Kommentar
18:59 Uhr, 17.10.2018

Prognosen zu positiv? Das ist beunruhigend!

In den letzten Wochen ist etwas geschehen, das uns sehr nachdenklich stimmen sollte. Es hat nichts mit dem schwierigen Börsenumfeld der letzten Tage zu tun. Es ist aber mindestens genauso besorgniserregend.

Zuletzt konnte ich in einem Kommentar doch tatsächlich lesen, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen ziemlich optimistisch auf das Kursgeschehen blicke. Das ist neu. Ich lese häufiger, dass ich Schwarzmalerei betreibe. Da kommen die neuesten Daten des Internationalen Währungsfonds gerade recht. Diese sind besorgniserregend und fordern geradezu Schwarzmalerei heraus. Um also meinen Ruf nicht zu gefährden, greife ich das Thema gerne auf...

An den meisten ist die Veröffentlichung des IWF Herbstgutachtens vorübergegangen. In den Nachrichten gibt es meist eine Kurzmeldung dazu. Das war es dann aber auch schon. Das ist bedauerlich, denn die halbjährlichen Gutachten haben einen großen Wert.

Der Wert besteht weniger in den Zahlen, die präsentiert werden als im Trend, den die Zahlen ausdrücken. Zuletzt wurden die Wachstumsprognosen gesenkt. Der IWF geht von nachlassender Dynamik aus. Für 2018 wurde die Prognose für Deutschland gleich von 2,5 % auf 1,9 % gesenkt. Das ist ein gewaltiger Satz nach unten.

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Auch im nächsten Jahr soll die Wirtschaft deutlich weniger wachsen als ursprünglich angenommen. Das ist bereits eine schlechte Nachricht. Noch viel schlimmer ist aber, dass die Prognosen der tatsächlichen Entwicklung hinterherhinken.

Es gibt eine klare Tendenz dazu, das Wachstum im Aufschwung zu unterschätzen und im Abschwung zu überschätzen (Grafik 1). Noch kurz vor der Finanzkrise ging der IWF von robustem Wachstum aus. Es kam ganz anders. Ganz anders kam es eigentlich immer, wenn der Trend wechselte.

Die Prognosen werden an Trendwechsel zu spät angepasst. Erst, wenn sich die Wirtschaft mitten im Abschwung befindet, wird revidiert. Jetzt haben wir diese Revisionen und historisch betrachtet waren solche Revisionen kein gutes Vorzeichen. Sie spiegeln zwar den Trend wider (Abkühlung), aber bleiben zu optimistisch.


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Das gilt für alle Wirtschaftsräume, z.B. auch die USA (Grafik 2). Das Wachstum für die Zeit von 2008 bis 2009 wurde lange Zeit überschätzt. Der Rebound danach wurde unterschätzt und die Fortsetzung des Aufschwungs dann wieder überschätzt.

Wiederholt sich die Geschichte, dann stecken wir bereits mitten in einem Abschwung. Gemerkt hat es nur noch niemand, weil die Prognosen Trendwenden eben zu spät erkennen und zu optimistisch sind.

Der IWF hat seine Prognosen schön ausgeschmückt. Verbal wird deutlich drastisch gewarnt, als es die Zahlen zum Ausdruck bringen. Der IWF warnt davor, dass eine wirtschaftliche Abkühlung sehr viel plötzlicher kommen kann als viele glauben. Da liegt der IWF absolut richtig. Theoretisch ist es möglich, dass sich die globale Wirtschaft schon im freien Fall befindet. Bemerkt wird das erst, wenn es zu spät ist.

2 Kommentare

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  • TitusvonBuch
    TitusvonBuch

    ich bin schon länger dabei, mein Portfolio zu reduzieren, seit ich las, das Soros auf einen fallenden Dow wettet.

    10:54 Uhr, 18.10.2018
  • dometrader
    dometrader

    Sehr interessanter Artikel Herr Schmale!

    Ich verfolge das ganze auch schon länger und mach mir meine Gedanken dazu.

    Ich glaube das 2019 ein hartes Jahr wird und wir eine Rezession erleben werden die uns nicht schmecken wird. Und das ohne Schwarzmalerei zu betreiben. Betrachtet man die wirtschaftlichen Daten im Auge und ergänzt diese mit politischen Zusammenhängen (Italien, USA, China, Schwellenländer, Brexit - um nur einige zu nennen) zeigt dies sehr deutlich die angespannte Situation. Die Großinvestoren und die Elite hat das schon lange bemerkt und fahren langsam und sicher in sichere Häfen ein. Ich denke schon das es noch einmal zur einer kurzen Rallye kommen könnte, jedoch dann bald darauf ein Absturz der Märkte droht, gefolgt von einem wirtschaftlichen Abschwung. Natürlich ist das nur eine Meinung, die ich mir gebildet habe.

    10:24 Uhr, 18.10.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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