Kommentar
15:10 Uhr, 19.01.2015

QE: So wird das Anleihekaufprogramm der EZB aussehen!

Glaubt man den Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel, stehen die Details nun mehr oder weniger fest. Merkel und Schäuble wurden vorab informiert

Es ist bald soweit: das Programm zur “quantitativen Lockerung”, vulgo Gelddrucken, nimmt Formen an. Bitte nehmen Sie diese Angaben als das was sie sind: Vorabinformationen, die noch nicht finalisiert sind. Auf der nächsten EZB-Sitzung am 22. Januar wird es dazu vermutlich einen formalen Beschluss oder wenigstens eine Ankündigung geben. Die technischen Details könnten auch erst etwas später ausgearbeitet werden.

Highlights:

- Die nationalen Zentralbanken sollen jeweils nur Anleihen der eigenen Länder aufkaufen.

- Die Bundesbank würde also Bundesanleihen kaufen.

- Nur Griechenland dürfte nicht mitmachen, da die griechischen Anleihen die Kriterien der EZB nicht erfüllen.

- Individuelle Obergrenze (bezogen auf ein einzelnes Mitglieder der Eurozone) sollen 20-25% der ausstehenden Staatsschulden sein.

- Vorerst soll das Programm auf 500 bis 750 Mrd. EUR insgesamt gedeckelt sein.

- Maßgeblich für die tatsächlichen Käufe sind zudem die Beteiligungsquoten der nationalen Zentralbanken am Kapital der EZB

Was ist davon zu halten?

  • Der Kauf durch die nationalen Zentralbanken verhindert - auf den ersten Blick jedenfalls - die kollektive Haftung und erleichtert es der deutschen Seite, zuzustimmen.
  • Die sehr großzügig bemessene individuelle Grenze (20-25% der Staatsschuld entspricht alleine in Deutschland rund 500 Mrd. EUR!) spricht dafür, dass das Volumen des Programms “bei Bedarf” einfach nach oben angepasst wird.
  • Es erscheint unrealistisch, dass die Anleihen, einmal gekauft, jemals wieder verkauft werden. Statt dessen dürften auslaufende Anleihen durch neue ersetzt werden. Die Behauptung der EZB, es handele sich um Geldpolitik und nicht um Staatsfinanzierung, ist unglaubwürdig. Es handelt sich um eine defacto-Entschuldung, analog dem Vorgehen in Japan und auch den USA.
  • Die Mehrheit aller Ökonomen sieht überhaupt kein Liquiditätsproblem in der Eurozone. Jede Geschäftsbank kann sich schon seit geraumer Zeit soviel Zentralbankgeld besorgen wie sie will, sofern sie über hinterlegungsfähige Wertpapiere verfügt. Wenn eine Bank keine derartigen Papiere besitzt, kann ihr QE auch nichts bringen, da die EZB nur solche Papiere kauft, die auch hinterlegungsfähig sind.
  • Selbst der eher als Taube bekannte Wirtschaftsweise Bofinger ließ sich am Wochenende in der Wirtschaftswoche mit den Worten zitieren: “Die Wirtschaft benötigt die größere Geldbasis nicht...Das ganze Terrain, in das sich die EZB bewegt, ist nicht rational nachzuvollziehen”
  • Das QE-Programm wäre 2012 möglicherweise sinnvoll gewesen, als die Renditen im Euroraum mit wenigen Ausnahmen hoch waren. Durch seine damalige Ankündigung, alles zu tun was nötig sei, um den Euro zu erhalten, hat Draghi verbal die Renditen nach unten gebracht und private Investoren reich gemacht. Hätte die EZB damals für 500 Mrd. EUR gekauft statt nur geredet, könnte sie jetzt wahrscheinlich Gewinne im niedrigen dreistelligen Milliardenbereich verbuchen.
  • Statt dessen wurden Gewinne privatisiert und die Risiken sozialisiert. Ein bekanntes Muster.
  • Mit der verstörendste Aspekt von QE auf diesem historisch niedrigen Renditeniveau: Sollte die Aktion "Erfolg" haben und die Inflationsraten und insbesondere Inflationerwartungen ziehen deutlich an (Zielrate ist knapp 2%), dann werden auch die Renditen der Anleihen steigen. Damit holen sich die Zentralbanken aber garantierte Kursverluste ins Buch, insbesondere Deutschland, denn hierzulande sind die Renditen am niedrigsten; somit werden auch die entsprechenden Anleihen am deutlichsten fallen, wenn die Renditen wieder steigen. Ein (willkommener?) Grund mehr, diese Anleihen nie mehr zu verkaufen...

Interessant ist in diese Zusammenhang auch, dass die Entscheidug der SNB, den Franken nicht mehr an den Euro zu koppeln, am Donnerstag vergangener Woche bekanntgegeben wurde. Laut Spiegel hat Draghi am Mittwoch das QE-Konzept Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble vorgestell. Ein Zufall?

Sollte das wirklich der ausschlaggebende Punkt gewesen sein, so ist an der Kompetenz der SNB zu zweifeln. Dass QE kommen würde, war den allermeisten Marktbeobachtern schon sehr lange klar!

25 Kommentare

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  • Löwe30
    Löwe30

    Howard Buffetts (US-Kongressabgeordneter und Vater der Investmentlegende Warren Buffett) Appell solle jeden aufhorchen lassen: „Aber wenn dieser Tag kommt, dann wird unsere dannzumalige Regierung wahrscheinlich finden, dass ein Krieg im Ausland klüger ist als eine Auseinandersetzung im eigenen Land. Dies war auch der Ausweg für die Papiergeldwirtschaft Hitlers und anderer. Wenn die menschliche Freiheit überleben soll, dann gibt es keine wichtigere Herausforderung, als den Kampf um die Wiedereinführung von ehrlichem Geld zu gewinnen, sprich die Wiedereinführung der Goldwährung.“

    20:02 Uhr, 19.01. 2015
  • Löwe30
    Löwe30

    Zauberer Draghi lässt die Marktteilnehmern glauben, man könnte statt über Arbeit und Ersparnis über Verschuldung und Konsum zu Wohlstand zu kommen. Das ist aber eine Illusion.

    "Gold, Geld und Illusionen - Die Tragödie unseres Währungssystems"

    http://www.mack-weise.de/fileadmin/user_upload/pdf...

    19:51 Uhr, 19.01. 2015
  • Löwe30
    Löwe30

    ​Zu den geplanten Maßnahmen der EZB findet man sehr hilfreiche Ausführungen hier „QE“ – das Delirium der Milliarden

    19:13 Uhr, 19.01. 2015
  • House of Doom
    House of Doom

    ​"Die Bundesbank würde also Bundesanleihen kaufen"


    Ich denke mal, dass sie keine kauft.

    Warum sollte sie dies tun?

    Besteht eine Pflicht zum Kauf? Nein.

    17:35 Uhr, 19.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cogito
    Cogito

    QE und die bisherige „Geldflutung“ sind sicher keine Lösung der grundsätzlichen strukturellen Probleme in der EU. Im Gegenteil, QE könnte zwar ein PE (Psychological Easing) bewirken und den „Crash“ hinauszögern, die Situation der EU aber auf mittlere Sicht deutlich verschlimmern. Die Gewinner werden wieder nur diejenigen sein, die in Ramschanleihen investiert haben.

    Die Antwort auf die Frage „Ist QE sinnvoll oder nicht?“ hängt also entscheidend von der „Exit Strategie“ und dem Willen und der (In)Kompetenz der Politik ab, die strukturellen Probleme der EU zu lösen. Fiskalische Tricks sind hier nur Augenwischerei.

    10:42 Uhr, 19.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cogito
    Cogito

    10:41 Uhr, 19.01. 2015
  • sewiet13
    sewiet13

    ​"...so ist an der Kompetenz der SNB zu zweifeln."

    Es ist eher an zu nehmen, die SNB hat alle beteiligten gewarnt was sie tun würde, im Falle das käme was jetzt kommt. Als sie damals den Euro stützte muss das eine der Grundvorraussetzung gewesen sein.

    09:15 Uhr, 19.01. 2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    ​Die Frage ist noch - sind nationale Zentralbanken verpflichtet Staatsanleihen zu kaufen oder ist das fakultativ?

    08:49 Uhr, 19.01. 2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass das Programm den EUR eher stärkt, weil die Märkte mehr erwartet haben. Aber das bleibt abzuwarten.

    08:45 Uhr, 19.01. 2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    ​Danke für die Info - wenn das Programm so ausgestaltet wird, wird die BuBa aber nichts machen. Weidmann wird der BuBa niemals den Auftrag geben, Bund zu kaufen.

    Da die Zentralbanke in FR und IT dies aber tun werden, führt dies nicht zur Konvergenz sondern genau zum Gegenteil.

    Die Zinsen werden trotzdem in D sinken, weil die Staatsanleihen in FR und IT bei der Zentralbank landen. Private Investoren müssen dann ausweiche und kaufen Bundesanleihen, die von der Qualität her dann sogar weiter steigen, weil die BuBa den Schwachsinn nicht mitmacht.

    08:44 Uhr, 19.01. 2015

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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