Portugal braucht mehr Zeit
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London (BoerseGo.de) - Vier Buchstaben haben die Eurozone 2011 erschüttert. Nun sorgen die GIPS-Staaten – kurz für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien – wieder für Schlagzeilen. Nach Griechenland scheint nun auch Portugal vor neuen Herausforderungen zu stehen. Andrew Cormack, Portfolio Manager bei der Legg Mason-Tochter Western Asset sagt, dass Portugal das von der Troika verordnete Sparprogramm in den vergangenen zwei Jahren eigentlich ganz gut umgesetzt habe. So sank das Haushaltsdefizit von minus acht Prozent auf unter minus vier Prozent. Allerdings seien die aktuellen Zahlen schlecht und gefährdeten deshalb die von der Troika gesetzten Ziele. Die Europäische Kommission müsse dem Land mehr Zeit für das Defizitverfahren gewähren. „Die meisten Korrekturen konnte Portugal durch gestiegene Einnahmen und nicht durch Kürzungen auf der Ausgabenseite erzielen. Das Fatale daran: Schwächt sich das Wachstum ab, kann das Haushaltsdefizit nicht ausgeglichen werden. Den Politkern bleibt kaum eine andere Wahl als auf die Ausgaben zu zielen, was sie in eine äußerst schwierige Situation bringt“, erläutert Cormack.
Die portugiesische Regierung sei nicht die erste, die Gefahr laufe, dass ihr auf halber Strecke der Sparmaßnahmen die Luft ausgehe. Und sie werde sicher auch nicht die letzte sein, sagt Cormack. Zudem sei Portugal vom Markt quasi ignoriert worden, nachdem die neue Regierung die Bedingungen der Troika 2011 angenommen habe. „Die Spreads zu deutschen Staatsanleihen haben sich seit dem Höhepunkt der Krise im ersten Quartal 2013 bei über 1000 Basispunkten gesammelt. Ein Grund dafür: Portugal hat es geschafft, einen Großteil seines Haushaltsdefizits abzubauen. Doch viel entscheidender ist, dass sich die Stimmung gegenüber Risiken seit der Einführung von Outright Monetary Transactions – sogenannte endgültige Käufe und Verkäufe von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten im Euro-Raum – verbessert hat“, erklärt Cormack. Damit sei auch klar, dass Portugal vorerst in einer Rezession bleibe. „Die Arbeitslosenquote steigt weiter – aktuell liegt sie bei 17,7 Prozent – und die derzeitige Koalition ist auf der Beliebtheitsskala ganz nach unten gerutscht“, sagt Cormack.
„Wir glauben, dass die aktuell gestiegene Volatilität nur ein weiteres Symptom der derzeitigen Krise ist, die sich Sparmüdigkeit in den Peripherieländern nennt und für einen Anstieg der sozialen Spannungen sorgt“, erklärt Cormack. Nach den erneuten Rücktritten führender Politiker beim Junior-Koalitionspartner CDS (Demokratisches und soziales Zentrum) steige außerdem die Wahrscheinlichkeit vorgezogener Wahlen in Portugal. Denn es werden weitere Rücktritte erwartet, die sogar die Koalitionsmehrheit gefährden könnten. Das gieße natürlich Wasser auf die Mühlen der Opposition, die – wen würde es wundern – in aktuellen Umfragen zehn Punkte vor der Konkurrenz in Führung liegen. Diese fordere so schnell wie möglich Neuwahlen.
Cormack und die Experten von Western Asset gehen davon aus, dass die Volatilität auch weiterhin hoch bleibe, bis geklärt sei, wie gefestigt die Position der derzeitigen Regierungskoalition sei. „Wir glauben, dass die derzeitigen Spreads Investoren noch nicht adäquat für mögliche Risiken einer Neuverhandlung des Rettungspakets entschädigen. Dann könnte nämlich, wie in Griechenland auch, der private Sektor zur Kasse gebeten werden“, sagt Cormack.
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