, die wirklich Aussagekraft hat.

Nach den Zahlen ist vor den Zahlen und die aktuellen Quartalszahlen und Ausblicke vom Management geben Aufschluss darüber, wie das nächste Quartal ausfallen könnte. Und das ist letztlich, was die nächsten 3 Monate zählt und den Kurs bestimmt.

Wer sich nicht bei unzähligen Unternehmen durch die Zahlen quälen will, der kann einfach den nachbörslichen Handel oder den darauffolgenden Handelstag beobachten. Die Märkte sind meist effizient genug, um innerhalb eines Tages eine Richtung zu bestimmen. Und diese Richtung hat es in sich.

Letztlich gibt es 6 Szenarien, die den Kurs der Aktie zukünftig bestimmen. Ausgangspunkt ist die Erwartung zum Gewinn. Das Ergebnis kann dann die Erwartungen erfüllen, sie übertreffen oder enttäuschen. Die Details wie Bilanzzahlen und Ausblick können entweder positiv oder negativ sein. Damit gibt es für jedes Ergebnis (Erwartungen getroffen/verfehlt/übertroffen) zwei mögliche, weitere Szenarien. Werden die Gewinnerwartungen übertroffen, ist der Ausblick aber negativ bzw. zeigen die Details Probleme auf, die Umsatz und Gewinn in der Folge beeinträchtigen könnten, dann verliert die Aktie. Wird die Gewinnerwartung getroffen und ist der Ausblick positiv, dann gewinnt die Aktie. Wird der angestrebte Gewinn nicht erreicht, aber hat das Unternehmen einen überzeugenden Ausblick und kann die Underperformance erklären, steigt die Aktie. usw.

Geht man so alle Szenarien durch, dann bleiben am Ende doch wieder nur zwei Möglichkeiten: die Aktie steigt oder sie fällt. Das liegt aber nicht allein an Erfüllung oder Verfehlung der Gewinnerwartung. Das ist wirklich essentiell. Kurse werden durch neue Information bestimmt. Alles, was bekannt ist, ist grundsätzlich eingepreist ("eskomptiert"). Der Kurs wird von Überraschungen gemacht und eine Überraschung setzt sich aus den Zahlen des vergangenen Quartals und dem Ausblick zusammen. Dem Ausblick würde ich sogar mehr Gewicht geben, denn die Quartalsergebnisse sind letztlich schon Geschichte und an der Börse wird schließlich die Zukunft gehandelt.

Was Anleger für die Zukunft erwarten, zeigt sich nachbörslich und am nächsten Tag. Das ist die erste Reaktion all jener, die dem Unternehmen genauer folgen. Bei Großunternehmen wie Apple weiß die ganze Welt spätestens 24 Stunden nach Veröffentlichung, was von den Zahlen zu halten ist. Die meisten Unternehmen werden aber nicht von Dutzenden Analysten begleitet und durchleuchtet. Hier dauert es, bis sich die neue Information wirklich verbreitet hat. Bei diesen Unternehmen, vor allem Unternehmen der zweiten Reihe, kann eine Überraschung daher den zukünftigen Kurs auf Wochen bestimmen und neue Trends setzen. Als Anleger sollte man sich daher nicht so sehr auf eine einzige Zahl (Gewinn) fixieren, sondern abwarten, ob der Markt überrascht ist. Ist der Markt überrascht, dann kann man auf den Zug noch aufspringen. Die vorgegebene Richtung nach einer Überraschung hält meist ziemlich lange an.

Nach der ganzen Theorie wird es auf meinen Guidants-Desktop demnächst ein paar Praxisbeispiele mit interessanten Setups geben.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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